Müssen alle Erlanger Akademiker sein?

17.4.2015, 15:30 Uhr
Müssen alle Erlanger Akademiker sein?

© Anestis Aslanidis

Etwa 65 offene Stellen sind noch zu besetzen. Tatsächlich dürften aber noch mehr Auszubildende in den Handwerksbetrieben fehlen. „Denn“, sagt etwa Wilhelm Merz, Inhaber eines Elektro-Sanitär-Heizungs-Unternehmens: „Nicht alle offenen Stellen werden auch gemeldet.“

Und das hat mit der veränderten Situation zu tun, der die Handwerksmeister ausgesetzt sind. Wenn nämlich schnell ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen werden soll, weil die Betriebe sich gegenseitig Konkurrenz um Nachwuchs machen. „Wir müssen auch Anreize schaffen“, sagt Merz. „Da bezahlen wir dann auch schon mal den Führerschein.“

Die Handwerksbetriebe kämpfen an vielen Fronten um Nachwuchs und Aufträge. Da sind einmal die zahllosen Online-Dienste, die für relativ wenig Geld „Hausmeisterdienste“ anbieten. Zum anderen sind es natürlich auch die großen Unternehmen in Erlangen und dem Umland, die als Arbeitgeber für junge Menschen attraktiv sind. Wolfgang Mevenkamp: „Gerade bei den großen Unternehmen gibt es immer wieder Massenentlassungen. Im Handwerk gibt es das nicht, hier sind die Jobs zu 99 Prozent sicher“.

Doch der Nachwuchs macht sich rar. Obwohl Handwerksbetriebe in die Schulen gehen oder wie in Spardorf, wo in der Ernst-Penzoldt-Schule eine Vielfalt an Berufen vorgestellt wurde, fehlen Interessenten. „Es gibt Info-Veranstaltungen“, sagt Malermeister Peter Scholten, „da kommt fast niemand.“ Auch zeige sich der demografische Wandel immer mehr: „Wo es früher vielleicht vier Klassen gab, sind es jetzt nur noch zwei.“

Doch die Handwerksbetriebe brauchen neue Mitarbeiter, um weiter existieren zu können. Und die Handwerkskammern lassen nichts unversucht, um ihre Mitgliedsbetriebe zu unterstützen. So wurde bereits in vielen Berufen das Anforderungsprofil gesenkt. Scholten: „Es gibt viele Förderschüler, die in einem erlernten Beruf große Erfolge haben“. Damit auch sie Geselle werden können, sei die Prüfung vereinfacht worden.

Jetzt wollen die Handwerker sich bei den Flüchtlingen um Nachwuchs bemühen. „Da sind viele dabei, die entweder bereits einen Beruf erlernt haben oder handwerkliches Geschick haben“, sagt Wolfgang Mevenkamp. „Das Problem ist die Aufenthaltserlaubnis.“ Es helfe nämlich nichts, einen handwerklich talentierten Flüchtling ausbilden zu wollen, „der nach sechs Monaten wieder abgeschoben wird“. Deshalb sähe es Mevenkamp gerne, wenn bei den Flüchtlingen „die Hürden niedrig gesetzt werden würden.“

Von einer positiven Erfahrung mit einem syrischen Flüchtling berichtet Peter Scholten:

„Der 21-Jährige hat bei uns ein 14-tägiges Praktikum absolviert, jetzt fängt er am 3. August als Auszubildender bei uns an“. Die Sprachhürden seien überwindbar. „Er hat einen Freund, der bereits Deutsch spricht, außerdem besucht er einen Integrationskurs.“

Sollte der Flüchtlingsstrom nach Deutschland weiter anhalten, sieht die Kreishandwerkerschaft „ein Riesenpotenzial für künftige Mitarbeiter.“

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