Erlanger Radler trotzen Wind und Wetter

8.1.2015, 06:00 Uhr
Erlanger Radler trotzen Wind und Wetter

© Mark Johnston

„Das Wichtigste ist ein funktionierendes Licht!“ Jörg Gruber, Geschäftsführer beim Radspezialisten Freilauf und selbst passionierter Radfahrer weiß um die Tücken des Winters für Radfahrer und die sie umgebenden anderen Verkehrsteilnehmer. Und um die frühe Dunkelheit im Winter. „Es gibt heute keinen Grund mehr, mit einem Rad ohne Licht zu fahren“, ist er überzeugt, nachdem seit über zehn Jahren nur noch Räder mit Nabendynamo und mindestens passablen Leuchten in den Handel kommen. „Wer gesehen werden soll und selbst etwas sehen will, hat heute alle Möglichkeit dazu“, sagt er.

Und die Ausrede, man fahre eben einen alten „Hobel“, will er seit dem August 2013 auch nicht mehr gelten lassen. Seitdem erlaubt der Gesetzgeber den Einsatz von Batterie- und Akku-Lichtern, die für kleines Geld für gutes Sehen und Gesehenwerden sorgen. Und damit dafür sorgen, dass Radler nicht übersehen werden. Damit der Radfahrer auch seitlich erkennbar ist, sorgen einerseits reflektierende Streifen auf den Reifen. Gruner empfiehlt gleichwohl Reflektorbänder als (Brust-)Gurt – „damit wird man garantiert gesehen“.

Der Helm ein „Muss“

Das zweite „Muss“ befindet sich im und auf dem Kopf des Radlers: der Helm. Man muss (im Kopf) an ihn denken, und man muss ihn aufsetzen. Im Winter natürlich mit überziehbaren Windschutz – ein vom Fahrtwind auf Eiseskälte heruntergekühlter Kopf ist eine Schnupfengarantie der Sonderklasse. Und wer den ganzen Kopf schützen will, greift zur Windstopper-Helmmaske – die hält sogar die Nase warm, auch wenn sie ein wenig nach „Schwarzer Block“ in einer Demonstration ausschaut.

Bei der Fahrradtechnik hat Gruner viele gute Tipps, von denen er weiß, dass bestenfalls jeder Fünfte diese auch beherzigt. Er selbst, der schon die Reise ins 2000 Kilometer entfernte Wladimir auf dem Fahrrad hinter sich hat, weiß um die Notwendigkeit guter Fahrzeugpflege. Bowdenzüge für Schaltung und Bremsen sollten vor dem ersten Frost geölt werden. Wo Öl drin sei, habe Kondenswasser keine Chance, das bei Fahrtwindkälte die Züge sofort blockiere. Den modernen Hydraulikbremsen könne übrigens Frost nichts anhaben, hat Gruner in langer Erfahrung gelernt.

Lager hält Gruner für „unkritisch“, Ketten sollte man sparsam ölen – aber keinesfalls fetten, da setze sich nur der Schmutz der Straße fest und erschwere das Treten. Keine besondere Wartung benötigten die Nabenschaltungen, die im Winter wegen der Verkapselung Vorteile gegenüber den offenen Kettenschaltungen hätten

Besonders beansprucht würden im Winter die Reifen, sagt der Fachmann, vor allem alte und etwas spröde gewordene Laufflächen hätten bei dem vielen Split auf Straßen und Wegen große Probleme. Problematisch seien im Winter aber auch die sportlich schmalen Reifen, die zudem häufig auch noch zu fest aufgepumpt seien. Diese seien zwar auf sauberer Fahrbahn „schneller“, sicherer seien aber bei wechselnden Straßenverhältnissen eher breite Reifen ohne vollen Reifendruck. Gruner: „Da man aber nicht ständig die Räder oder Reifen wechseln kann, sollten sich passionierte Radfahrer die Anschaffung eines Zweitrades speziell für den Winter überlegen.“

Eine Alternative stellen Spike-Reifen dar, die beim Fahrrad erlaubt sind. Solche Spezialisten schlagen sich bei Eis und Schnee mehr als wacker und sind auch auf sauberer Straße passabel fahrbar. Eventuelle Spike-Verluste können „nachgerüstet“ werden, „wenn der Reifen ausgehärtet ist, halten die sehr gut“, sagt Gruner aus Erfahrung.

Bereits in den Bereich „Wohlfühlen“ geht es bei der Sattelwahl. Im Winter stelle sich weniger die Frage nach Leder oder Kunststoff als vielmehr nach einem wärmenden Lammfellbezug. Und wer sich über kalte Handgriffe an den Lenkern ärgert, sollte sich einmal Handgriffe aus Kork ansehen – „die sind ergonomisch gut und halten viel aus.“

Und ist man erst einmal bei Rainlegs (eine Art Gauchohose zum umknüpfen), Gamaschen für trockene Füße und Helmüberzug für einen warmen Kopf angelangt, kann man gleich zu Gruners Kompagnon Rüdiger Schmutzler wechseln, der — im Outdoorbereich des ehemaligen „Avalanche“ – garantiert auch das richtige Winter-Outfit empfehlen kann. Der hat beobachtet, dass die notorischen Freizeitradler und die Berufspendler das Naturmaterial Wolle wiederentdeckt haben. „Synthetik ist fast out“, sagt Schmutzler, „zumindest auf der Haut wollen die Leute heute wieder Wolle haben – am liebsten Merino.“ Denn die Wolle des aus Nordafrika stammenden Feinwollschafs sei unkritisch gegenüber Schweiß – „einfach lüften reicht da aus, und schlecht zu riechen muss man auch nicht befürchten“, so Schmutzler.

Als Windstopper und Isolatoren sei Synthetik zwar nicht verschwunden – „das ist sicher auch eine Kostenfrage“ –, gleichwohl kehre auch hier hochdicht gewebte Baumwolle zurück. Wer gerne in Alltagskleidung unterwegs sei und ständiges Umziehen vermeiden wolle, komme um eine „Zwiebel“-Lösung mit geräumiger Überbekleidung nicht vorbei, könne aber auch hier beispielsweise zu Daunenjacken greifen.

An den Füßen machten sich im Winter normale Wanderschuhe sehr gut, „die isolieren ausreichend“. Nicht zu empfehlen seien die Klickschuhe für spezielle Pedale, „die haben eine Kältebrücke, da wird’s ganz schnell eisig am Fuß“, weiß er aus Berichten seiner Kunden.

Und an den Händen? „Fäustlinge sind zweifellos am wärmsten“, sagt Rüdiger Schmutzler, „sind aber am Rad manchmal hinderlich“. Eine Alternative stellen Handschuh-Hybride dar: man kann einige Finger in einem halben Fäustling unterbrigen, der Zeigefinger und der Daumen bleiben solo. Und wenn’s dem Finger zu kalt wird, kann er bei den anderen mit reinschlüpfen. Aber vielleicht haben findige Fahrer längst eigene Lösungen gefunden?

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