Gedrosselte Dynamik

17.2.2017, 18:59 Uhr

Chris Hopkins, hauptsächlich Alt-Saxophonist, aber auch Pianist in der Band und charmanter Moderator, überreichte den Erlangern als Entrée gleich ein Kompliment zur tollen Akustik in der Ladeshalle und kam dann gleich zur Sache: Swing-Arrangements von 1902 bis in die 40er-Jahre hatten die vier Musiker mitgebracht. Colin T. Dawson (Trompete, Cornet und Gesang), Bernd Lhotzky (Klavier), Oliver Mewes (Schlagzeug) und eben der Saxophonist Chris Hopkins spielen seit fast 20 Jahren in dieser Besetzung, stets unter Verzicht auf einen Bass, der bei ihnen von der linken Klavierhand und dem Schlagzeug ersetzt wird. Jeder Musiker beherrscht sein Instrument virtuos und trägt seine Stärke nicht nur in den ausnahmslos blendenden Soli bei. Staunt man gerade noch über Klarheit von Lhotzkys Anschlag, liefert Dawson schon irre Staccatos und laszive Glissandi. Feinnervig, gnadenlos im schnellen Beat, traktiert Mewes die Becken, rührt die kleine Trommel mit dem Besen, während Hopkins’ Altsax Wärme, Körper und Leidenschaft dazugibt.

Beliebte Standards

Die "Echoes of Swing" setzen erfolgreich auf den Reiz der gedrosselten Dynamik und erzielen damit weit größeren Effekt als mit hemmungslosem Lärmen (was der Jazz ja auch kennt). Neben beliebten Standards von Cole Porter, Harold Arlen ("Over the rainbow") und Scott Joplin spielte die Band auch eine Komposition von Chris Hopkins: Er hatte angekündigt, sein "Ballet of the Dunes" könne in einen meditativen, Hypnose gleichen Zustand führen. Dazu kam es dann doch nicht, denn das melodische, an arabische Loungemusic erinnernde Stück fesselte mit inspirierten Soli, orientalischer Ornamentik und dramatischen Steigerungen derart, dass an meditatives Loslassen nicht zu denken war. Bernd Lhotzkys Bearbeitung steckte die 1. Gavotte aus der Englischen Suite Nr. 6 von Johann Sebastian Bach in ein swingendes Kleid samt aufwendigem, vertracktem Schlagzeugpart und Generalbass in der linken Pianohand. Ganz anders, sehr nah am französischen Chanson und voller Liebreiz erlebte man Sidney Bechet’s "Premier Balle", das Lhotzky mit einem exquisiten Solo schmückte. Verständlicherweise stellten die vier Musiker auch einige Stücke ihrer jüngsten CD vor, die sich mit der Musik des Niederländers Bix Beiderbecke befasst. Lhotzky hat dessen Adaption von Maurice Ravels "Childrens’ Corner" in Richtung Cool Jazz arrangiert, ganz anders klingt dagegen Bixs "Thou swell" im Stile von Chet Baker vorgetragen. In der Tat hypnotisierend wirkte das "Gesangsduo" aus Saxophon und Klavier bei Richard Rogers’ "You are too beautiful". Sogar südamerikanische Rhythmen durchdringen einen Charleston-Walzer, von mexikanischem Trompetenglanz angeheizt.

Dieser Abend voll Spielfreude, bei allem musikalischen Witz immer stilsicher und elegant, gipfelte in einer hinreißenden Stride-Piano-Zugabe. Die hatte sich das längst in bester Swinglaune befindliche Publikum mit stürmischem Beifall verdient.

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