Erst auf Pilgerreise, jetzt Erlanger Schmuckstück

9.12.2017, 14:00 Uhr
Erst auf Pilgerreise, jetzt Erlanger Schmuckstück

© Fotos: Kettler

Im Jahr 2009 machten sich Waltraud Jordan und ihr Mann zum ersten Mal auf. In mehreren Etappen wanderten sie von Alterlangen nach Santiago de Compostela in Nordspanien. 2700 Kilometer legten sie zu Fuß zurück. In den Jahren 2011 und 2012 brachen sie erneut auf, wieder mit dem gleichen Ziel, nur die Route war eine andere. Diesmal kamen sie auf über 3100 Kilometer. Beide Male mit dabei: der rote Regenponcho.

"Wegschmeißen kann ich den nicht", sagt Waltraud Jordan. Zumal sie das gute Stück nicht nur zweimal bis nach Spanien getragen, sondern einst von einem Chinabesuch mitgebracht hat. Stattdessen hat sie die dünne Plastikhaut auf der Innenseite mit Stoff gefüttert und außen 8000 Knöpfe darauf genäht. Seit letztem Weihnachten hat sie daran gearbeitet. Viele Flohmarkt-Besuche hat sie hinter sich, stets auf der Suche nach Knöpfen. Schließlich brachten ihr auch Nachbarn ihre Knopfdosen vorbei. Auf dem Regenponcho zeigt sich, welche Vielfalt an Knöpfen es gibt — beziehungsweise früher einmal gegeben hat. Groß klein, braun, schwarz, bunt, aus Horn, Holz, Perlmutt oder schlicht aus Plastik, mit unterschiedlich vielen Knopflöchern: Auf dem Poncho sind sie alle vereint, "es geht keiner vorbei, der nicht stehen bleibt und ihn anschaut", sagt die fleißige Näherin.

Richtig schwer ist der Regenponcho durch die vielen Knöpfe geworden und hängt in den Wochen vor Weihnachten auf einer Schneiderpuppe neben ihrem Stand auf dem Altstädter Kirchenplatz. Organisator des Weihnachtsmarktes ist ihr Sohn Alexander Jordan, sie selbst steht dieses Jahr in ihrem eigenen Stand. "Elisabeths Nähbude" — Elisabeth ist ihr zweiter Vorname — steht vorne dran, der Schriftzug setzt sich aus Perlmuttknöpfen zusammen, drinnen liegen Armbänder, die sie in den letzten zwölf Monaten selbst gefertigt hat.

Nicht ganz zwölf Monate, um genau zu sein. Denn die Pilgerei lässt sie weiterhin nicht los. "Jetzt pilgern wir in Österreich", sagt Waltraud Jordan. Von Tschechien aus bis in die Schweiz nach Kloster Einsiedel geht es, wieder in mehreren Etappen jeweils im Frühjahr und Herbst und, knapp zusammengefasst, aus drei Motiven: "Wir wollen körperlich fit bleiben, wir sind katholisch, wegen der Kunst." Bei der zweiten Etappe allerdings — vor elf Wochen — wurde die Pilgerreise jäh unterbrochen, nach fünf Tagen setzte ihr Herz aus. Da war sie in Vorarlberg und erhielt rechtzeitig Hilfe. Jetzt hat sie einen Herzschrittmacher und sagt: "Der heilige Jakobus hat mir geholfen."

Dann fällt ihr noch ein, dass sie ja mittlerweile insgesamt "8000 Kilometer auf dem Buckel" hat. Und damit kommt sie zurück auf den Regenponcho, mit dem sie nun auf dem Weihnachtsmarkt steht. "8000 Kilometer und 8000 Knöpfe — ein Glück, dass ich nicht gestorben bin", kommentiert sie die beiden "Rekordzahlen". Außerdem hat sie noch einiges vor. Die Knöpfe für den Regenponcho ihres Mannes liegen schon bereit. Und auch das Pilgern will sie nicht aufgeben. In Anspielung auf ihr Alter sagt sie: "Mit 66 Jahren fängt ja bekanntlich das Leben erst an."

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