Millionen-Auktionen: Ein Schatz für die Erlanger Bürger

17.11.2017, 18:00 Uhr
Millionen-Auktionen: Ein Schatz für die Erlanger Bürger

© Foto: Kirsty Wigglesworth (dpa)

Ein Da-Vinci-Bild kostet 450 Millionen Euro. Für den Fußballer Neymar wurde mit allen "Nebenkosten" über 700 Millionen bezahlt. Ist Kunst immer noch zu billig?

Amely Deiss: Oder ist Fußball zu teuer? Bei solchen Extremsummen kommt man da natürlich schon ins Zweifeln, was wo warum eigentlich berechtigt ist. Aber der Geldwert von Kunst ist eben – wie auch der von Profispielern – Verhandlungssache. Der Preis ist immer exakt so hoch, wie jemand bereit ist, dafür zu zahlen.

Generell ist Kunst aber natürlich nicht zu teuer! Es ist schade, dass uns der Wert anderer Objekte — sei es im Privaten beispielsweise der eines neuen Fernsehers oder Autos, oder im öffentlichen Bereich, sagen wir — eines Kreisverkehrs – so "natürlich" erscheint, der Preis von Kunst aber häufig Diskussionen und Unverständnis auslöst – auch wenn es sich um ganz normale Summen handelt. Und ein bisschen ist es ja mit Kunst wie mit Fußball (so stelle ich als Fußball-Laie es mir zumindest vor): irgendwie ist da auch etwas Großes, Heiliges dabei, dessen Faszination man nicht immer bis ins Letzte auflösen und erklären kann.

Sind diese gewaltigen Summen für einzelne Werke ein Segen oder ein Fluch für die Kunstszene?

Deiss: Eher ein Fluch — weil sich daraus langfristig auch Gefahren für die Institutionen und die Sichtbarkeit großer Kunstwerke ergeben. Meist handelt es sich bei solchen Käufen eben nicht um das exzentrische Vorgehen eines Kunstliebhabers, der sich nun ein echtes Meisterwerk gönnen will, sondern eher um die Suche nach Investitions- und vor allem Spekulationsmöglichkeiten. Wie man liest, hat der Verkäufer Dmitri Rybolowlew den Da Vinci vor nur vier Jahren von dem Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier für 127,5 Millionen Dollar erworben – und hat jetzt also einen recht ordentlichen Gewinn gemacht. Kaum anzunehmen, dass ihm der Salvator Mundi einfach nicht mehr gefallen hat.

Mal ganz abgesehen davon, was diese Kunstblase, die ja durchaus Parallelen zu einem gewissen spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkt hat, vielleicht noch so anrichten kann, ist der Einstieg dieser neuen Käuferschichten für uns Institutionen problematisch: Der Ankauf von kunsthistorisch bedeutenden Werken wird für öffentliche Einrichtungen durch Spekulanten zunehmend schwerer. Verschwinden aber wichtige Schlüsselwerke in privaten Sammlungen, die nach dem Ableben des Sammlers auch nicht, wie früher üblich, in die öffentliche Hand übergehen, sind diese Werke für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich und ein Teil unseres kulturellen Erbes geht verloren.

Ende November startet die "Greatest Hits"-Schau des Kunstpalais mit vielen bekannten Namen. Haben Sie im Depot der städtischen Sammlung auch einen Millionen-Schatz gefunden?

Deiss: Der Wert der Kunstwerke ist immer schwer einzuschätzen, weil es wie gesagt darauf ankommt, wer bereit ist, was dafür zu zahlen. Aber wenn man bedenkt, dass 2015 ein grüner Siebdruck aus der "Little Electric Chair"-Reihe für 11,6 Millionen Dollar verkauft wurde und Christie’s auf ihrer Website einen 30 x 40 cm kleinen, schwarz-weißen Warhol-Siebdruck, ebenfalls mit dem Electric Chairs-Motiv, für 50 000 bis 70 000 US-Dollar anbietet, kann man sich ausmalen, was alleine unsere Warhols Wert sind – auch wenn es keine Unikate, sondern Mappenwerke sind. Und die Künstlerliste der Städtischen Sammlung liest sich ja wie ein Who-is-who der westlichen Nachkriegsavantgarde. Doch genau darum geht es! Als öffentliche Institution müssen wir gar nicht genau wissen, was unsere Arbeiten wert sind (natürlich außer um sie vernünftig zu versichern.).

Millionen-Auktionen: Ein Schatz für die Erlanger Bürger

© Archivfoto: Sippel

Sie dürfen und sollen nicht verkauft werden. Wir bewerten sie nach ihrem ideellen und kulturellen Wert, sehen sie als Teil einer Ideengeschichte, die unbedingt bewahrt und forterzählt werden muss – und natürlich auch als große ästhetische Bereicherung. Es ist ein richtiger Schatz, der den Erlanger Bürgern gehört! Wir als Kunstpalais verwahren diese großartig gefüllte Schatztruhe, räumen darin auf und um – und öffnen sie immer wieder neu, um den Erlangern zu zeigen, was da alles Aufregendes drin ist.

Wie viel steht dem Kunstpalais im Jahr für Einkäufe zur Verfügung?

Deiss: Der Ankaufsetat hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschwankt. Seit ein paar Jahren liegt er nun bei – Achtung: Zweitausend Euro.

Haben Sie damit überhaupt eine Chance, weiterhin Kunst zu sammeln?

Deiss: Nein, mit 2000 Euro pro Jahr kann man das leider nicht. Zum Glück gibt es im Stadtrat gerade Bestrebungen, das Budget zu erhöhen. Nur so ist man als Verwalter einer Sammlung wirklich selbstständig handlungsfähig. Darüber hinaus ist man beim erfolgreichen Aufbauen und Fortführen einer Sammlung immer auch auf private Förderer und Gönner angewiesen.

Da gibt es zum einen immer wieder Künstler, die nach einer Ausstellung bei uns so glücklich sind und die Sammlung so wichtig finden, dass sie Erlangen ein Werk spenden – so kamen wir dieses Jahr zum Beispiel an eine große Serie von Juergen Teller, die auch mit einem gut erhöhten Ankaufsbudget unerschwinglich bliebe. Zum anderen hoffen wir auch auf die Unterstützung von Freunden des Museums und der Sammlung. Deshalb wollen wir mit einer "Schirmherr*innen"-Aktion, an der sich jeder mit einem beliebigen Betrag beteiligen kann, Geld sammeln und im Rahmen der "Greatest Hits"-Ausstellung ein bis zwei neue Werke ankaufen.

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