Mit "Top Spin" Stammgast bei Bergkirchweih

27.5.2015, 06:00 Uhr
Mit

© Helmut Bresler

Herzlichen Glückwunsch zum Wiegenfest. Seit wann sind Sie am Berg mit dabei?

Rudi Bausch: Seit einer Ewigkeit. Ich weiß es noch von meinem Großvater Franz Anton Bausch, dass er vor dem Krieg mit der großen Turm-Rutschbahn, mit dem Toboggan, in Erlangen gastiert hat. Die große Herausforderung beim Toboggan bestand darin, das Förderband zu bezwingen und ohne Hilfe und auf eigenen Beinen stehend den Turm zu erreichen. Es war gleichzeitig eine große Belustigung für die Zuschauer.

Welche Geschäfte haben Sie auf den Berg gebracht?

Rudi Bausch: Nach dem arbeitsreichen Toboggan kam die Karussell-Neuheit „Calypso“, benannt nach dem Modetanz der frühen sechziger Jahre. Es folgte die Ära der großen Schaukelschiffe mit dem „Pirat“. Die Sensation 1981 war der „Ranger“. Die große Fahrgastgondel wurde aus dem Stand heraus, ohne Schwung, in 20 Metern Höhe senkrecht gestellt und begann aus dieser Position heraus mit abenteuerlichen Looping-Fahrten.

Wir hatten damals den richtigen Riecher und waren der Pionier für diesen Karusselltyp. 1990 schaute die ganze Fachwelt zum Oktoberfest: Dort begann der Siegeszug der großen, zweireihigen Hollywood-Schaukel mit Überschlag, genannt „Top Spin“.

Tja, und damit waren wir, meine Frau Karin und mein Sohn Peter, schon oft in Erlangen und haben uns dieses Jahr wieder über die Zusage gefreut.

Welche Feste laufen parallel — und warum haben Sie Erlangen gewählt?

Rudi Bausch: Tatsache ist, dass zu Pfingsten der Berg bundesweit konkurrenzlos ist. Veranstaltungen im Umkreis von 100 Kilometern sind Bayreuth, Amberg und Ingolstadt.

Wo liegen die Probleme der Schaustellerei?

Rudi Bausch: Hinter den glänzenden Fassaden wachsen die Probleme. Das Publikum kommt zwar wie gewohnt — aber das Geld sitzt schon lange nicht mehr so locker wie vor fünf oder zehn Jahren. Mit der Folge, dass kaum noch in spektakuläre Neuheiten investiert werden kann. Von wegen Freiheit und Abenteuer — massiver Konkurrenzdruck und knallharter Verdrängungswettbewerb stehen auf der Tagesordnung! Dazu wachsender Bürokram auf allen Ebenen.

Gibt es den freien Fall in die Krise?

Rudi Bausch: Ja — so kann man es ohne Übertreibung nennen. Wenn die Kasse nicht mehr stimmt — dann gibt’s Probleme. Das kennt jeder von uns, egal in welcher Dimension. Es gibt den kritischen Punkt, da fressen einen die fixen Zahlungen auf, und dann ist Feierabend.

Die Kommunen nagen am Hungertuch und versuchen, angestammte Aufgaben abzugeben. Volksfeste werden privatisiert. Ein guter Weg?

Rudi Bausch: Um Gottes Willen! Niemals! Ein Privatveranstalter schaut nur auf seine Kasse — dem ist es egal, ob fünf, zehn oder 20 Mandelbrenner nebeneinander stehen. Hauptsache, die Einnahmen mit den Platzgeldern stimmen. Ich bin ein vehementer Kämpfer für die Ausrichtung und Organisation eines Festplatzes unter städtischer Regie. Für mich gilt der alte Grundsatz: auf dem Volksfest soll Geld verdient werden — und nicht am Volksfest!

Nehmen Ihnen die Freizeitparks Geld und Publikum weg?

Rudi Bausch: Ja, beides. Sie haben sich in den letzten Jahren enorm entwickelt, keine Frage. Auch die überregionale Werbung wird für die Parks immer aggressiver. Und es zieht, die Zahl der Kurzurlauber in einem Freizeitpark wächst. Früher waren wir froh, unsere gebrauchten Attraktionen an einen Park abgeben zu können . . .

Wo bleibt da die Selbstkritik?

Rudi Bausch: Keine Sorge, die kommt. Wir Schausteller müssen uns intensiver um unser Produkt ‚Volksfest’ kümmern. Wir müssen deutlich machen, dass wir das bedeutendste Angebotssegment der Freizeitwirtschaft darstellen und mehr Besucher haben als die Bäder, die Kinos oder gar die Theater oder die Fußball- Bundesliga. Auch haben wir mehr Gäste als der gesamte subventionierte Kulturbetrieb mit Theater, Konzert, Volkshochschulen und Bibliotheken. Wir brauchen für das Volksfest mehr Marketing — und daran arbeiten wir!

Das Geheimnis der Parks lautet: Einmal zahlen — und beliebig oft fahren’. Ein Vorbild für den Berg?

Rudi Bausch: Dann müssen Sie zuerst das ganze Areal einzäunen und die Eingänge definieren. Das ist, wenn wir ehrlich sind, unpraktikabel und den Berg-Besuchern nicht zu vermitteln.

Warum ist der Bummel über den Rummel trotzdem so attraktiv?

Rudi Bausch: Weil er nichts kostet. Sie können über den Berg gehen, die Stimmung genießen und einfach nur zuschauen, ohne einen Cent ausgeben zu müssen.

Dürfen die Fahrpreise weiter steigen?

Rudi Bausch: Nein — das dürfen sie auf gar keinen Fall!

. . . dann können Sie ja billiger werden!

Rudi Bausch: Wenn jeder Beteiligte sein Scherflein dazu beiträgt — dann ist das eine blendende Idee! Wenn also die Stadt die Platzgelder senkt, der Elektriker seinen Strompreis nach unten korrigiert und beispielsweise die Müllgebühren zurückgefahren werden. Wie gesagt, wenn alle dabei sind, kein Problem!

Noch mal zurück zu Ihrem Fahrgeschäft „Top Spin“. Die zweireihige Schaukel wird von zwei Säulen eingerahmt. Nur eine Deko-Funktion?

Rudi Bausch: Nein, die sind funktionsentscheidend. Zum einen sind die Schaukelarme daran befestigt und zum anderen sorgen die Säulen für die unverzichtbare Standsicherheit. 52 000 Liter Wasser geben den notwendigen Halt.

Wie hat sich der Berg verändert?

Rudi Bausch: Das Publikum hat sich verändert. Es kommt spät auf den Berg und feiert in der Stadt weiter. Der so wichtige Charakter eines Familienfestes schwindet. Das sehe ich kritisch, denn das Familienpublikum ist für unser Gewerbe unverzichtbar.

Was fällt Ihnen spontan zum Stichwort Bergkirchweih ein?

Rudi Bausch: Der Platzmeister Erich Reim, die Festwirte Schaller und Trautner, die Damenkapelle „Goldene 7“, der Wohnwagenplatz im Eichenwald, das gute Bier . . .

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