Im Erlanger Westen große Ablehnung von "West III"

25.9.2018, 11:00 Uhr
Im Erlanger Westen große Ablehnung von

© Klaus-Dieter Schreiter

Es war ein etwas ungleiches "Kräftemessen", das Klaus Birnbreier als Vertreter der Bürgerinitiative "Heimat ERhalten" auf der einen Seite und die Stadtvertreter — Wirtschaftsreferent Konrad Beugel und Till Zwißler von der Stadtplanung — auf der anderen Seite im Kosbacher Stad’l vor knapp 50 Bürgern austrugen.

Denn während Beugel und Zwißler in der Verwaltung lediglich die politischen Entscheidungen umsetzen und nicht kommentieren können und wegen des laufenden Ratsbegehrens zu dem Thema nur neutral informieren durften, zog Birnbreier gewaltig vom Leder — vor allem gegen die SPD.

In der "Regierungserklärung" von 2014 würde nichts von West III stehen, konstatierte er, und bezeichnete das Vorgehen der Stadt als "Aktionismus". "Bürgereinbindung und Dialog sieht anders aus." Den Prognosen über die voraussichtliche Einwohnerentwicklung und den Wohnungsbedarf in Erlangen, die von der Stadt vorgestellt wurden, glaubt er nicht. Bei der Stadt geht man von einem Entwicklungbedarf von insgesamt etwa 12 000 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2040 aus. Dem stehen schätzungsweise etwa 7500 neue Wohnungen gegenüber, die bis 2040 gebaut werden können.

Birnbreier verwies auf seine Erfahrung als leitender Angestellter der Siemens AG: "Wenn wir einen Berater holen, dann wissen wir vorher, was dabei herauskommt". Selbst das städtische Statistikamt gehe aber nicht davon aus, dass die Bevölkerung in Erlangen bis 2033 in dem Umfang wachse, wie es von der Stadt behauptet werde. "Wir fordern einen Masterplan für die gesamte Stadt."

Zudem würden die über das Areal gespannten Hochspannungsleitungen die Gesundheit der künftigen Neubürger gefährden. Außerdem würden die Menschen, die dort dann vielleicht einmal wohnen werden, nicht in Erlangen arbeiten, sondern in Herzogenaurach, vermutet Birnbreier.

Erlangen solle keine Housing Area für Herzogenaurach werden, wurde auch gesagt. "Alles, was wir bis jetzt gesehen haben, taugt nicht, um am 14. Oktober (Anm. d. Red.: Tag des Ratsbegehrens) für die Weiterführung der Untersuchungen für West III zu stimmen".

Auch in der anschließenden Diskussion mit den Bürgern wurde die Hochspannungsleitung thematisiert. Ein Antrag dazu aus der kürzlich abgehaltenen Bürgerversammlung werde noch vor dem Ratsbegehren bearbeitet, sagte Zwißler. Er machte aber auch deutlich, dass es im Bundesimmissionsschutzgesetz keine Vorgaben über Abstände zu solchen Leitungen gebe, sondern nur über die Strahlungswerte. Die würden auch bei einem Abstand von nur 100 Metern eingehalten. Im Übrigen liege die Hälfte der jetzigen Kosbacher Wohnbebauung bereits innerhalb der 400 Meter, die die Bürgerinitiative als Abstand der Neubauten zu der Hochspannungsleitung fordert.

Angst vor Enteignung

Zwißler wies auch darauf hin, dass die Entwicklung im Erlanger Westen bereits im sogenannten "Kilpper-Plan" aus dem Jahre 1978 vorgeschlagen worden sei, man also nicht von einem plötzlichen Aktionismus ausgehen könne. Auch die Hochspannungsleitung sei wegen dieses Planes in einem Bogen um die geplanten Wohngebiete herum geführt worden. Ortsbeirat Christoph Oberle beantragte, prüfen zu lassen, ob die Leitung überhaupt noch notwendig sei, weil das Kraftwerk Franken II inzwischen abgebaut worden sei.

Viel diskutiert wurde auch über das Vorkaufsrecht der Stadt für die Flächen in dem betroffenen Areal. Die Eigentümer fürchten eine Enteignung, wenn sie nicht verkaufen wollen. Konrad Beugel versuchte zu erläutern, dass keine Enteignungen zu erwarten seien, sondern dass die Stadt sich den Grund und Boden sichern wolle, um die Preise für die Wohnungen im Griff zu haben.

CSU-Stadtrat Rüdiger Schulz-Wendtland wusste allerdings, dass für Grundstücke im Gebiet West II sieben Enteignungsverfahren zumindest eingeleitet worden seien. Man habe sich dann jedoch mit den Eigentümern geeinigt, konstatierte Beugel. Details durfte er nicht nennen.

Gegen Ende der gut zweistündigen Debatte wurde es dann noch emotional und auch etwas lauter. "Dass man den ganzen Westen zubetoniert, akzeptieren wir nicht", rief ein Mann.

Als SPD-Stadtrat Philipp Dees versuchte zu erläutern, wie die Stadt die Wohnungspreise in den Griff bekommen will, schimpfte Birnbreier, die Stadt würde ein "Wohnungsgeschacher auf dem Rücken der Bauern" austragen.

Eine Abstimmung erbrachte dann einstimmig, was in der Diskussion deutlich geworden war: Die anwesenden Bürger lehnten die Weiterführung der Untersuchungen für West III ab.

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