Ödnis am Erlanger Zollhaus stört viele Anwohner

29.7.2016, 15:00 Uhr
Ödnis am Erlanger Zollhaus stört viele Anwohner

© Foto: Berny Meyer

Für Probleme sensibilisieren wollte der Erlanger Künstler Friedrich Lehner letztes Jahr mit seinen an die Fluxus-Kunstrichtung angelehnten „Flux-Boxen“. Eine davon stellte er am Zollhaus auf – mitsamt einer Aufschrift. „Wenn du einen öderen Ort findest als diesen, dann nimm’ sie mit“, war da zu lesen. Kaum nötig zu erwähnen, dass sie stehenblieb, bis der Künstler sie wieder abholte. Einen öderen Ort kannte offenbar niemand.

Von dieser „Flux-Box“ spricht Jens Bußmann immer noch gern. Er ist Anwohner und meint, das Ganze veranschauliche auf wunderbare Weise, dass es am Zollhaus tatsächlich ein gestalterisches Problem gibt. Die Pflänzchen, die in der „Flux-Box“ sprossen, goss er über Wochen hinweg liebevoll. Das Wasser dafür holte er im benachbarten Bioladen „Eva’s Apfel“ an der Luitpoldstraße. „Der Platz ist trist, er braucht eine Aufwertung“, meint auch Ladeninhaberin Eva Runschke..

Doch apropos Platz: die dreieckige Fläche, die sich da zwischen Luitpoldstraße und der zweigeteilten Werner-von-Siemens-Straße erstreckt, ist zwar zweifelsfrei einer — und dann doch wieder nicht.

Nicht mal ein eigener Name

Nicht einmal zu einem eigenen Namen hat diese Fläche es gebracht. Einen „Zollhausplatz“ gibt es nicht. Die gar nicht so kleine Fläche ist ein Verkehrsknotenpunkt: heutzutage Bushaltestelle, bis 1963 Bahnhofsplatz für die Seku. Die fuhr von hier aus bis nach Gräfenberg. Bis heute ist in den Dachböden der angrenzenden Häuser der Ruß der kohlebetriebenen Loks zu finden, das Bahnhofsgebäude beherbergt nun zur Hälfte ein Klo und steht zur anderen Hälfte leer.

Dass sich hier einiges verbessern ließe, finden auch die Anwohner, die auf dem Platz mit diskutierten. In den letzten Jahren hatten sie wiederholt kritisiert, dass der Platz „verwahrlost“ sei. Vor über einem Jahr war er daraufhin auch Thema im Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss. Damals hieß es, dass eine Neugestaltung des Platzes nicht sinnvoll sei, solange die Trassenführung der Stadt-Umland-Bahn (StUB) nicht feststehe. Gegen kleinere Maßnahmen gab es aber keine Einwände. Nun kritisierte ein Anwohner, dass nichts umgesetzt werde.

Ohnehin ist inzwischen klar, dass der „Ostast“ der StUB nicht kommen wird. Deshalb, so sagte Philipp Dees, Sprecher für Stadtentwicklung und Wohnen bei der SPD, gebe es „eine Tendenz bei der Stadtverwaltung zu sagen, wir ziehen den Platz wieder nach vorne“. Auch sei er im Städtebauförderungsprogramm für die Erlanger Innenstadt. Außerdem könnten auch freie Mittel vom Lorlebergplatz für den Zollhaus-Platz eingesetzt werden. Allerdings, so gab die SPD-Fraktionsvorsitzende Barbara Pfister zu bedenken, gehe es zunächst um kleine Maßnahmen, die auch schnell umsetzbar seien, später könne er eventuell zum Investitionsprojekt werden. Das sei der Fall, wenn man beispielsweise die Oberfläche des Platzes komplett verändern wolle. Dann aber müsse sich der Platz hinter andere Investitionsprojekte einreihen.

Viele Verbesserungsvorschläge

Für eine „kleine Lösung“ hatten die Anwohner etliche Ideen. Pflanzkübel aufstellen, die Dächer des E-Werk-Häuschens, der Buswartehäuschen und des Bahnhofs-/Klogebäudes begrünen, einen Streifen des Asphalts aufbrechen und bepflanzen.

„Früher gab es hier einen Kiosk“, sagte ein Anwohner. So etwas, eventuell mit Kaffeetischen davor, würde auf jeden Fall zur Belebung beitragen, ebenso ein Bauernmarkt ein Mal im Mona. Angeregt wurde außerdem, die Rundbank unter einem Baum so aufzustellen, dass die Leute sich gegenüber sitzen. Eine Mitarbeiterin des nahe gelegenen Zentrums für Selbstbestimmtes Leben Behinderter (ZSL) machte zudem darauf aufmerksam, dass der Platz samt Toilette nicht barrierefrei ist. Man erhoffe sich also auch hier eine Verbesserung.

Dass manche Anwohner einer Belebung des Platzes eher skeptisch gegenüber stehen, wurde klar, als ein älteres Ehepaar Fotos vom verschmutzten Elektrogrill am Bürgermeistersteg aus der Tasche zog. „Wir wollen nicht, dass das hier so wird“, sagten sie. Dann gingen sie, die Befürworter eines lebendigen Platzes tauschten sich weiter aus.

1 Kommentar