Konzert in Neunkirchen mit fast vergessenen Werken

22.6.2015, 06:00 Uhr
Konzert in Neunkirchen mit fast vergessenen Werken

© Foto: Udo Güldner

Robert Fuchs (1847 bis 1927) oder Justus Weinreich (1858 bis 1927): Zwei Namen, die nur noch Spezialisten etwas sagen. Dabei waren sie zu ihrer Zeit berühmt. Der eine ein spätromantischer Österreicher, bekannt für seine Serenaden, hatte berühmte Schüler: Brahms, Strauss, Mahler, Sibelius ... Vom Serenaden-Fuchs, der zeitlebens als Plagiator verrufen war, erklingen einige Duette, die in ihrer Titelgebung an Schumann und romantische Charakterstücke, in ihrer originellen Melodik an Schubert erinnern. Kleine Kostbarkeiten.

Der andere ein Hesse, der sich ganz der barocken Struktur mit modernem Elan widmete. Der zu einer Zeit Solo-Suiten schrieb, als kein anderer sich darum kümmerte, und „die nicht hoch genug zu bewerten sind“, wie Roland Glassl klarmacht. Zuerst mit Worten, dann mit Taten.

Kompositionen für Violine und Viola sind selten. Und sie werden noch seltener gespielt. Dabei verdienen Geige und Bratsche als Duo durchaus mehr Aufmerksamkeit. Von den ganz Großen ist im Angesicht des „Musizierenden Engels“ aus der Hand Felix Müllers nur Mozart zu hören. Sein Duo führt zwei ungleiche instrumentale Geschwister zusammen, bis diese den Klangumfang eines ganzen Streichquartettes imaginieren.

Sophia Jaffé und Roland Glassl gewinnen dem äußerst dichten Gewebe, besonders dem beseelten langsamen Satz mit seinen spielerischen Klangornamenten und dem tänzerischen Finale des nicht enden wollenden Rondo viele Feinheiten und einen gewissen Drive ab.

Auch als Solisten sind die beiden zu hören. Jaffé mit zwei vor Virtuosität vibrierenden Violin-Sonaten des Belgiers Eugène-Auguste Ysaye (1858 bis 1931). Der ist vom französischen Impressionismus inspiriert und vom barocken Bach fasziniert. Die Solistin wagt sich an dissonante Spielchen, gewürzte Harmonien, die Ganztonleitern und vertraut ganz auf die musikalische Substanz, die sie nicht durch den kurzfristigen Effekt zu überlagern sucht.

Ein kluger Ansatz, der aber auch die um sich greifende Nervosität des Fin de Siecle, die Unruhe vor dem Sturm, das ungestüme Gefühl schildert. Auch wenn Jaffé in der zweiten Sonate des Abends iberisches Feuer versprüht. Die punktierten Rhythmen, die Triller und fulminanten Akkorde gehören zum Schwersten, was für die Geige geschrieben worden ist.

Komponist zu spüren

Glassl konzertiert auf einer Bratsche, die sein Vater in Ingolstadt gebaut hat, und spielt darauf eine Suite für Viola von Justus Weinreich und eine von Max Reger (1873 bis 1916). Ein Stück, das der Oberpfälzer inmitten des Ersten Weltkrieges zu Papier gebracht hat. Dessen barocke Stilmittel verweisen ebenfalls auf den Leipziger Thomaskantor, werden aber von der an Johannes Brahms orientierten Harmonik gebrochen.

Man spürt in jeder Note nicht nur das barocke Pendant, sondern auch die Figur Regers, die den leiblichen Genüssen, insbesondere dem Alkohol sehr zugeneigt war. In seinen „Drei Madrigalen für Violine und Viola“ hat Bohuslav Martinu (1890 bis 1959) seiner tschechischen Heimat aus dem US-Exil ein klassizistisches Denkmal gesetzt.

Neben Einflüssen der Wiener Klassik, des Jazz sind auch Igor Strawinskys Tonspuren und der Sound des englischen Madrigals nachweisbar. Obwohl das für einen Chor gedacht war. Sobald Sophia Jaffé und Roland Glassl jedoch ihre Stimmen erheben, die sie durch Bogen, Saiten und Holzkorpus sprechen lassen, ist das vergessen.

Das nächste Neunkirchener Konzert findet am Sonntag, 6. September, um 17 Uhr statt. www.neunkirchener-konzerte.de

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