Glücksmomente im Schlaf: Kino in Erlangen

27.2.2017, 13:44 Uhr
Glücksmomente im Schlaf: Kino in Erlangen

© Foto: privat

Eine graue Maus? Nur bei oberflächlicher Betrachtung scheint Louisa diese Vermutung zu bestätigen. Doch beim näheren Hinsehen entpuppt sich die schweigsame, in einem tristen Büro-Job gefangene Alleinlebende als durchaus zur Leidenschaft fähige junge Frau mit Wünschen und Träumen. Luziden Träumen, um genau zu sein. Denn in diesen sogenannten "Klarträumen", innerhalb derer man sich des Träumens bewusst ist und den Traum dehalb bewusst beeinflussen und steuern kann, imaginiert sich die Scheue eine bunte, positive Gegenwelt herbei, in der sie sich sogar verliebt.

Psychologie und Film passen natürlich, nachweisbar an vielen Meisterwerken der Filmhistorie, hervorragend zusammen, und Träume und Film ja noch ungleich mehr. Rüdiger Görlitz ist beides: Psychologe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Erlangen und Nürnberg (sein Brotberuf) und Filmemacher (seine Passion). "Und als solcher kann man gut mit beiden Ebenen spielen", sagt er im Publikumsgespräch nach der Vorstellung, "es ist wie eine Riesen-Spielwiese, mal lustig, mal witzig, mal düster."

Mit schlappen 33 000 Euro (davon 20 000 Euro aus verschiedenen Fördertöpfen) hat er "nebenher, über die Dauer von drei Jahren", eine Produktion auf die Beine gestellt, die sich in allen Belangen bestens sehen lassen kann: Story, Dramaturgie, Szenenentwicklung, Bilder – "Nicht weit von mir" ist eine melancholisch-tragische Entwicklungsgeschichte in kinoreifer Optik.

Übers Internet gecastet

Was nicht gänzlich verwunderlich ist: Mit der professionellen Kamera-Frau Susanne Kurz, dem Profi-Komponisten Gert Wilden jr. ("Sophie Scholl") und jungen Filmhochschülern für die Post-Produktion in Berlin an seiner Seite konnte Görlitz nahezu perfekt in das Abenteuer Langfilm-Debüt starten. Kurzfilme hatte er vorher schon einige gedreht, beispielsweise "Vollwaschgang", entstanden in einem Waschsalon am Lorlebergplatz.

Glücksmomente im Schlaf: Kino in Erlangen

© Foto: Pfrogner

Hauptdarstellerin war schon damals Jennifer Sabel, ehemaliges Ensemblemitglied am Theater Erlangen, die jetzt auch die Louisa verkörperte. Weitere Profi-Darsteller wurden übers Internet gecastet, bei den Nebendarstellern – die Effeltricher Kabarettistin Claudia Bill ist als Louisas Nachbarin und als Bardame zu sehen – und vor allem bei der Auswahl der vielköpfigen Statisterie griff Görlitz auf Menschen aus der Region zurück.

Alle, wirklich alle Beteiligten waren ohne Gage bei der Sache, ein Umstand, der die lange Produktionsphase erklärt: Nur wenn alle Zeit hatten, konnte das Team zur Fortsetzung der Arbeit wieder zusammenfinden. Die längste Unterbrechungsphase dauerte genau ein Jahr! Wer sich etwas in der Region auskennt, kann so einige Drehorte erkennen: den botanischen Garten in Erlangen etwa oder die Bucher Straße und die Stadtbibliothek in Nürnberg.

Ach ja: "Luzides Träumen", so der Psychologe Rüdiger Görlitz, "lässt sich übrigens üben. Dazu gibt es sogar viele Techniken." Vielleicht schaffen es ja manche in ihren luziden Träumen zu etwas dauerhaft Positivem. Louisas Klarträume haben ihr nur kurzzeitig Glück gebracht.

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