Flüchtlinge in Erlangen sollen nicht frieren

4.9.2015, 21:02 Uhr
Flüchtlinge in Erlangen sollen nicht frieren

© F.: Horst Linke

Der Ansturm ist groß. Dutzende, ja hunderte Frauen, Männer und Kinder warten den ganzen Tag über auf Winterjacken, Pullover und feste Schuhe. Bunte Kärtchen, auf denen Kleidungsstücke abgebildet sind, zeigen, was und wie viel sich die Flüchtlinge in der Kleiderkammer nehmen können: Damenunterwäsche, dicke Socken, Koffer und Rucksäcke.

Schon Stunden zuvor spricht sich die improvisierte Ausgabe unter den Bewohnern der Notunterkunft in der Rathenaustraße schnell herum. Bereits um zehn Uhr morgens steht eine Frau vor dem Lagergebäude auf dem Gelände und hält Cornelia Krebs ihren Berechtigungsschein entgegen: "Wann immer mich ein Flüchtling sieht, möchte er sofort andere Kleidung", erzählt die Helferin der Ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung in Erlangen, kurz Efie.

Eigentlich wollten Krebs und ihre Mitstreiterinnen erst dann wieder eine Spendenabgabe durchführen, wenn in der Halle ein Notausgang eingebaut ist. Mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge und dem erforderlichen Umbau der Aufnahmestelle zog die Kleiderkammer Anfang August in ein Nebengebäude, das für Notfälle wie einen Brand aber nicht gerüstet ist. Die Stadt hat bereits Abhilfe versprochen, erzählt Krebs, allerdings verzögerte sich die Renovierung durch die Ferienzeit.

Multi-Tasking-Talent hilft den Flüchtlingen

"Wir wollten aus diesem Grund deshalb vorerst keine Kleider mehr an die Asylbewerber abgeben", berichtet die 57-Jährige. Doch am Donnerstagmorgen hat sie es sich kurzfristig anders überlegt. Immer wieder hätten ihr Hilfskräfte und Sanitäter von frierenden Bewohnern erzählt: "Jetzt, wo es kalt wird, fröstelt es ja sogar uns, wie aber muss es da erst Menschen ergehen, die aus Ländern kommen, in denen es immer heiß ist?", fragt Krebs rhetorisch und voller Mitgefühl. Man könne die Menschen in Flip Flops und T-Shirts bei diesen Temperaturen nicht allein lassen.

Also hat sie sich am Donnerstagfrüh spontan entschieden, doch eine Abgabe durchzuführen, was schon mit längerem Vorlauf keine einfache Aufgabe ist. Nun aber muss sie innerhalb weniger Stunden mehrere Helferinnen finden, die ihr bei der Verteilung unter die Arme greifen.

Mitten in der Urlaubszeit und quasi von einer Stunde auf die nächste ist das nicht leicht. Deshalb macht die Efie-Aktivistin an diesem Morgen — wie so oft in den vergangenen Monaten — viele Dinge gleichzeitig. Sie sucht am Telefon erfolgreich nach weiteren Helferinnen, schreibt und beantwortet E-Mails — und bereitet in der Kleiderkammer schon einmal alles für die Ausgabe vor.

Kleiderständer werden hin- und hergeschoben. Kisten mit Hosen, Jacken, Hemden, alles fein ordentlich nach Artikel und Größe sortiert und beschriftet, so hingestellt, dass nichts im Weg ist. Ganz nebenbei bringt Cornelia Krebs auch einige Säcke mit Kleidung weg, die nicht mehr zu gebrauchen sind.

Ich kann doch nicht aufhöre wenn täglich Flüchtlinge kommen

Ist das für eine einzige Ehrenamtliche nicht ein bisschen viel? Cornelia Krebs lacht. "Na ja", gibt sie zu, "in den letzten Wochen hatte ich schon einen Durchhänger; viele Helferinnen waren im Urlaub und ich habe auch kurz an eine Auszeit gedacht."

Diese Pause hat sich die Freiwillige, die sich seit rund drei Jahren bei Efie engagiert, dann nicht genommen. "Ich kann doch nicht ausgerechnet jetzt aufhören, wo täglich weitere Flüchtlinge kommen", sagt sie. Schließlich sei ihre Motivation immer noch, etwas zu tun und den Asylsuchenden zu helfen. Egal, ob sie dafür jeden Tag mehrere Stunden unentgeltlich dafür aufbringt.

Zudem ermutige die enorme Spendenbereitschaft der Erlanger ihren Einsatz noch: "Ich denke immer, die Menschen können doch gar nichts mehr zu Hause haben — und dann bringen sie schon die nächsten dringend benötigten Sachen."

Auch die Dankbarkeit der Flüchtlinge selbst bestärkt Cornelia Krebs in ihrem Ehrenamt: "Wenn ich sehe, dass die Menschen gar nichts haben und wir ihnen zumindest ein wenig geben können, dann weiß ich, weshalb ich das mache."

Elfie bittet um Spenden

Die Spendenbereitschaft in Erlangen ist groß, aber auch nötig. In nächster Zeit werden weitere Flüchtlinge in die Stadt kommen. Deshalb bittet Efie um zusätzliche Spenden wie Bettwäsche, Spannbetttücher, Duschhandtücher und Hygieneartikel (Originalverpackung). An Männerkleidung: Unterwäsche, Socken, warme Jacken, Kapuzenpullover (Größe S—L) sowie Schuhe (Gr. 39-45); für Frauen: Leggings, Unterwäsche, Socken und lange Kleider (Gr. S-L). Und: Kinderwagen, Buggy, Fußsäcke, Kinderjacken, Rucksäcke und Koffer.

Spender können die Sachen am Samstag, 19. September, 14-16 Uhr, in der Kleiderkammer Rathenaustraße abgeben. Zufahrt: in der Hilperstraße direkt vor Europcar links in die schmale Straße einbiegen. Nähere Informationen: www.efie-erlangen.de

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