ÖPNV-Netz "aus einem Guss" gewünscht

11.2.2015, 06:00 Uhr
ÖPNV-Netz

© Klaus-Dieter Schreiter

Wesentlicher Bestandteil des Plans ist der Busverkehr und seine Linienführung. Da ist - wie sich seit fast einem Jahr zeigt - hoher Diskussionsbedarf. Bereits im letzten Jahr versuchten die Verkehrsplaner im städtischen Planungsreferat unter dem Motto "Busse und Bahnen...wo müssen wir ran?" von den Bürgern - also den Bus-Nutzern - Hinweise zu bekommen, wie das bestehende Busangebot verbessert, die Buslinien sinnfälliger gestaltet und die Verknüpfungen (also das Umsteigen) verbessert werden können. Dazu gab es im Mai eine Bürgerversammlung, die Wege der Teilnahme am Diskussionsprozess aufzeigte (schriftlich, im Internet, auf Sitzungen eines Forums von unterschiedlichsten Interessengruppen). Im Oktober schloss sich die mittlerweile fünfte Forumssitzung an, die sich mit den eingegangenen Hinweisen, Ratschlägen und Wünschen zu einem neuen ÖPNV-Konzept befasste.

Das von der Stadtplanung in den Entstehungsprozess einbezogene Gutachter-Team (ein erfahrenes Büro aus Berlin) stellte einen ersten fachlichen und inhaltlichen Einblick in eine mögliche Netzkonzeption vor und fasste die Hinweise aus Fachgremien und aus der Bevölkerung so zusammen: Allgemein wird ein ÖPNV-Netz „aus einem Guss“ gewünscht, das sowohl durchgängig ist und eng verknüpft mit anderen Verkehrsarten.

Soziale Topografie

Das ist - so kann man sagen - der Wunsch nach der Quadratur des Kreises: Schnelligkeit, Umsteigefreiheit, gute Verknüpfung, leicht merkbarer Taktverkehr und ausreichende Taktfolge. Für die Gutachter aus Berlin ergeben sich angesichts der sozialen Topografie der Stadt Erlangen unterschiedliche Möglichkeiten der Linienführung in sogenannten Korridoren - also Straßenzügen, die möglichst viele der Vorgaben erfüllen. Von den fünf Typen der Linienführung für das Bus-, Haupt- und Erschließungsnetz (Radial-, Durchmesser-, Tangential-, Zubringer- und Ringlinie) blieb bis zur Sitzung des sechsten Forums in der letzten Woche für die Gutachter angesichts der Erlanger Verhältnisse mit Regionalbuslinien und innerstädtischen Buslinien ein "Favorit" übrig: eine Kombination der Linientypen "Durchmesser- und Tangentiallinie".

Bei der Untersuchung der Nachfrage nach optimaler Linienführung ergibt sich demnach - so heißt es in den Vorlagen der Gutachter - eine Korridorstruktur, die einem „X und einem U“ folgt. Ein Korridor definiert hierbei einen breiten Raum beziehungsweise eine Achse, in dem bereits heute hohe Fahrgastzahlen zu verzeichnen sind und in dem zukünftig neue Fahrgastpotenziale erschlossen werden könnten.

Das "X" resultiert hierbei aus Nachfrageströmen, die von Norden und Süden beziehungsweise Osten und Westen in die Innenstadt führen. Für die abstrakte Linienführung innerhalb der Korridore bedeutet dies eine Verbindung der bisherigen Radiallinien (Linien, die derzeit von außen in den Stadtkern fahren und dort enden) zu Durchmesserlinien (Linien, die durch die gesamte Stadt fahren) und damit eine Abdeckung des mit "X" bezeichneten Korridors.

Der "U"-Korridor folgt einem Verlauf tangential südlich der Innenstadt. Hierbei ergänzen Tangentiallinien das Netzsystem und führen Fahrgäste direkt zu Zentren am Stadtrand. Sie übernehmen daher auch die Funktion einer Teilringlinie.

Maßgebliche Vorteile

Die maßgeblichen Vorteile dieser Kombination, so die Gutachter, seien die Entlastung der Innenstadt durch die Tangentiale und weniger Umstiege durch die Durchmesserlinien. Ziel ist nicht das umsteigefreie Durchqueren der Stadt Erlangen, sondern das Erreichen von räumlichen Schwerpunkten im Stadtgebiet und über das Zentrum hinaus - also große Arbeitgeber wie Siemens oder die Technische Fakultät im Südosten der Stadt.

Bei der Sitzung des sechsten VEP-Forums kristallisierte sich die angestrebte Kombination aus direkt in die Stadt fahrenden sowie die Stadt im Süden nur „streifenden“ Regionalbussen (tangentialer U-Korridor) mit festen Verküpfungspunkten mit den Stadtbussen als sinnfälligste Lösung heraus - mit kurzen Reisezeiten und wenig Umstiegen für die Pendler aus dem Umland, wenn sie Arbeitsplatzschwerpunkte außerhalb des Stadtzentrums erreichen wollen.

Gleichzeitig ergänzen sich auf diese Weise Regional- und Stadtbusse, so dass es kaum Parallelverkehre gibt, das Busaufkommen in der Innenstadt insgesamt reduziert werden kann und Busse effizienter eingesetzt werden können.

Das die Teilnehmer des Forums - darunter Verkehrsfachleute aus Unternehmen, Bürgerinitiativen und dem Stadtrat - teils abweichende Vorstellungen von intelligenten Verknüpfungspunkten oder einzelnen Linienführungen haben, kann kaum überraschen. Aber, so das Fazit des städtischen Planungsreferenten Josef Weber: „Die Vorstellung eines künftigen Netzes wird verstanden, es herrscht bei allen zunehmend mehr Klarheit.“

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