Erlanger OB Janik: "Acht Prozent AfD sind acht zu viel"

26.1.2018, 11:00 Uhr
Erlanger OB Janik:

© Berny Meyer

Erlanger Nachrichten: Herr OB Janik, Erlangen gilt als weltoffen. Doch 2017 wurden mehrmals in Wohnheimen Flugblätter der rechten "Identitären Bewegung" gefunden, der rechtsextreme "Dritte Weg" marschierte auf und die AfD erzielte acht Prozent. Fallen rechtspopulistische Parolen auch hier zunehmend auf fruchtbaren Boden?

Florian Janik: Ich glaube, das ist ein Trend, der unsere ganze Gesellschaft erfasst hat und auch an Erlangen nicht spurlos vorbeigegangen ist. Das wäre auch seltsam, wenn es so wäre. Genau deshalb hat die Stadt und auch die Stadtgesellschaft in den letzten Jahren an vielen Stellen sehr beeindruckend gezeigt, was die Mehrheit davon hält und wie sie damit umgeht. Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft sind gemeinsam mit noch mehr Nachdruck unterwegs, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

 

Wie sehen Ihre Anstrengungen aus?

Janik: Wir haben schon lange die Aktion Courage, die immer wieder Gegenkundgebungen zu rechten Aufmärschen organisiert, es gibt die Schulen gegen Rassismus, die mit großem Engagement die Wochen gegen Rassismus und die Schülerdemos mitgestalten, um für Menschenwürde und Demokratie einzustehen. Wir sind unter anderem in der Allianz gegen Rechtsextremismus aktiv und jetzt als Partner im Bundesprogramm "Demokratie leben" gerade dabei, neue Projekte im Bereich Demokratie und Extremismusprävention anzustoßen.

 

Erlanger OB Janik:

© Anja Hinterberger

Erreichen sie mit solchen Projekten nicht nur die Menschen, die ohnehin schon in demokratischen Strukturen denken, aber nicht jene, die für rechtspopulistische Parolen anfällig sind?

Janik: Das ist genau die Herausforderung, um die es geht: Beides ist wichtig. Es ist auch nach wie vor sinnvoll, sich zu einer Demo von Gleichgesinnten zu versammeln oder sich mit Menschen mit einer ähnlichen Einstellung zu treffen und auszutauschen und so auch ein Signal nach außen zu senden.

 

Und wie kommen sie an die heran, die eben nicht so denken?

Janik: Das ist die entscheidende Aufgabe. Es sind ja keine schlechteren Menschen, die für solche Parolen empfänglich sind. Oft geht es um falsche Informationen und um Erfahrungen, die in einen Bereich eingeordnet werden, obwohl sie damit nichts zu tun haben. Aber es ist eben die einfache Erklärung: Da sind halt die Ausländer schuld. Deswegen arbeiten wir da etwa mit dem Stadtjugendring zusammen, der in den Stadtteilen sehr dezentral unterwegs ist.

 

Noch ist der AfD-Schock der Bundestagswahl aber nicht verdaut. Haben Sie nun Erklärungen für die acht Prozent?

Janik: Die AfD hat in Erlangen nicht das Ausmaß erreicht, wie es in anderen Städten der Fall ist. Trotzdem sind acht Prozent einfach acht Prozent zu viel. Wenn man sich anschaut, welche Menschen das sind, greift es zu kurz, zu sagen, das sind die Leute, die sich abgehängt fühlen.

 

Weil die Ängste inzwischen bis in die Mittelschicht hineinreichen ...

Janik: Natürlich, das ist aber kein Phänomen allein in Erlangen: Da gibt es Verunsicherung, da gibt es Ärger, da gibt es Perspektivlosigkeit oder auch nur die Angst vor Veränderung. Daher geht es bei solchen Projekten nicht nur darum, auf Gefahren hinzuweisen, sondern die Lust an Demokratie zu vermitteln und zu zeigen, dass es toll ist in unserer Gesellschaft, in der wir verschiedene Meinungen haben, über die wir auch miteinander streiten können.

 

So manche haben aber fälschlicherweise den Eindruck, ihre Meinung sei nicht gefragt und "die da oben" machen eh nur, was sie wollen.

Janik: So ist es eben nicht, wie es manchmal suggeriert wird. Menschen können mitreden, mitgestalten und sich einbringen. Das passt natürlich auch ganz gut zu den wirklich vielen Beteiligungs- und Mitmachmöglichkeiten, die die Stadt Erlangen in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht hat. Natürlich auch um zu zeigen: Mensch, Ihr könnt mitmachen und wir wollen auch, dass Ihr mitmacht.

 

So mancher reagiert dann aber beleidigt, sobald sein persönlicher Wunsch nicht umgesetzt wird.

Janik: Mitmachen in einer Demokratie heißt eben nicht, dass nur, weil ich etwas sage, das auch passiert. Mitmachen in der Demokratie heißt, im demokratischen Prozess mitstreiten und gemeinsam einen Kompromiss finden. Demokratie ist anstrengend, aber das macht sie auch so schön.

 

Hier war die AfD vor allem in sogenannten sozialen Brennpunkten wie Büchenbach erfolgreich.

Janik: Das ist so, aber es ist nicht ausschließlich so, es ist keine zwangsläufige Folge. Ein Blick nach Sachsen zeigt eben, dass dieser Zusammenhang schon schwächer wird. Das war noch vor zehn Jahr so, heute aber nicht mehr. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass sei nur ein Thema für diejenigen, denen es in unserer Gesellschaft nicht so gut geht. Den Drang, sich in einer Welt, die schwerer zu durchschauen wird und in der man sich ohnmächtiger fühlt, leichten Antworten hinzugeben, verspürt jeder. Diese leichten Antworten helfen nur nicht weiter, sondern geben nur eine vermeintliche Sicherheit.

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