Neonazis in einem bitterbösen Kammerspiel

25.11.2014, 19:07 Uhr
Neonazis in einem bitterbösen Kammerspiel

© Foto: Jochen Quast

„Auf der Bühne sehen wir drei Rechtsradikale. Gerade deshalb lautet die große Frage für diese Inszenierung: Wie bekommen wir es hin, dass das Publikum nicht sofort sagt: Das geht uns nichts an!“ Regisseur Johannes Wenzel weiß, dass er sich ein tückisches Stück ausgesucht hat. Denn „Der weiße Wolf“ von Lothar Kittstein ist eben kein „Doku-Theater“. Auch rückt es nicht — wie beispielsweise das Residenztheater München mit „Urteile“ bei den Bayerischen Theatertagen im Sommer in Erlangen — die Opfer in den Mittelpunkt.

Stücke rund um das tödliche Neonazi-Treiben haben in der Bundesrepublik seit Aufdeckung der Gräueltaten des NSU Konjunktur: Dramen um Beate Zschäpe und Co. kamen unter anderen bereits in Frankfurt, Braunschweig Karlsruhe, München, Köln und Berlin auf die Bühnen. Meist wurde bei den Ausarbeitungen ein dokumentarischer Ansatz gewählt.

Trotz aller Parallelen zu der Nazi-Terrorzelle mit zwei Männern und einer Frau verfolgt „Der Weiße Wolf“ einen anderen Ansatz: „In diesem bitterbösen Kammerspiel gibt es keine Kommentar-Ebene und keinen pädagogischen Ansatz. Wir wissen aber genau, dass gerade dieses Fehlen als Konsequenz für uns eine große Verantwortung dem Zuschauer gegenüber bedeutet.“

Der Ausgangspunkt für „Der weiße Wolf“ ist eine kleinbürgerliche Idylle: Janine und Gräck, offensichtlich Aussteiger aus der rechtsradikalen Szene, haben es sich in ihrem Alltag bequem gemacht. Sie wärmt Fertiggerichte auf, er arbeitet als Türsteher an der Pforte einer Diskothek. Plötzlich taucht die Vergangenheit wieder auf. Tosch, der ehemalige Komplize, bringt verdrängte Erinnerungen zurück. Die Handlungen drehen sich nun um Gewalt, Schuld, Ängste und unterdrückte Sexualität.

Die Bühne, auf der die drei Schauspieler Violetta Zupancic, Robert Naumann und Stephan Weber agieren, rückt in die Mitte zweier Tribünen. Das Publikum sieht sich quasi gespiegelt, eine unbequeme Unmittelbarkeit soll dadurch entstehen.

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