Lange Nacht in Plüschhandschellen

25.6.2017, 12:58 Uhr
Lange Nacht in Plüschhandschellen

© Fotos: Rainer Windhorst

Etwas misstrauisch lugen die jungen Frauen dann doch herüber. Gerade haben sie zu bereits vorgerückter Stunde Fragebögen ausgefüllt. Nach einer Auswertung sollen nun Pärchen für diese Nacht zusammengestellt werden. Auf einem Tisch liegen bereits rosa Plüschhandschellen parat. Mitsponsor des Abends ist ein Sex-Shop. Das sieht nach einem gewagten Tête-à-tête aus. Ob frau dafür gerade an einen Theaterkritiker oder einen Fotografen geraten möchte, die ihre besten Jahre bereits hinter sich gelassen haben?

Aber kein Grund zur Panik. Bei der diesjährigen Koproduktion "Club n*ever alone" bahnt sich eine ausufernde Mitmach-Selbsterfahrungs-Theaternacht an, für die Menschen ab einem gewissen Alter unter der Woche einfach keine Energie und auch keine Zeit mehr haben. Also dann: Bevor es in den Keller des Gummi Wörner geht, verabschiedet sich das EN-Team nach Hause.

Einst waren ja die Koproduktionen — also Stücke, die mit im Vorjahr ausgewählten Gruppen in Erlangen erarbeitet werden — ein Aushängeschild des "Arena"-Festivals. Damit wurden auch Theaterfreunde jenseits des studentischen Publikums anlockt. Doch für diese Ausgabe haben sich Laurin Thiesmeyer und Tobias Malcharzik mit FAU-Studenten eben für ein etwas zeitaufwendiges Format entschieden. Aber eigentlich kein Problem. Denn das "Arena"-Angebot umfasst durchaus auch konventionellere Produktionen.

Beispielsweise "Wishing Well" von Ernestyna Orlowska und Tanja Turpeinen. In ihrer Choreographie wollen die beiden als "Märchenfee und depressive Schönheitskönigin" — so verrät es das Programmheft — Themen wie "gesunde Ernährung, Freundschaft und die Möglichkeit eines realen Wunschbrunnens erforschen".

Dafür legen bei tropischen Temperaturen im Kunstmuseum die Schweizerin und die Finnin mit nacktem Oberkörper eine durchaus unterhaltsame Tanz-Performance hin. Das Ganze erinnert ein wenig an Aktionskunst längst vergangener Tage, wenn hier in einen dampfenden Topf uriniert oder ein Ausdruckstanz mit Schweinefleisch-Stückchen in der Hand zelebriert wird. Klar geht es mal um ernste Dinge wie nicht erfüllbare Wünsche, Klischees oder den Zwang zur permanenten Verfügbarkeit. Dargeboten wird das Ganze aber durchaus mit viel Selbstironie.

Ruhigere (elektronische) Töne und Bilder gibt es in einem abgedunkelten Raum des Gemeindezentrums "Kreuz + Quer". Alva Morgenstern steht dort in einem weißen Kleid. Lichteffekte und Projektionen verändern ihr Erscheinungsbild in immer kürzeren Abständen. Langsam, aber sicher verwandelt sie sich in ein Fabelwesen. Eine poetische Metamorphose, die aber gewaltig in diesem ungeeigneten Raum unter den ungünstigen Sichtverhältnissen auf die Bühne leidet.

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