Kalchreuther Verein hilft auf den Philippinen

25.12.2018, 15:00 Uhr
Kalchreuther Verein hilft auf den Philippinen

© Bärbel Rahideh

Naturkatastrophen sind nicht alles. Natürlich finden sich auch die gängigen Postkartenmotive von Meer, Sonne und Strand. Doch die Bilder täuschen. Die Menschen leiden unter bitterster Armut, täglicher Gewalt, Hunger und nicht zuletzt an den brutalen Drogenkriegen, die seit 2016 von Polizei und Behörden im Gange sind und nach Einschätzungen seriöser, nicht-regierungsnaher Organisationen schon bis zu 20.000 Opfer gefordert haben, darunter viele willkürliche Hinrichtungen.

Die allgemeine Situation ist prekär. In manchen Teilen herrscht Kriegsrecht. Das Auswärtige Amt spricht nach 2017 erneut eine Reisewarnung aus und rät ab von "nicht erforderlichen Reisen". Zu groß die Gefahr terroristischer Anschläge und Entführungen – "im gesamten Gebiet der Philippinen können sie nicht ausgeschlossen werden", heißt es offiziell.

Bärbel Rahideh dachte nicht eine Sekunde daran, ihre Reisepläne zu ändern. Auch in diesem Jahr war sie zweimal am anderen Ende der Welt, um unbeirrt das weiter zu machen, was sie seit über 13 Jahren macht: Den Ärmsten, die weniger als nichts besitzen, ein menschenwürdiges Zuhause bauen, auf einer kleinen Farm, die nach und nach aufgebaut worden ist, weitere Arbeitsplätze als "Hilfe zur Selbsthilfe" zu schaffen, Kindern eine Schulausbildung zu ermöglichen, damit sie späterhin die Chance haben, dem Elend zu entfliehen. Dringende Operationen ermöglichen, da Ärzte erst einen Finger rühren, wenn das Geld abgezählt auf dem Tisch liegt. Und vor allem auch den allgegenwärtigen Hunger bekämpfen.

Magengeschwür wegen des Hungers

Bärbel Rahideh musste zusehen, wie Kinder Blut gespuckt haben wegen eines Magengeschwürs, das der permanente Hunger in ihnen wuchern ließ. Kinder laufen auch von zuhause weg, weil nichts Essbares da ist. Überall Hungernde. Und wenn es Essen gibt, dann nur vom Billigsten in kleinen Portionen – eine Handvoll Reis mit ein paar kleinen, sehr salzigen Fischen.

Alles wird teurer. Inzwischen werden "astronomische Preise" für Reis verlangt. Sie sind ums doppelte gestiegen, ein Kilogramm kostet nun einen Euro. Das ist eine horrende Summe für extrem arme Menschen, so Rahideh. Bislang versorgte sie die Familien ihrer Patenkinder mit drei Kilo Reis pro Monat. Letztlich zu wenig. Fortan sollen es fünf Kilo sein: "Aber wie ich das finanziere, weiß ich noch nicht."

"Smile" heißt der Mann, der niemals lacht. Er arbeitet auf der kleinen Farm des Herz-Vereins. Seine karge Hütte wurde durch drei aufeinander folgende Taifune restlos zerstört. Seit April 2018 kann er sich jedoch über das erste richtige Häuschen für seine Familie mit vier Kindern freuen. Möbel sucht man darin vergebens. Lediglich drei kleine Bänkchen, die "Smile" aus Abfallholz gezimmert hat, und eine Feuerstelle gibt es. Ein Fetzen Alu-Folie auf dem Betonboden dient als "Schlafzimmer".

Dennoch ist die Freude riesengroß, als Bärbel Rahideh die Familie besucht und das neue "Bauprojekt" begutachtet. "Das sind die Momente, wo ich ganz klein und sprachlos werde. Es kommt das starke Gefühl der Ungerechtigkeit auf dieser Welt hoch – dem Überfluss in den reichen Ländern wie Deutschland und der absoluten Armut unserer Chancenlosen auf den Philippinen."

Unbeschreibliche Freude

Viele Menschen dort haben keine Hoffnung. Davon aber ganz viel. Auch das treibt den Herz-Verein an, nicht aufzustecken, weiter Häuser zu bauen und für die Ärmsten ein menschenwürdiges Zuhause zu schaffen. Wie für Rio, einen Arbeiter auf der Herz-Farm. Seine Freude über eines der drei Häuser, die der Verein in diesem Jahr ermöglicht hat, ist unbeschreiblich: "Ich habe gedacht, dass ich nur im Himmel einmal glücklich werden kann, nicht auf der Erde", sagt Rio.

Sein Haus war Nummer 64. Das 65. müsste rasch folgen, "ein Dringlichkeitsprojekt", so Rahideh. Denn da sind Cindy und Manny mit ihrer zwölfköpfigen Familie. Der September-Taifun hat ihre Behausung fast platt gemacht. Das Dach notdürftig abgedeckt mit Plastikfolie. Der Vater bringt zwar Geld nach Hause. Aber es reicht nicht aus, um für alle Mäuler zweimal täglich den Teller zu füllen. Das Elend zeigt fast immer das gleiche Gesicht.

Die Teuerung ist hoch, die Preise für Bau-Materialien deutlich gestiegen. Noch vor einem Jahr konnte Bärbel Rahideh für 6000 bis 10.000 Euro ein kleines Haus finanzieren. Damit ist’s vorbei. Inzwischen muss man 10.000 bis 15.000 Euro dafür hinlegen. Auch für den Schulbesuch muss man jetzt tiefer in die Tasche greifen.

Der Herz-Verein hat inzwischen 84 Patenkinder unter seiner Obhut. Allein 22 sind in diesem Jahr dazu gekommen. Die Spenden vieler EN-Leser haben’s ermöglicht. Die Kinder kommen meist aus abgelegenen Gegenden, irgendwo aus den Bergen und sind überaus willig, eine Schule zu besuchen.

"Sie alle leben in fürchterlichen Behausungen. Jedes Patenkind hat seine eigene erschütternde Geschichte", schildert die Kalchreutherin. Da sind zum Beispiel die Geschwister Ethan und Ellen Grace. Sie müssen wie in einem Hühnerstall hausen, dünne Stofftücher hängen vor ihren Schlafnische, etliche Verwandte leben mit unterm Dach, nebenan liegt der Tuberkulose-kranke Vater auf ein paar Holzplanken, aschfahl und kraftlos, und draußen brütet die Hitze bei 40 Grad . . .

Paten für Schüler gesucht

Ein möglicher Weg aus dieser schier ausweglosen Misere führt über einen Schulabschluss. Mit 40 Euro im Monat, besser noch 50 Euro, wäre dieses hierzulande kaum nachvollziehbare Glück zu finanzieren. Deren Schicksale sind viele. Der Herz-Verein sucht weiterhin Menschen, die, mindestens für ein Jahr, eine Patenschaft übernehmen würden.

Die Not hat kein Ende, ist kaum beschreiblich. Aber nur wenigen kann die Kalchreutherin helfen.

Das möchte sie mit ihrem Verein auch weiterhin tun und den unendlich dankbaren Menschen mit der finanziellen Hilfe aus Deutschland zu einem würdigeren und lebenswerteren Dasein verhelfen.

 

Infos bei Bärbel Rahideh, Mail: brahideh@web.de Spendenkonto: Von Herz zu Herz e.V., Sparkasse Erlangen, IBAN: DE58 7635 0000 0020 0030 70.

 

 

 

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