Möhrendorf: Ein Platz zwischen allen Stühlen

22.1.2017, 11:30 Uhr
Möhrendorf: Ein Platz zwischen allen Stühlen

© Dieter Köchel

Im Rahmen der Grünen Woche in Berlin laufen Proteste gegen die industrielle Agrarwirtschaft unter dem Motto „Wir haben es satt“. Dem stellen die Landwirte ein eigenes Motto entgegen „Wir machen Euch satt“, erklärt Robert Ott. Ihm und vielen seiner Berufsgenossen stinkt es, dass der Bauernstand häufig als Buhmann hingestellt wird. Dabei versuchten viele Landwirte ohnehin unablässig, den Spagat zwischen Umwelt und Ertrag hinzukriegen.

Schon der erste Blick in den Stall mit den 60 Milchkühen verrät, was Ort meint. „Ein moderner Stall ist luftig“, erläutert er die Öffnungen unter dem Dach an der ganzen Längsseite des Stalls, der 60 Milchkühe und 60 weibliche Nachwuchstiere beherbergt. Dass gehöre einfach zum Tierwohl dazu, genauso wie der Auslauf im Freien. Hat aber natürlich den Nachteil, dass die Ausdünstungen der Kühe aus diversen Körperöffnungen ins Freie gelangen.

Eine Weidewirtschaft kommt für den Landwirt Matthias Hartmann nicht in Frage, weil ihm dazu in unmittelbarer Hofnähe das Grünland fehlt. Das heißt: Eigentlich ist das Grünland nah, doch zwischen Bauernhof und potenzieller Weide läuft der Main-Donau-Kanal. Um zu den Flächen zu gelangen, muss man durchs ganze Dorf, erzählt Peter Hartmann, Sohn des Hofbesitzers. „Den Aufschrei möchte ich nicht hören, wenn jemand 60 Kühe durchs Dorf treiben würde“, lacht Robert Ort.

Doch auch die Haltung im Stall mit dem Auslauf werde dem Tierwohl gerecht, betont er. Neben der Luftigkeit spielt dafür ein eigener „Mutterschutz-Bereich“ eine Rolle. Abgetrennt von den restlichen Tieren sind die Kühe, die kurz vor dem Kalben stehen, in einem eigenen Abteil des Stalls untergebracht. Jede Kuh hat einen eigenen Liegeplatz mit einer aufgeschäumten, weichen Gummimatte. Jedes Tier verfügt über einen eigenen Fressplatz. Auch der erforderliche Platz, um als Bioerzeuger zu gelten würde ausreichen, 6,5 Quadratmeter pro Kuh.

„Wir haben schon öfter dran gedacht, Biobetrieb zu werden“, sagt Matthias Hartmann nachdenklich. Zwei Dinge lassen ihn zögern. Für die Milchkühe hat er einen Auslauf ins Freie; ein solcher fehlt jedoch für die Nachwuchskühe, müsste also noch geschaffen werden. Und die teils sandigen Böden lassen ihn zweifeln, ob er auf seinen 60 Hektar Grund das komplette Futter für die Kühe selbst erzeugen könnte. Zwar muss er wenig zukaufen, aber ein Bisschen doch.

Dabei wäre die Erzeugung von Biomilch durchaus rentabel. Derzeit gibt es dafür wohl 45 bis 49 Cent je Liter. Für die normal landwirtschaftlich erzeugte Milch lag im vergangenen Jahr der Preis bei ganz schlechten 23 Cent. Seit Herbst beträgt er, nach neuerlichen Verhandlungen, 32 Cent. Um wirklich Ertrag zu bringen, müsste der Preis bei 35 Cent/Liter liegen, beteuern Ort und Hartmann unisono.

Dass der Hof dennoch läuft, hat auch verschiedene Gründe. Es handelt sich um einen Familienbetrieb. „Wenn ich Facharbeiterlöhne zahlen müsste, ginge das nicht“, unterstreicht Matthias Hartmann. Der feste Liefervertrag mit der Firma Zott hilft ebenso wie die relativ hohe Milchleistung, die in den vergangenen 50 Jahren sich in etwa verdreifacht hat. Dazu kommt noch der Hofverkauf von Eiern und Milch, um die Familie zu ernähren — und die Bevölkerung.

Keine Kommentare