Juwel im Tennenloher Forst wird zunehmend bedroht

5.6.2018, 14:30 Uhr
Juwel im Tennenloher Forst wird zunehmend bedroht

© Edgar Pfrogner

Die Freude über die gemeinsamen Erfolge war allen Beteiligten bei einem Pressegespräch vor Ort anzumerken. Getrübt wurde sie durch eine Entwicklung jüngeren Datums: Zunehmend bedrohen uneinsichtige Menschen mit ihren Freizeitaktivitäten diesen Schutzraum.

Noch bevor die US-Armee aus dem damaligen Standortübungsplatz Tennenlohe ausgezogen war, hatte die BN-Kreisgruppe Erlangen — genauer: ihre Arbeitsgruppe Biotop- und Artenschutz – 1992 mit dem damaligen staatlichen Forstamt Erlangen vereinbart, die Flugsanddüne naturschutzfachlich zu betreuen. Ein Jahr später räumte die Army das Feld, die Pflege konnte beginnen. Nämlich mit einer "Entbuschung", denn ohne Pflegemaßnahmen hätte sich der Wald das Gelände, das früher einmal eine Sandgrube und dann Übungsgebiet der US-Soldaten war, zurückerobert — die Düne und ihre einzigartige Flora und Fauna hätten dem Baumbewuchs weichen müssen.

In den zurückliegenden 25 Jahren leistete die 35-köpfige BN-Arbeitsgruppe unter Leitung von Tom Konopka, dem zuständigen Referenten bei der BN-Fachgeschäftsstelle Nürnberg, rund 800 Stunden ehrenamtlicher Arbeit. Wichtiger Partner war und ist der staatliche Forstbetrieb. Er ist für die Bewirtschaftung der Staatswälder zuständig und deswegen mit Naturschutzbehörden und -verbänden nicht sehr oft einer Meinung.

Beispielhafte Kooperation

Hier aber klappte die Zusammenarbeit beispielhaft, betonten Roland Blank, der Leiter des Forstbetriebs Nürnberg, und Herbert Fuehr, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Erlangen. "Wir freuen uns, hier für den spezielle Arten- und Biotopschutz etwas tun zu können", sagte Blank und hob besonders den Einsatz von Revierförster Hubert Schorer hervor, den lichten Charakter des Geländes und damit die Voraussetzung für Biodiversität mitgeschaffen zu haben.

Fuehr sagte, es sei gelungen, gemeinsam einen Schatz zu bergen. Es gehe um seltene Bodenflechten und das gefährdete Silbergras, das hier ideale Bedingungen vorfinde. Es gehe um die Pflege und den Erhalt gefährdeter Bienen- und Wespenarten, oder um die auf der Roten Liste gefährdeter Arten stehende Blauflügelige Ödlandschrecke, das Wappentier der Sandachse Franken. Allein deren Verschwinden wäre ein negatives Symbol gewesen. Tatsächlich ist es aber gelungen, die Freifläche dieser früheren Sandgrube um 80 Prozent zu vergrößern. Dadurch konnten gefährdeten Arten halbwegs stabile Populationen entwickeln.

Auch Forstdirektor Peter Pröbstle sprach von einem "Schatzkästlein". Der Reichswald biete nichts Spektakuläres, aber lauter kleine Kostbarkeiten wie die Sanddüne Weißensee. Deswegen habe der Naherholungsverein Sebalder Reichswald, dessen Vizevorsitzender Pröbstle ist, die Pflege der Sanddüne finanziell unterstützt, ebenso wie die Sparkasse Erlangen.

Klaus Gabriel von der höheren Naturschutzbehörde (sprich: Regierung von Mittelfranken) hob besonders hervor, dass dieses Vorzeigeprojekt des Arten- und Biotopschutzes ohne die kräftige Mithilfe der ehrenamtlichen Helfer des BN nie zustande gekommen wäre. Ähnlich äußerte sich Johannes Marabini von der Unteren Naturschutzbehörde (Umweltamt der Stadt Erlangen), dem ebenfalls das Projekt ans Herz gewachsen ist und der eine weitere wichtige Funktion der Düne hervorhob: Sie sei ein "Trittstein-Biotop", eine Art Bindeglied zwischen den großen Sandflächen im Tennenloher Forst, etwa beim Wildpferdgehege und am Exerzierplatz. Ohne solche Trittsteine, ergänzte Tom Konopka, wäre vielen Arten kein Austausch möglich, sie würden durch Inzucht genetisch verarmen.

Rettung von Tieren und Pflanzen

Konopka beschrieb den Wert der Düne mit dem Begriff "Arche-Noah"-Biotop: die Rettung von Tieren und Pflanzen, die es ohne pflegerische Maßnahmen nicht mehr gäbe. Umso schlimmer könnte sich die Bedrohung durch Freizeitaktivitäten auswirken, "die im Naturschutzgebiet nichts zu suchen haben". Denn eine Verordnung über das Naturschutzgebiet (NSG) Tennenloher Forst und — vor allem wegen der Gefahren durch im Boden versteckte Munition – eine Sicherheitsverordnung schreiben vor, dass nur öffentliche (geschotterte) Wege betreten werden dürfen, aber keine Trampelpfade, und dass Leinenzwang herrscht. Die Sanddüne ist tabu. Dennoch kommen laut Konopka etwa 30 Hundebesitzer regelmäßig hierher, um ihre Vierbeiner frei laufen zu lassen. Konopka: "Die Hunde wühlen den Boden auf, mit der Folge, dass die seltenen Bienen- und Wespenarten ihre Gelege im Sand verlieren. 70 Prozent der seltenen Bodenflechten sind auf der zentralen Freifläche bereits verschwunden."

Was kann man in dieser schwierigen Lage tun? Einerseits befindet sich hier ein einmaliges Biotop, andererseits sind Besucher nicht gern gesehen.

Ob die Natur immer und überall erlebbar sein müsse, fragte daher Fuehr die Expertenrunde. Einhellige Antwort: Nein. Die Umweltbehörden und -verbände wollen jetzt Waldbesucher, Mountainbiker und Hundebesitzer verstärkt über Schutzbestimmungen aufklären und darüber, um welch wertvolles Biotop es sich bei der Sanddüne handelt und wie wichtig sein Schutz ist.

Man setzt auf Einsicht, will aber härtere Maßnahmen wie verschärfte Kontrollen und Bußgelder nicht ausschließen. Und vielleicht sind ja auch einmal sachkundige Führungen möglich.

Eine Dokumentation zu 25 Jahre Pflege der Sanddüne Weißensee ist auf der Homepage des BUND Naturschutz zu finden: www.erlangen.bund-naturschutz.de

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