Kulturschock? Hessisch Meedsche uffn Bersch

23.5.2016, 06:00 Uhr
Kulturschock? Hessisch Meedsche uffn Bersch

© Foto: Harald Sippel


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Ich komme aus Frankfurt und lebe erst seit einem Jahr in Erlangen. Über diese Zeit habe ich so viel von der Bergkirchweih gehört, dass ich total gespannt war, sie in diesem Jahr endlich zu erleben. Natürlich haben wir in Frankfurt auch Volksfeste, aber kann man das mit Franken vergleichen? Das wollte ich herausfinden.

Um 16 Uhr mache ich mich auf den Weg, um den Berg erst einmal ganz entspannt kennen zu lernen. Überall in der Stadt sehe ich Frauen in Dirndl und Männer in Lederhosen. Als Hessin würde ich mich aber in einem Dirndl verkleidet fühlen — noch dazu habe ich gehört, dass diese Trachten gar nicht fränkisch sind.

Das Wetter spielt zum Glück mit. Mir gefällt jetzt schon, wie die ganze Hauptstraße lang immer mehr Menschen zum Berg strömen. Alle wirken glücklich und entspannt – was natürlich auch am Bier liegen könnte. Trotzdem ist es doch eine schöne Tradition, wenn so viele Menschen jedes Jahr an dem gleichen Ort in ähnlicher Kleidung zum Feiern zusammen kommen.

„Rechts Kinder, links Trinker“

Oben angekommen wird mir das sogenannte „T“ erklärt: „Rechts die Kinder, links die Trinker“, ganz einfach eigentlich. Es ist noch nicht so voll, sodass ich mir entspannt ein typisches Bergessen holen kann. Das muss „frau“ ja an diesem Ort probiert haben. Als Brotzeit habe ich aber, nur für den Fall, meine Frankfurter Spezialitäten eingepackt.

Handkäs (ohne Musik) und Ebbelwoi (hessisch für Apfelwein). Im direkten Vergleich schmecken der fränkische Käse, Rettich, Salz und Brezel schon ganz gut, der Handkäs kann gerade so mithalten. Bei der Maß muss ich dann aber leider passen. Als Nicht-Biertrinkerin bin ich auf dem Berg etwas verloren. Es ist einfach so, liebe Franken, der Ebbelwoi schmeckt mir besser. Ich habe gehört, jedes Jahr sollte man einmal auf dem Berg-Riesenrad gefahren sein. Ich erlaube mir also diesen Spaß und genieße die Aussicht. Links die Stadt und rechts der Berg. Ich finde, der Ort ist es, der den Berg so besonders macht und von anderen Volksfesten abhebt. Feiern zwischen den Bierkellern, auf verschiedenen Ebenen und inmitten der Natur – das geht nicht überall.

Meine erste Runde über den Berg habe ich abgeschlossen. Bisher bin ich noch nicht schockiert, sondern überrascht über die Schönheit und Gelassenheit die tagsüber auf dem Berg herrscht. Als ich abends zum zweiten Mal auf den Berg gehe, verstehe ich, was die Leute gemeint haben.

Schon der Weg dorthin ist wieder interessant. Woran liegt es eigentlich, dass besonders Männer bei steigendem Alkoholgehalt plötzlich „musikalisch“ werden? Neu ist für mich auch, dass am Bergeingang Pfandflaschen in Einkaufswägen gesammelt werden — gar keine blöde Idee.

Ich habe den Berg voll erwartet — aber so voll? Es fühlt sich an, als hätte jeder einzelne Erlanger seine Wohnung verlassen, um auf dem Berg zu feiern. Der Unterschied zum Nachmittag ist krass — aber auch nicht schlecht. Obwohl man sich durch die Massen drängen muss und immer mal wieder von Betrunkenen angerempelt wird, ist die Stimmung gut.

Ich finde es sympathisch, wie die Menschen plötzlich auf den Tischen tanzen. Am Besten noch zu der bayrischen Musik. Witzig finde ich es auch, alle paar Meter von jemand anderem angesprochen zu werden. Wenn man an einem Ort Menschen kennenlernen kann, dann ist es die Bergkirchweih.

Der Berg ist im Dunkeln mit seinen ganzen Lichtern und den vielen Menschen wirklich wunderschön. Besonders wenn man von oben herunter auf die Massen vor den bunten Bühnen schaut, wird man verzaubert. Am Meisten überzeugt mich aber, dass ich überall gut gelaunte Leute sehe — und das macht mir gute Laune. Liebe Bergkirchweih, ich glaube, das war nicht mein letzter Besuch.

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