Neunkirchen: Musik-Experiment berührt alle Sinne

26.5.2016, 18:00 Uhr
Neunkirchen: Musik-Experiment berührt alle Sinne

© Foto: Udo Güldner

Wie entsteht ein Tanz? Durch eine Auf- oder Erregung, die den Herzschlag und damit auch den Schritt beschleunigt? In einem leidenschaftlichen Konzert voller fantastischer Einfälle, gefühlvollen Gesanges und tiefer Einsichten entführte Ada Meinich die Zuhörer ins mittelalterliche Persien. Dort vermutet die Musikerin den Ursprung der Sarabande, zumindest ihres Rhythmus. Der Dichter Omar Khayyam hatte im 12. Jahrhundert Vierzeiler (Rubai) geschrieben, deren Versmaß stilprägend sein sollte. Auf Grund der Ausdehnung der islamischen Gebiete sei der „Rubai“ auf die Iberische Halbinsel gelangt.

Im maurischen Spanien kamen die Kastagnetten hinzu, deren Ursprung ebenfalls im Orient zu suchen ist. „Mich fasziniert, wie viele Einflüsse auf diesen Tanz gewirkt, ihn verwandelt haben.“ Mal lasziv, mal wild, mal innig, mal verführerisch, immer aber populär war er. Die Solistin folgte dem Rhythmus der Sarabande über den Atlantik hinweg nach Südamerika, wo er in Gaspar Fernandes’ Wiegenlied „Xicochi Conetzintle“ (Schlaf, o mein Kind) auftauchte. Der Portugiese hatte im Guatemala des 17. Jahrhunderts Motetten komponiert und dabei Nahuatl, die Sprache der Azteken, und die Musik afrikanischer Sklaven in seinen Werk vermengt. Die Sarabande war ob dieser eindeutig erotischen Exotik zeitweilig gar verboten.

Wie eine Gitarre

Zur Zeit des Königs Philipp II. von Spanien machte Pedro de Trejo, der eine Sarabande zu Fronleicham schrieb, unliebsame Bekanntschaft mit der Inquisition in Mexiko. Ada Meinich ließ dabei den Bogen liegen und setzte ihre Bratsche einer ausgelassenen Gitarre gleich ein. Aus der Neuen Welt kam die Sarabande wieder zurück in die Alte. Von Spanien aus nach Frankreich, wo sie im musikalischen Exil weiterlebte und sich des üblichen Gesanges, des enormen Tempos und ihrer als hässlich empfundenen Bewegungen entledigte.

Am Königshof in Versailles änderte sie ihr Äußeres und betrat mit nobler Eleganz den Saal. Ende des 17. Jahrhunderts hatte sie ihren Zweck eingebüßt. Sie war den stets auf Neues bedachten Adeligen zu altmodisch. Die Sarabande wurde reine Kunstmusik, die Ada Meinich mit einer besonderen Bratsche zelebrierte, eine mit zwei Lagen Saiten. Wobei die untere Lage mit sieben Saiten während des Spiels der oberen vier mitschwingt und so einen „doppelten Boden“ erzeugte. Johann Sebastian Bach war mehrfach zu hören, der die Sarabande als wichtigen Teil seiner Suiten neben das Menuett plazierte.

Wie weit ihre spezielle Viola akustisch trägt, bewies die stets experimentierfreudige Künstlerin, indem sie in der „Pause“ kurzerhand auf den Hof vor der Pfarrkirche St. Michael trat und dort in einiger Entfernung zu den Zuhörern Kostproben gab. Mit der Campanula-Viola, die in der Form einer Glockenblume nachgebildet ist.

Klug und anschaulich lenkte Ada Meinich ihre Schritte durch eine Kulturgeschichte der Sarabande. Erst zaghaft, wo es der Quellen ermangelte, dann sicherer, als Renaissance und Barock erreicht waren. Sogar eine „versteckte Sarabande“ in einer Viola-Solosonate Paul Hindemiths fand sie und bewies, dass der Tanz auch im 20. Jahrhundert noch die Komponisten anregte. Der tosende Beifall für Ada Meinich aber nicht.

Am Samstag 2. Juli, um 19 Uhr gastiert das Armida-Quartett im katholischen Pfarrgemeindehaus Neunkirchen. Die vier Musiker spielen zwei Streichquartette Franz Schuberts. Karten bei Peter Lichtenberger unter Telefon (0 91 34) 18 37 oder im Internet: www.neunkirchener-konzerte.de

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