Erlanger Uniklinik-Neubau schreitet voran

2.1.2017, 12:00 Uhr
Erlanger Uniklinik-Neubau schreitet voran

© Michael Müller

Erlanger Uniklinik-Neubau schreitet voran

© Michael Müller

Im neuen Jahr geht es für Fernando Moreira wieder richtig los. Dann klettert der Kranführer morgens an der Großbaustelle des Universitätsklinikums am Maximiliansplatz in sein Führerhäuschen, fährt mit der Kabine rund 70 Meter in die Höhe – und bleibt dort bis zum Feierabend. Auch in der Mittagspause verlässt der 57-Jährige seinen Arbeitsplatz hoch über den Dächern der Stadt nicht. Wer mit dem Portugiesen sprechen will, macht das daher über Funk – und zudem meistens mit Hilfe eines Dolmetschers.

„Der Blick über Erlangen ist sehr schön“, übersetzt denn auch Victor Oliveira ins Deutsche, „man sieht wirklich sehr weit“. Angst habe er nicht, spricht Moreira in sein Mikrofon. Er arbeite schließlich schon lange als Kranführer. Manchmal fühle er sich so weit oben einsam. „Aber dann“, sagt er, „rauche ich eine Zigarette und denke an meine Familie.“

Die wird er nach der Weihnachtspause nun verlassen müssen. Ebenso wie viele andere türkische und portugiesische Bauarbeiter, die am Riesenprojekt der Uniklinik mithelfen. In Spitzenzeiten sind bis zu 150 Handwerker und 40 bis 50 Betonmischer pro Tag an der Baustelle aktiv. Die Baumaßnahmen am so genannten Funktionsgebäude des Chirurgischen Zentrums, für das vor gut drei Monaten (wie berichtet) mit viel Prominenz aus Politik und Universität der Grundstein gelegt wurde, schreiten sichtbar voran.

Auch Bernhard Kressirer, der beim Staatlichen Bauamt Erlangen-Nürnberg den Bereich Hochschulbau leitet, ist mit den Veränderungen zufrieden. „Es läuft alles so, wie wir es uns vorgestellt haben, wir liegen komplett im Zeitplan.“

2020 soll das neue Gebäude an das Universitätsklinikum übergeben werden, nach und nach soll daraufhin der Umzug, der ebenfalls eine logistische Meisterleistung ist, bis 2021 stattfinden.

Auch die veranschlagten Kosten von rund 180 Millionen Euro, die der Freistaat zur Verfügung stellt, werden nach bisherigem Stand nicht überschritten. Dass die Kalkulationen bei einem technisch und architektonisch derart anspruchsvollen Projekt in der Umsetzung auch stimmen, grenzt schon an ein kleines Wunder. Allein um überhaupt fünf Meter tief im Grundwasser arbeiten zu können, mussten viele kleine Pumpen installiert werden, erläutert Kressirer.

Der Neubau wird auf mehr als 15 000 Quadratmetern Nutzfläche insgesamt acht Geschosse umfassen, 165 Meter lang, 25 Meter breit und 27 Meter hoch sein. Darin untergebracht sind künftig unter anderem 20 OP-Säle, zwei Intensivstationen, eine chirurgische Hochschulambulanz, radiologische Untersuchungszimmer, die zentrale Sterilgutaufbereitung sowie Räume für Forschung und Verwaltung. Auf dem Dach ist außerdem eine 28 mal 28 Meter große Hubschrauberplattform geplant. „Dieser Bau ist eine große Herausforderung“, sagt Kressirer, „und zwar für alle.“

Denn neben Architekten, Planern und Bauarbeitern, die die Großbaustelle sehr beansprucht, muss sich auch das Klinikpersonal flexibel zeigen. Um den Betrieb am Laufen zu halten, wurden für die Übergangszeit rund um die frühere Chirurgie (gemeinhin als „Bettenhaus“ bekannt) mit mehreren Modulen zusätzliche Container für Operationen angebracht.

Die Anschaffung sei nötig gewesen, berichtet der Direktor der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik, Professor Raymund E. Hoch, der zugleich Sprecher des Departements Chirurgie ist. Ohne die Module hätte die Klinik die Lücke, die der Umbau räumlich gerissen hat, nicht schließen können: „Wir führen immer mehr Operationen durch, da brauchen wir den Platz“, sagt er.

Aber auch die Container, die die Klinik seit 2014 nutzt, seien eine bauliche Herausforderung gewesen. Da die zusätzlichen Gebäude mehrere Stockwerke haben und daher auf Stelzen stehen, habe es am Anfang noch gewackelt („da konnte man kein Mikroskop aufstellen“). Da das schnell nachgebessert wurde, sei alles perfekt. „Weder wir Mitarbeiter noch die Patienten merken, dass wir in einem Container sind“, sagt der Klinikchef.

Und tatsächlich: Beim Rundgang durch die Säle sieht es aus wie in jedem „normalen“ OP oder Aufwachraum. Monitore hängen an der Decken und direkt neben den Patienten, daneben befinden sich Infusionsgeräte und das für den jeweiligen Eingriff notwendige Besteck. Auch Lasertechniken und Robotereinsätze sind bei den chirurgischen Eingriffen möglich. „Uns ist es ziemlich egal, in welchem Zimmer wir die OP durchführen“, sagt Horch, „und auch für die Patienten ist es kein Unterschied, ob der Eingriff im Container oder im festen Gebäude stattfindet.“

Froh ist der Chirurg dennoch, dass es sich bei den Containern um eine Interimslösung handelt und ab 2020 der Umzug beginnen kann. „Wenn das neue Gebäude fertiggestellt ist, können wir sicher nicht von heute auf morgen umziehen, da wird es eine Überlappungszeit geben“. Aber dann, ist sich Horch sicher, bekomme das Universitätsklinikum einen richtig modernen Funktionstrakt. „Wir platzen seit langem aus allen Nähten und mussten in der Vergangenheit viel improvisieren.“ Das werde sich mit dem Neubau ändern.

Dann erhalte die Klinik, wie der Experte sagt, ein „zeitgemäßes“ Gebäude auf technisch und medizinisch höchstem Niveau. „Diese Investition in die Zukunft kommt allen zugute: Mitarbeitern und Patienten“.

 

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