Hilfe bei klemmender Tür und vertrackter Rechnung

8.2.2018, 09:00 Uhr
Hilfe bei klemmender Tür und vertrackter Rechnung

© Scott Johnston

Ausdrücklich will die Initiative keine Konkurrenz zu Handwerkern und sozialen Diensten darstellen. Deshalb lehnt sie eine längerfristige Unterstützung kategorisch ab.

"Mittlerweile haben wir ein Gespür dafür, wer uns nur ausnutzen will. Meldet sich bei uns jemand, der lediglich Geld sparen möchte, ist er an der falschen Adresse", betont Doris Koch, die sich mit Gertraude Zöllner um die Organisation kümmert.

Beim Personenkreis, der angesprochen wird, gibt es keine Einschränkungen. Doris Koch: "Jeder kann sich rühren — unabhängig vom Alter oder vom Einkommen. Kommt ein Schüler mit dem Bruchrechnen nicht zurecht, erhält er ebenso Hilfe wie eine Seniorin, die nicht allein zum Arzt kann. Wer wegen seines eingegipsten Arms beim besten Willen die Glühbirne nicht in die Fassung schrauben kann, darf gleichfalls aufatmen, was auch für die alleinerziehende Mutter gilt, die niemanden findet, der auf ihre Kinder aufpasst, wenn sie etwas Wichtiges zu erledigen hat."

Allerdings darf dies nie in eine regelmäßige Beanspruchung münden. "Die Nachhilfe bleibt auf wenige Wochen beschränkt. Für ständige Arztbesuche gibt es Taxis, für fortlaufende Kinderbetreuung Babysitter", so Gertraud Zöllner. Gern vermittelt die Initiative jedoch an bestimmte Einrichtungen weiter oder verweist auf Angebote vor Ort beziehungsweise im Umkreis.

Der Impuls zur Gründung kam anno 2013 vom Landratsamt, das für das Projekt "Gesunde Gemeinden in einem gesunden Landkreis" warb und beim Markt Heroldsberg offene Türen einrannte. Dieser rief zu einem Brainstorming für Ideen auf, was sich alles unternehmen ließe, um das Zusammenleben in der Gemeinde zu verbessern — weit über die persönliche Gesundheit hinaus.

Neben dem Familientreff und "Seele in Balance" für Menschen mit psychischen Belastungen, woraus inzwischen das soziale Netzwerk mit Eckental entstanden ist, entwickelte sich aus diesem gemeinschaftlichen Sammeln von Einfällen auch die Nachbarschaftshilfe. "Erst waren viele misstrauisch, wussten nicht, ob sie sich mir nichts dir nichts bei uns mit Bitten rühren dürfen. Doch die Mundpropaganda hat uns im Laufe der Zeit sehr geholfen, so dass wir derweil auf zirka 50 Vermittlungen im Jahr kommen", erzählt Doris Koch. Als eine Vermittlung gilt hierbei ein "Auftrag", also zum Beispiel das mehrmalige Gießen der Blumen während des Urlaubs.

Sowohl über Anfragen als auch über neue Helfer freut sich die Gruppe jederzeit. Ungefähr 40 Frauen und Männer gehören derzeit zum Pool. Ein Fragebogen erleichtert die Vergabe der Arbeiten. Hier lässt sich angeben, welche Tätigkeiten man sich zutraut und welche nicht.

"Niemand wird zu einer Arbeit gezwungen. Wenn jemand eine Allergie auf Tierhaare hat, übernimmt die Betreuung einer Katze oder eines Hundes eben jemand anders", erläutert Gertraude Zöllner. "Das gilt auch für die Einsatzzeit", ergänzt Doris Koch: "Einmal entschuldigte sich mit schlechtem Gewissen ein Mann, dass er an dem vorgesehenen Tag eine berufliche Besprechung habe. Bei der vorherigen Aktion hatte er nämlich extra Urlaub genommen — das muss wirklich nicht sein."

Es herrsche eine offene Kommunikation. Jeder solle einfach sagen, in welchen Bereichen er helfen wolle und was er ausschließen möchte. Eine Frau nervte das Geschrei von Kindern, eine andere die Bedächtigkeit von Senioren, worauf sich im Pool ruckzuck Alternativen fanden.

Auch Handwerker im Ruhestand gehören dem Kreis an. Sie renken eine Gartentür ein, die klemmt, oder bauen einen Schrank zusammen. Für größere und komplexere Arbeiten wird jedoch empfohlen, sich an Fachbetriebe zu wenden.

Büro im Rathaus

Angesiedelt ist die Nachbarschaftshilfe bei der Gemeinde. Jeweils am Donnerstag von 15 bis 17 Uhr ist im Zimmer 0.4 des Rathauses das Büro geöffnet. Unter der Rufnummer (09 11) 5 18 57 61 kann man zudem während der üblichen Zeiten für den Parteiverkehr anrufen oder montags zwischen 9 und 11 Uhr über (09 11) 69 01 01 30 Kontakt aufnehmen.

Für die Einsätze besteht außerdem der Schutz durch die Ehrenamtsversicherung der Gemeinde. Bei Fahrten freuen sich die Helfer über Benzingeld, nehmen aber ansonsten kein Geld an. Kleinere Anerkennungen wie ein Blumenstrauß oder eine Schachtel Pralinen sind freilich ein willkommener Motivationsschub. Für die halbjährlichen Treffen, bei denen Erfahrungen ausgetauscht werden, spendiert die Gemeinde Essen und Getränke.

Manche vergleichbare Initiativen in anderen Orten haben ein virtuelles Geld eingeführt: Wer anderen zur Seite steht oder gebrauchte Gegenstände zur Verfügung stellt, bekommt Pluspunkte, die er einlösen kann, wenn er selbst Unterstützung braucht. Doris Koch und Getraude Zöllner blicken sich kurz an: "Das ist uns zu kompliziert. Wir helfen einfach!"

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