In Heroldsberg ist kein Abschied von Dauer

25.1.2017, 12:00 Uhr
In Heroldsberg ist kein Abschied von Dauer

© Foto: Edgar Pfrogner

Eine Minute vor Schluss gibt es stehende Ovationen, das wohltuende Extra an Applaus, das sich Spieler abholen, die kurz vor Schluss nach starker Leistung das Feld verlassen. Besonders bei Abschieden gewähren Trainer ihren Spielern diese Ehre. Natürlich auch Hubert Selzle, der Coach der Heroldsberger Basketballer.

Also verlässt Philipp Baumeister das Feld. Seine Teamkollegen erheben sich von der Ersatzbank und klatschen. Auf der Tribüne nehmen die wenigen Zuschauer erst mit Verzögerung Notiz von diesem bewegenden Moment. Zeit sich zu erheben haben sie dann nicht mehr. Ging alles viel zu schnell. Und überhaupt, verlässt denn schon wieder einer die Mannschaft?

"Wenn er weg ist, reißt er eine Lücke"

Hubert Selzle schmunzelt, wenn er daran denkt. Er hat sich daran gewöhnt, ein Team aus jungen Männern zu trainieren. Die sind immer mal wieder da, wieder weg, ein Semester im Ausland, haben einen neuen Job. Die Aufgabe des Coaches ist es, in Heroldsberg dennoch jedes Jahr eine schlagkräftige Truppe aufzustellen, die in der Bayernliga oben mitmischen kann.

Diese Saison ist das gelungen, der TuSpo ist Tabellenzweiter und hat nur drei von 13 Spielen verloren. Großen Anteil daran hat Philipp Baumeister. Als er am vergangenen Sonntag gegen Liga-Schlusslicht ESV Ingolstadt-Ringsee vom Feld geht, hat der 25-Jährige schon wieder die meisten Punkte gemacht. „Wenn er weg ist, reißt er eine Lücke“, sagt Selzle. „Er ist ein Spieler für die Zwischenposition, mit 1,93 Metern groß, schnell, variabel, wirft gute Dreier.“

Dabei ist Baumeister kein Kraftpaket, wie es manche Basketballspieler sind. Er spielt clever und punktet konstant. Vor sechs Jahren schloss sich der gebürtige Fürther dem TuSpo an. Jetzt wird er seinen Verein verlassen, um für ein Auslandssemester nach Tallinn zu gehen. „Estland und die Baltischen Staaten interessieren mich. Außerdem haben die dort offene Turnhallen.“ Das Basketballtraining will er nicht vernachlässigen.

„Der Verlust für das Team ist nicht so groß, wenn ich gehe“, sagt Baumeister, zu bescheiden, um das Gegenteil zu behaupten. „Unser Vorteil ist, dass jeder sehr variabel und auf mehreren Positionen spielen kann.“ Für den Gegner ist das schwer berechenbar, für den Trainer bei Ausfällen ein Segen. „Früher waren wir nicht so tief besetzt. Mit einem kleineren Kader wäre es sicher schwieriger.“ So aber lässt es sich für das Team kompensieren.

Vor allem aber: „Wenn wir in Wolnzach gewonnen hätten, würde es mir schwerer fallen, zu gehen.“ Im November hatte Heroldsberg das Spiel beim Tabellenersten verloren. „Es war ganz knapp.“ Das 68:69 spukt den Basketballern immer noch im Kopf herum. „Der letzte Wurf ging nicht rein, aber den muss man auch nicht machen.“ Hätten sie ihn gemacht, würde der TSV Wolnzach nicht mit 13 Siegen aus 13 Partien an der Tabellenspitze thronen.

Spitzenreiter scheint uneinholbar enteilt

Die Oberbayern scheinen uneinholbar, das Aufstiegsrennen entschieden. Denn in der Bayernliga steigt nur der Erste auf. „Wenn ein Team zurückzieht, kann der Zweite nachrutschen“, sagt Selzle. Die Regionalliga ist eine kostspielige Angelegenheit. Doch Wolnzach will hoch und demonstriert das mit aller Macht. Im Rückspiel am 19. Februar könnten die Heroldsberger dem Primus noch einmal Konkurrenz machen.

„Aber selbst wenn wir das gewinnen, müssen die noch zweimal zusätzlich verlieren“, rechnet der Trainer vor. Er weiß, er hat Planungssicherheit. Oder anders gesagt: Er muss in der neuen Saison wieder angreifen. Dann sollte der TuSpo auch Spiele gegen vermeintlich schwächere Teams gewinnen.

Gegen Ingolstadt sieht es überraschend nicht immer danach aus. Weil die Hausherren trotz guter Wurfchancen ihre Punkte nicht machen, gehen die Gäste im ersten Viertel in Führung (10:9.). Erst im zweiten Durchgang drehen die Heroldsberger die Partie, Baumeister holt sich den Ball in der Defensive und verwandelt im direkten Gegenstoß zum 23:21.

"Wir hätten schneller spielen müssen"

Nach der 34:29-Pausenführung lässt der TuSpo nur noch wenig zu, steht in der Abwehr sicher und gewinnt schließlich mit 78:53. Zum Vergleich: Wolnzach hat gegen Ingolstadt dreistellig gepunktet (135:66). „Gegen vermeintlich schlechtere Teams tun wir uns schwer, weil wir unser Niveau anpassen“, sagt Baumeister. „Diesmal hätten wir auch wieder viel schneller spielen müssen.“

Am Ende aber ist es noch einmal gut gegangen. Eine große Abschiedsfeier für den scheidenden Topscorer gibt es dennoch nicht. Am Sonntag hatte Baumeister noch nicht alles gepackt, gestern bereits ging es los nach Tallinn. „Wenn es noch um den Aufstieg gehen würde, müssten wir ihn einfliegen.“ Selzle sagt das und lacht, als wäre es ein Witz.

Doch bei den Heroldsbergern scheint nichts unmöglich. Schließlich ist auch Nikolai Schröder immer noch dabei, obwohl er sich Ende der Vorsaison bereits verabschiedet hatte. Beruflich ging es für ihn nach München. Aktuell arbeitet er in Barcelona. An den Wochenenden kommt er trotzdem heim zu seinem Basketball-Klub. „Der Zusammenhalt bei uns ist groß“, sagt Baumeister. Nächste Saison will auch er zurück sein. Dann aber ohne stehende Ovationen.

TuSpo Heroldsberg: Alshaikhahmed (17), Amani (7), Baumeister (20), Freitas Marques (6), Hellmann (5), Hesel (6), Matl (6), Schröder C. (11), Schröder N.

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