Erlanger Stadtrat debattierte über Abriss von Erba-Häusern

1.10.2016, 06:00 Uhr
Erlanger Stadtrat debattierte über Abriss von Erba-Häusern

© Harald Sippel

Das Thema hat die letzte Stadtratssitzung vor und nun auch die erste nach der Sommerpause bestimmt: Wieder befasste sich das Gremium mit einem geplanten Nachverdichtungsprojekt und wieder ging es dabei höchst emotional zu. Während aber die Überlegungen zur Paul-Gordan-Straße nach dem Beschluss von Ende Juli endgültig vom Tisch sind, dürfte der Streit um die Zukunft einiger Erba-Häuser nach dem Donnerstag erst richtig losgehen.

Denn, wie in dem nun ad acta gelegten Vorhaben im Röthelheimpark, formiert sich auch gegen den geplanten Abriss und Neubau am Anger immer größerer Anwohnerprotest. Einige Mieter lauschten daher mit Spannung den Antworten der Fachleute auf ihre zuvor eingereichten Fragen. Etliches, was der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobau, Gernot Küchler, und Baureferent Josef Weber, dazu erläuterten, war bereits bekannt. Etwa, dass die zum Abriss vorgesehenen Wohnhäuser aus den 1930er Jahren stammen und es sich bei den Gebäuden weder um Einzeldenkmale noch um ein unter Schutz stehendes Ensemble handelt. Interessanter dürften indes die Kalkulationen der Gewobau klingen: Bei einem Neubau würden die Kaltmieten der rund 90 Sozialwohnungen voraussichtlich bei rund 5,30 Euro pro Quadratmeter liegen.

Bei einer Komplettsanierung würden die Kaltmieten (eine 50-prozentige Kappung der umlagefähigen Kosten unterstellt) hingegen von rund 4,50 Euro pro Quadratmeter auf rund 9,30 Euro steigen.

Genau dieser Aspekt, die Wirtschaftlichkeit, bestimmte einen Teil der anschließenden regen Diskussion. „Das ist eine Milchmädchenrechnung“, sagte FDP-Fraktionschef Lars Kittel. „Viele Gewobau-Mieter werden sich die Kosten nach einer Modernisierung nicht mehr leisten können.“ Es gebe daher keinen Zweifel, dass man an einem Abriss der Häuser nicht umhinkomme.

Über diese Tatsache herrscht (mit kleinen Nuancen) im Stadtrat ohnehin Einigkeit. Dass Erlangen nachverdichten und aufstocken muss, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, erkennen alle Parteien an. Unbestritten ist bei den Oppositions- und auch Teilen der Regierungsparteien noch etwas anderes: Betroffene Bürger und Bewohner müssten in die Pläne frühzeitig eingeweiht und an ihnen auch beteiligt werden. Diese Gesprächsbereitschaft ließe die Stadtspitze aber (erneut) vermissen, kritisierte die Linke, aber auch die CSU.

Dass sich die Debatte damit mehr um die in den Augen einiger Räte als mangelhaft empfundene Informationspolitik und Kompromisslosigkeit drehte als um inhaltliche Argumente, lag wohl insbesondere am Eingangsstatement von Sozialbürgermeisterin Elisabeth Preuß.

Mit Blick auf das letztlich am massiven Widerstand von Anwohnern und Bürgern gescheiterte Nachverdichtungs-Vorhaben an der Paul-Gordan-Straße sagte sie mit spürbarer Empörung in der Stimme: „Es ist nun schon das zweite Mal, dass sich Menschen bei uns dagegen aussprechen, dass in ihrer Nachbarschaft Sozialwohnungen entstehen sollen.“ Wohnungssuchenden, die unter „unzumutbaren Bedingungen“ leben, sei eine solche Haltung nicht zu vermitteln. Darüber hinaus handle es sich bei den meisten eben nicht um „Sozialhilfeempfänger in dritter Generation“, sondern um Menschen, die Krankheit, Berufsunfähigkeit und Trennung in Wohnungslosigkeit und Armut geführt hätten. „Davor“, betonte Preuß, „ist niemand gefeit.“

Barbara Hoffmann muss man das wohl nicht erst sagen. Die anwesende Vertreterin des Bündnisses gegen den Abriss der Erba-Häuser bezieht Arbeitslosengeld und wohnt am Anger in einer Sozialwohnung der Gewobau. „Ich bin selbst krank“, erwiderte sie, „es geht also nicht darum, Sozialwohnungen zu verhindern.“

Die Bürgerinitiative heiße schließlich nicht „Initiative zur Verhinderung von sozialem Wohnungsbau.“

Auch etliche Stadträte konterten Preuß’ (versteckten) Generalverdacht, alle Kritiker der Baupläne hätten etwas gegen Sozialhilfeempfänger. Frank Höppel (ÖDP) mahnte mehr Sensibilität an, Linken-Stadtrat Johannes Pöhlmann sprach von einem „moralischen Schwert“, mit dem die Stadtspitze ihr Konzept durchsetzen wolle. Auch CSU-Fraktionschefin Birgitt Aßmus nannte die Unterstellung „liebe Frau Preuß, etwas arg“ und Anette Wirth-Hücking (FWG) zeigte sich über die Äußerung „schockiert“.

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