Mehr Durchblick in einer komplexen Welt

21.7.2012, 13:18 Uhr
Mehr Durchblick in einer komplexen Welt

© Horst Linke

Das Siemens-Vorstandsmitglied, ein gelernter Maschinenbauer, waschechter Franke und als Professor und Diplom-Ingenieur auch mit einem andauerndem Lehrauftrag an der Technischen Fakultät ausgestattet, stellte das Thema Vernetzung in den Mittelpunkt seines Vortrags. In einem rohstoffarmen Land wie der Bundesrepublik seien wissenschaftlich erworbene Fähigkeiten, um eine immer höhere Komplexität der Welt und ihrer Abläufe zu beherrschen, die wichtigste Garantie für wirtschaftlichen Fortschritt.

Berufsbilder im Wandel

Russwurm verdeutlichte dies an Kennzahlen aus dem eigenen Unternehmen: Während 1970 noch 56 Prozent aller Siemens-Mitarbeiter Angelernte waren und nur zehn Prozent Akademiker, waren es 2011 36 Prozent Akademiker und nur noch elf Prozent Angelernte. Für den Wissenschaftsstandort Europäische Metropolregion Nürnberg (EMN) bedeute dies, dass die technischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen weiter gestärkt werden müssten – entsprechende bildungs- und hochschulpolitische Schwerpunkte inbegriffen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte den Strukturwandel in der Region als „dramatisch“ bezeichnet; das Wegbrechen großer Traditionsunternehmen sei aber nicht durch staatliche Hilfen zu kompensieren, sondern müsse von Industrie und einem starken Mittelstand selbst angestoßen werden. Ein starker Wissenschaftsstandort helfe dabei, den Wandel zu bewerkstelligen.

Der Freistaat stehe auf diesem Feld zu seiner Verantwortung und werde dem auch im neuen Staatshaushalt gerecht. Mehr als ein Drittel aller Ausgaben fließen in die Sektoren Bildung und Forschung – und das bei einer soliden Finanzierung des Haushalts.

Einer der Gastgeber des Wissenschaftstags, der Präsident der Universität Erlangen-Nürnberg und fachlicher Sprecher des Forums Wissenschaft, Prof. Karl-Dieter Grüske, nannte den Tag und seine Rekordteilnehmerzahl eine gute Gelegenheit, Wissenschaft und Industrie besser zu vernetzen und Kooperationen zu vereinbaren. Die Universität mit ihren über 33000 Studierenden, 640 Professoren und einer „breiten Aufstellung“ mit 140 Studiengängen habe in der Metropolregion längst eine europäische Perspektive, aber mit einer starken regionalen Verankerung.

Diese regionale Verankerung betonte auch noch einmal der aktuelle Ratsvorsitzende der Metropolregion, Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis. Zwar sei die EMN keine Metropolregion der ersten Stunde, doch sei sie mit einer Wirtschaftsleistung wie Tschechien oder Ungarn mit gutem Grund selbstbewusst.

EU-Kommissar Günther Oettinger bekam für seine Einführung in die europäische Energiepolitik viel Beifall, seine Zweifel an der Energiewende in Deutschland riefen allerdings auch leise Proteste hervor. Oettinger bestand aber darauf, dass bei allen künftigen Planungen der steigende Energiehunger der Industrie in den Mittelpunkt gestellt werden müsse; Solar- und Windstrom reichten nicht aus, um der Industrienation Deutschland Wohlstand zu sichern.

In fünf simultanen Panels mit kurzen Impulsreferaten ging es am Nachmittag im Schnelldurchlauf um künftige Formen der Energienutzung und -speicherung, um Infrastruktur der Kommunikation, um die für Erlangen so wichtige Medizintechnik sowie die Finanzwelt aus globaler und regionaler Perspektive. Als Seitenthema bot sich eine Diskussion zur Integration der Kulturen an – dort sollen sogar Frauen gesehen worden sein.

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