"Luisa" haut bei Anmache in Erlangen auf den Tisch

24.1.2019, 06:15 Uhr

© Foto: H.-J. Winckler

"Luisa 3.0". So lautet der Arbeitstitel des Projekts in Erlangen momentan. Bei sechs Clubs war Nora Gabert inzwischen schon und hat dort die neue "Luisa" vorgestellt. Die Sozialarbeiterin, die seit einem Jahr beim Frauennotruf in Erlangen zuständig ist für Prävention und Öffentlichkeitsarbeit, hat gemeinsam mit dem Jugendpräventionsbeauftragten der Polizei den Clubbesitzern die neue Ausrichtung des Projekts erläutert. Und sie hatte die neuen Aufkleber dabei, die in den Clubs künftig darauf hinweisen werden, dass sie sich an der Aktion beteiligen.

Die vier Aufkleber, gestaltet von der Nürnberger Künstlerin Elisabeth Thoma, sind echte Hingucker. Drei Frauengesichter zeigen sie und einen Mann. "Mach Sexismus sichtbar!", steht auf den drei Frauen-Stickern. "Wenn dich hier jemand belästigt, sag an der Bar Bescheid." Das war von Anfang an die Botschaft der Kampagne: Wenn Frauen sich nicht wohl fühlen, können sie zum Thekenpersonal gehen und sich helfen lassen.

Wie schon die alten Aufkleber — die einen erklärenden Text ohne Bild zeigten — hängen diese Sticker in den Frauentoiletten. "Jetzt sollen zusätzlich auch in die Männerklos Aufkleber", sagt Nora Gabert. "Sexismus will hier niemand", steht auf dem vierten Sticker, auf dem ein Mann zu sehen ist. "Übergriffe gehen meist von Männern aus. Augen auf! Wir sind alle verantwortlich!".

Dieser Mann auf dem Aufkleber fordere andere Männer auf, Verantwortung zu übernehmen — zum Beispiel "auch, wenn die eigenen Kumpel blöde Sprüche machen oder Frauen angaffen", sagt Gabert. Es sei die Ansage an die Männer: "So ein sexistisches Getue brauchst du nicht zu machen". Denn das Ganze sei ja oft subtil, "so beginnt’s".

Neben dem Appell an die Männer geht es bei der zweiten Runde des Projekts in Nora Gaberts Augen insbesondere um Eines: Frauen sollen darin unterstützt werden, sichtbar zu machen, wenn sie schlecht behandelt werden. "Wir wollen die Frauen dazu ermutigen, das anzuklagen", meint sie. "Unsere Aufgabe ist es vor allem zu enttabuisieren."

In den Clubs stieß Nora Gabert nach eigenem Bekunden auf offene Ohren der Besitzer. "Sie sagen, dass machen sie ja eh schon, dass sie Leute hinausschmeißen, die sich daneben benehmen." Jeder wolle, dass sich alle wohlfühlen — und mit der Beteiligung an dem Projekt lade man Frauen ein, sich noch wohler zu fühlen.

Auch bisher schon wurde das Projekt als Erfolg eingestuft. Mehr Frauen als zuvor haben sich, wenn sie sexuell belästigt wurden, an der Theke gemeldet. Aber nicht, so das Feedback aus der Gastro-Szene, mit dem vereinbarten Code "Ist Luisa hier?". Der soll jetzt also nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Wichtig ist aber, dass die Mitarbeiter in Clubs und Kneipen sensibilisiert sind und reagieren, wenn Frauen um Hilfe bitten.

Doch durchaus mit einem anderen Akzent: "Auf dem ersten ,Luisa‘-Aufkleber hieß es ,Wir rufen dir ein Taxi‘. Ich möchte aber, dass die Botschaft nicht ist, dass die Frauen gehen, sondern dass Männer, die sich daneben benehmen, gehen müssen", erklärt die Sozialarbeiterin.

"Luisa ist nicht mehr die alte Luisa", meint Gabert. "Sie ist jetzt ein bisschen selbstbewusster geworden." Diese Entwicklung habe auch die "Me Too"-Debatte angeschoben, die seit Mitte 2017 Frauen dazu ermutigt, sich gegen sexuelle Übergriffe zur Wehr zu setzen. "Luisa haut jetzt auf den Tisch und sagt, so läuft’s nicht, Leute. Der Typ kommt mir zu blöd."

Bleibt abzuwarten, wie sich dieses neue Selbstbewusstsein auf Erlangens größte Open-air-Veranstaltung auswirken wird. Vor der Bergkirchweih will der Frauennotruf jedenfalls die Bildschirme in den Bussen des ÖPNV mit den neuen Bildern bespielen. Und bereits für den März ist eine Plakatierung in der Stadt geplant.

Längerfristig angelegt ist dagegen, dass Nora Gabert gemeinsam mit Mitarbeiterinnen des staatlichen Gesundheitsamtes an Schulen Sexualpädagogik anbietet. Den ersten Termin an der Mittelschule in Herzogenaurach hat sie bereits hinter sich. "Frauen und Mädchen sollen gestärkt werden und ihren Körper kennen. Wenn sie wissen, was sie wollen — oder eben auch nicht wollen — , können sie klare Grenzen setzen."

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