Erlanger Projekt "Schüler-Power" polt Mittelschüler auf Erfolg

25.10.2016, 15:00 Uhr
Erlanger Projekt

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Das Theaterstück, das nächstes Jahr anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Projekts „Schüler-Power“ aufgeführt werden soll, hat in Erich Schusters Kopf bereits Gestalt angenommen. Und auch den Titel für das Theaterstück, das erst noch geschrieben und inszeniert werden muss, hat er schon: „Wir machen was aus unserem Leben.“ Das ist zugleich die Botschaft, die Erich Schuster verbreitet, seit er sein Projekt „Schüler-Power“ ins Leben gerufen hat. Das Projekt soll Haupt- beziehungsweise Mittelschülern bei der Berufswahl und beim Übergang von der Schule in den Beruf helfen.

Es setzt da an, wo es vielleicht am meisten hapert: beim Selbstbewusstsein. Das Bild, das man von sich selbst hat, der Wille, etwas zu schaffen – in Erich Schusters Augen sind dies zentrale Bereiche auf dem Weg zum Erfolg. Er selbst, so meint der 71-Jährige, könne ein Vorbild für Jugendliche sein. Denn er hat vorgemacht, wie weit man es mit einem Hauptschulabschluss bringen kann.

1959 lernte Erich Schuster Schriftsetzer beim 8-Uhr-Blatt in Nürnberg – einen Beruf, den es heute gar nicht mehr gibt, stattdessen ist das Berufsbild des Mediengestalters entstanden —, nach der achten Klasse war er von der Herrschelschule abgegangen. Geboren wurde er am 3. Januar 1945 in der Nürnberger Südstadt, im Hochbunker bei der Christuskirche, in dem seine Mutter vor dem Großangriff der Alliierten Zuflucht gesucht hatte. „Vielleicht hat mich das widerstandsfähig gemacht.“ Ganz ernst meint er das natürlich nicht, aber andererseits glaubt er doch, dass ihn das Erlebte geprägt hat. „Ich bin in Schutt und Asche aufgewachsen, als Kind habe ich nur in Ruinen gespielt, ich war ein Schlüsselkind, hatte meine Ängste und Wünsche.“

Nach mehreren beruflichen Schritten gründete Erich Schuster vor 26 Jahren die Firma Defacto mit drei Mitarbeitern. Mittlerweile sind es zehn Unternehmen unter einem Dach, vor einigen Jahren hat er das Geschäft an seine Kinder weitergereicht und seine Stiftung gegründet. Heute hält er Vorträge über sein Leben, verkehrt mit Prominenz und Politikern, ist – in Anerkennung seines sozialen Engagements — Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und der höchsten Lions-Auszeichnung, des Melvin Jones Fellow, erhielt kürzlich die Ehrenmedaille der IHK Nürnberg, und sagt: „Da kann man überall nicht runterbeißen, Geldgeber sind mir lieber.“ So hofft er nun, dass eine jetzt in Kooperation mit den VR-Banken der Region gestartete Initiative Geld in die Kasse seiner Stiftung bringt und damit das Projekt „Schüler-Power“ auf lange Sicht finanziell sichert.

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Mit Hartnäckigkeit und Disziplin widmet sich der 71-Jährige allem, was er anpackt. Er erzählt, dass er nachts weit nach Mitternacht ins Bett geht und früh um sieben wieder aufsteht, Vorträge hält, ein Buch über sein Leben schreibt. Ein Handbuch zu Schüler-Power hat er selbst geschrieben. Dass er sich durchbeißt, hat er als ältester Teilnehmer beim Triathlon Challenge in Roth bewiesen. Ihm ist wichtig, „dass ich mich nicht hängen lasse“ — auch das, meint er, habe Vorbildfunktion für Kinder. „Alles eine Sache der Disziplin“, sagt er. Wenn man etwas anfange, müsse man es zu Ende führen. Disziplin erwartet er auch von den Schülern, die am Projekt teilnehmen. Für ihn ist zum Beispiel klar: „Wenn jemand zu spät kommt, schmeiße ich ihn gnadenlos raus“.

Um Werte-Vermittlung – etwa Pünktlichkeit — geht es ihm bei dem Projekt, aber auch darum, den Jugendlichen Lust auf die Zukunft zu machen. Das grundlegende Problem sei, dass viele Schüler am Ende der Schulzeit nicht „ausbildungsreif“ seien, dies könne sich durch das Projekt ändern. Die Achtklässler nehmen an acht Erlebnis-Wochenenden teil, „das Ziel ist es, Verhaltens- und Einstellungsänderungen herbeizuführen, damit sie in der neunten Klasse bessere Noten bekommen“, erklärt Schuster. „Ich bin wer, ich kann was“: Wer so denkt, erbringe bessere Leistungen in der Schule.

600 Jugendliche wurden bisher auf diese Weise gefördert. Jeder Teilnehmer bekommt die Gelegenheit zur Praxiserfahrung in verschiedenen Berufen, erfährt alles über die Chancen, die die duale Bildung hierzulande eröffnet, erhält eine Lehrstellengarantie und ein Coaching bis zum Ende des ersten Lehrjahrs. Insgesamt wird jeder knapp drei Jahre lang begleitet. „Es nützt den jungen Menschen überhaupt nichts, wenn ein Programm nicht langfristig ist“, meint Erich Schuster.

Das kostet Geld, 5000 Euro pro Schüler. Erich Schuster hat noch andere Zahlen parat. Jedes Jahr gebe es in Deutschland 144 600 Lehrstellenabbrecher (Stand 2013/14). 266 000 Jugendliche landen im Auffangnetz. Die Kosten: 4,3 Milliarden Euro. Geld, so meint Schuster, das lieber vorher investiert werden sollte. „Damit sie gar nicht erst reinfallen.“

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