Historische Einblicke: Das Rechenzentrum der FAU wird 50

21.2.2018, 06:30 Uhr
Historische Einblicke: Das Rechenzentrum der FAU wird 50

© Ilona Hörath

Drei bis vier Minuten dauert es, bis das Ungetüm hochgefahren ist. Wenn es dann läuft, vibriert der Boden und es ist laut im Raum. Zuse Z 23 heißt die zimmergroße tonnenschwere Rechenanlage, die der Computerpionier Konrad Zuse 1958 entwickelte und die in den 1960er Jahren in die Serienfertigung ging. Das Exemplar im Regionalen Rechenzentrum Erlangen (RRZE), es stammt von 1962, gilt als die erste elektronische Rechenanlage der Friedrich-Alexander-Universität.

"Sie ist das Highlight unserer Ausstellung", sagt Edwin Aures. Mehr noch. Gemeinsam mit seinem Kollegen Volkmar Sieh ist es dem Informatiker gelungen, den historischen Schatz aus seinem 30-jährigen Dornröschenschlaf zu erwecken und wieder zum Laufen zu bringen. "Ein 80-Jähriger Techniker hat uns erstmal eingenordet", sagt Aures. Allein ein Jahr habe es gedauert, den 30-Kilo-schweren Magnettrommelspeicher - sozusagen die Festplatte des Rechengiganten - wieder herzurichten.

Am Fuße der Z 23 lehnt ein anderes spezielles Exponat der Informatik-Sammlung Erlanger (ISER). "Eine der weltweit ersten Computergrafiken", erklärt Aures. Sie stammt von dem 1926 in Nürnberg geborenen Georg Nees, ein Grafiker und Informatiker, der in Erlangen Mathematik und Physik studierte.

Dass in dem Raum in der Erlanger Martensstraße 1 sämtliche anderen Exponate noch funktionieren, ist für die Wissenschaftler Ehrensache: etwa ein Kartenlocher, der an der FAU ab 1968 zum Einsatz kam, einige IBM-PC aus den frühen 1980er Jahren zum Stückpreis von damals mindestens 8000 Mark oder ein Olivetti-Laptop, auf dem der frühere FAU-Rektor Gotthard Jasper wissenschaftliche Werke verfasst hat.

"Die Ausstellungsstücke sollen Universitätsbezug haben", sagt Marcel Ritter, Leiter Zentrale Systeme am RRZE, und verweist auf einige Vitrinen ein paar Flure weiter. Zu bestaunen ist dort allerlei historische Computertechnik.

Zwei Jahre, nachdem die Technische Fakultät gegründet wurde und die Zuse Z 23 nicht mehr ausreichte, um alle gewünschten Daten zu verarbeiten, erblickte 1968 das FAU-Rechenzentrum das Licht der Welt. Der Betrieb lief damals über eine saalgroße US-amerikanische Rechenanlage vom Typ Control Data (CDC) 3300, von der noch Teile erhalten sind. Noch in den 1970er Jahren, so berichtet Marcel Ritter, liefen sogenannte Operateure in weißen Kitteln eilfertig durch die Großanlagen.

Wofür Ritters Herz schlägt, liegt nicht weit von den Vitrinen entfernt: Es sind die Heiligen Hallen des Rechenzentrums, in denen sich jede Menge Server aneinanderreihen und Daten aller Art verarbeiten und speichern. Hier schlägt das Herz der IT der Uni, hier laufen die Drähte zusammen - etwa der Datenverkehr von mehr als 50.000 Studierenden und Mitarbeitern, verteilt auf über 200 Gebäudegruppen in fünf Städten. Oder das WLAN der FAU. "Im WLAN der FAU sind mittlerweile regelmäßig mehr als 10.000 Nutzer gleichzeitig unterwegs", weiß Ritter.

Auch im Serverraum röhrt es ziemlich laut – die Lüftungs- und Kühlsysteme laufen auf Hochtouren. "Die Kosten für Strom und Kühlung betragen pro Jahr 1,5 Millionen Euro", sagt Ritter. Besonders stolz ist er auf die Hochleistungsrechner "Emmy", "LiMa" und "Meggie": "Sie haben eine Gesamtrechenleistung von rund 800 Teraflops." Genutzt werden die Supersysteme für Strömungssimulationen und andere aufwendigen Berechnungen der Chemiker, Mediziner, Biologen oder Werkstoffwissenschaftler. "Hunderte Rechner arbeiten gleichzeitig an einem Problem", sagt Ritter - wie sich zum Beispiel ein Kristall unter Belastung verhält und wann es bricht. Spezielle Netzwerktechnik ermöglicht es, den Inhalt von zwei bis drei DVDs in nur einer Sekunde zu übertragen.

Im Unterschied zu den Anfängen versteht sich das FAU-Rechenzentrum heute als IT-Dienstleister. So werden in einem Druckzentrum riesige Plakate für Lehrstühle und Kliniken gedruckt. Und an einer Servicetheke kann man sich zum Beispiel Unterstützung beim Einrichten von Internetzugängen oder Benutzerkonten holen.

Sollte der Strom im RRZE einmal ausfallen, ist Ritter gewappnet. Eine unterbrechungsfreie Stromversorgung überbrückt kurzfristig. Dauert es länger, springt ein Notstromdieselaggregat an. Lediglich ein System könne "schlimmstenfalls ausfallen", so Marcel Ritter. Es ist die Kaffeemaschine.

 

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