Mehr Teilhabe: "Erlangen Pass" beschlossen

29.11.2014, 06:00 Uhr
Mehr Teilhabe:

© Foto: Jochen Quast

Es war der seit Jahren bekannte Schlagabtausch zwischen den im Stadtrat vertretenen Parteien — nur diesmal mit umgekehrten Vorzeichen. „18 Jahre lang hatte die CSU Zeit, wir machen das jetzt“, sagte etwa Gisela Niclas (SPD). Und Wolfgang Winkler (Fraktionsvorsitzender Grüne Liste) erklärte: „Wenn wir auf eine optimale Lösung warten, dann passiert nie etwas“.

CSU-Fraktionsvorsitzende Birgitt Aßmus sagte, dass sich die Fraktion immer einig drüber war, dass es Hilfe geben müsse. „Die CSU will aber Bürokratie nicht fördern“. Schließlich habe Otto Vierheilig, der Leiter des Sozialamts, in mehreren Ausschüssen vor der Einführung des „Erlangen Passes“ gewarnt, weil es dabei zu einem enormen bürokratischen Aufwand kommen werde. Zuvor hatte Christian Lehrmann (CSU) die Ablehnung der Fraktion zum „Erlangen Pass“ ebenfalls mit dem enormen Verwaltungsaufwand begründet.

Dann ergriff Rosemarie Egelseer-Thurek (ebenfalls CSU) das Wort und forderte drei kostenlose Angebote für finanzschwache Familien: Schwimmbad, Bus und Volkshochschule. Denn der „Erlangen Pass“ ermäßige die Eintritte oder Fahrkarten, „Hartz-IV-Empfänger können sich dann immer noch nicht die Preise leisten“. Auf Nachfrage von Lars Kittel (FDP-Fraktionsvorsitzender) erklärte sie: „Diese Aussage ist nur meine Meinung“. Lars Kittel hatte sich zuvor gewundert, dass die CSU-Fraktion „SPD und Grüne links überholt.“

Gunther Moll (FWG) erklärte, dass er für den „Erlangen Pass“ sei, weil „die Regierung bei der Bekämpfung von Armut versagt hat“. Armut sei eine Schande und gehöre „aufgelöst“. Bürgermeisterin Elisabeth Preuß (FDP) sagte, dass der „Erlangen Pass“ die Armut nicht bekämpfe, sondern „Teilhabe ermöglicht“. Das E-Werk und verschiedene Kinos hätten bereits Besitzern des „Erlangen Passes“ freien Eintritt zugesagt.

"Ein Ausrufezeichen gesetzt"

Insgesamt kommen in Erlangen etwa 6500 Einwohner für den „Erlangen Pass“ in Frage. Den größten Anteil stellen rund 4600 Bezieher von ALG II, gefolgt von Asylbewerbern und Wohngeldempfängern mit jeweils etwa 600. Für sie vermindert sich zum Beispiel der Eintritt ins Theater oder ins Stadtmuseum. In der Stadtbibliothek können sich Kinder und Jugendliche mit „Erlangen Pass“ sogar bis zu 18 Jahren kostenlos Bücher oder andere Medien leihen.

Der Fahrplan sieht vor, dass im Sozialamt eine neue „Erlangen-Pass-Stelle“ angesiedelt wird. Wenn diese Stelle besetzt ist, soll die Ausgabe des „Erlangen Passes“ erfolgen. Gisela Niclas erklärte, dass die Stelle „nichts ist, was sich sofort entwickelt“. Der Beschluss des Stadtrats erfülle sie „mit großer Freude“.

Gisela Niclas hatte in der Vergangenheit das vergebliche Anrennen der SPD für Ermäßigungen für sozial schwache Familien immer wieder erlebt. Für sie hat die Mehrheit im Stadtrat jetzt „ein Ausrufezeichen gesetzt.“

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