Pasta statt Kloß: Wie sich das Mensaessen verändert hat

11.1.2017, 13:57 Uhr
Pasta statt Kloß: Wie sich das Mensaessen verändert hat

Allein in der neuen Mensa am Erlanger Langemarckplatz bekochen die Mitarbeiter täglich bis zu 2500 Gäste – mit frischem Gemüse aus dem Knoblauchsland, Fleisch aus Franken und einem Pasta-Dämpfer wie beim Italiener. Fränkische Klöße werden nur noch selten produziert – kein Bedarf mehr.

Das Mensaessen hat sich verändert: weg von der Massenabfertigung, hin zu hochwertiger Ernährung für kluge Studentenköpfe. Früher kamen 250 Kilo Nudeln auf einmal in den Kochtopf, wurden anschließend warmgehalten und entwickelten sich zu einer matschigen Masse. Heute landet frische Pasta aus 2,5-Kilo-Beuteln nur bei Bedarf für wenige Minuten im Kombidämpfer, wie ihn auch italienische Restaurants verwenden, und dann direkt auf dem Teller. Dazu gibt es mindestens eine vegetarische Soße, oft auch eine vegane, und eine mit Fleisch.

1000 Currywürste, 200 Kilo Hackfleisch

Auch der Sprachgebrauch ist ein anderer geworden: „Früher haben die Verantwortlichen von ,Verpflegungsteilnehmern‘ gesprochen – heute bewirten wir Hochschulgastronomen lieber unsere Gäste“, sagt Meyer, der seit 18 Jahren die Geschicke aller Mensen der Region verantwortet. „Ich esse in jeder Mensa alles“, sagt er. Aber nur Stichproben. Er testet „Sind die Tomaten saftig? Ist die Soße fein? Das Fleisch zart?“Ausgiebiges Essen im Sitzen hat er sich schon lange abgewöhnt. „Ich bin klassisch gelernter Koch, da gab es keine Pausen.“ Dass er sich bewusst für einen Beruf in der Großgastronomie und Gemeinschaftsverpflegung entschied, hat sein Umfeld erstaunt. „Das empfanden viele als Abstieg, aber ich als spannende Herausforderung – was wir hier machen ist Haute Cuisine!“ Im ganz großen Stil.

Pasta statt Kloß: Wie sich das Mensaessen verändert hat

In der Mensa am Langemarckplatz gehen am Tag bis zu 2500 Portionen über die Theke. Dafür beginnen die sechs Köche und Köchinnen morgens um kurz vor sieben Uhr mit ihrer Arbeit. Bis zur Essensausgabe von 11.15 bis 14 Uhr werden es weitere 20 Mitarbeiter. Egal, wie gesundheitsbewusst sich die Gäste heutzutage gerne geben, es regieren die Klassiker: Am beliebtesten sind Currywurst, Schnitzel, Backfisch und Pommes. „Kurz bevor ich einmal in Rente gehe, serviere ich eine Woche lang nur Fettgebackenes, um zu sehen, wie sehr der Umsatz steigt, und ob es die Leute danach satt haben“, sagt Meyer.

Bis dahin setzt er lieber auf Vielfalt. Schließlich sind auch die 450 Portionen der Reihe „Mensa vital“ regelmäßig ausverkauft. Die Gerichte haben nicht mehr als 750 Kilokalorien. Das entspricht dem Energiebedarf eines Erwachsenen mit sitzender Tätigkeit.

Alle Mensen des Studentenwerks kochen nach einem Zwölf-Wochen-Plan mit täglich drei Gerichten, der anschließend wieder von vorne beginnt. Dazu können die Köche vor Ort entscheiden, was auf die Karte kommt. Dadurch variiert das Angebot von Mensa zu Mensa in Erlangen und Nürnberg. Nicht alles lässt sich massenhaft zubereiten. An den kleinen Standorten ist die Auswahl breiter als an den großen. Da gibt es schon mal „Vegane Kartoffel-Tomaten-Pralinen mit Basilikumcreme“ oder „Spieß von Austernpilzen“. „Das kriegen sie in keinem fränkischen Gasthaus besser als bei uns“, ist sich Meyer sicher.

Pasta statt Kloß: Wie sich das Mensaessen verändert hat

Um aber viele hungrige Studentenmäuler gleichzeitig zu stopfen, ist eine besondere Ausstattung nötig. In der neuen Mensa in der Stadtmitte gibt es eine Schnitzelbratstraße, durch die pro Stunde 350 Schnitzel wandern. „So kriegen wir es hin, dass sie immer frisch sind und nur kurz warm gehalten werden“, erklärt der Chef. Neben dem 500-Liter-Kloß-Kessel stehen dort auch mehrere Kochkessel, in die 50, 100 und 150 Liter passen, für Eintöpfe, Suppen und Soßen. Den mexikanischen Chili-Käse-Maiseintopf rührt die Mitarbeiterin mit einem mehr als einen Meter langen Kochlöffel um. Auch Schneebesen und Schöpfkellen in dieser Größe stehen bereit. „Was wir hier machen, ist nicht mehr kochen, sondern produzieren“, sagt Meyer. „Dabei haben wir trotzdem den Anspruch wie ein gutes Restaurant zu sein, aber die negativen Klischees halten sich hartnäckig, viele gehen gerne in die Mensa, um zu maulen.“

Der Gurkenhobel ist so groß wie eine Kreissäge

Anders als viele glauben, wird der Salat jeden Tag frisch gewaschen, geschnitten und angemacht. Die Schnittmesser zum Hobeln von Gurken und Karotten sind so groß wie eine Kreissäge. „Viele Kantinen kaufen ihren Salat im Eimer aus dem Großhandel, da weicht er mehrere Tage im Dressing ein“, sagt Meyer. „Wir machen alles selber und kaufen die Zutaten im Knoblauchsland, das ist nachhaltiger als Biogemüse aus China.“ Im Winter gibt es Rote Bete und Sellerie statt frische Tomaten.

In den Kühlräumen im Keller lagert wenig. Nur Roastbeef für übermorgen und abgepackte Wurst für belegte Brötchen. Die Schnitzel sind tiefgekühlt, „weil die Salmonellengefahr beim Panieren zu groß ist“, erklärt Meyer. In den Regalen stehen Gewürze in Ein-Kilo-Beuteln und Ketchup in Fünf-Liter-Eimern. Nur die kleinen Becher für Sesam- und Currypaste sehen aus wie zu Hause. „Das verwenden noch zu wenige Großküchen.“ Küchenabfälle und Essensreste holt ein Recycling-Unternehmen ab und verwendet den vermeintlichen Müll für die Biogas-Produktion.

Immer zum Semesterbeginn geht es in der Mensa erst einmal chaotisch zu. „Da merkt man, dass die Neuen noch keinen Plan haben“, sagt Meyer. Die Erstis stehen dann mit großen Augen da, schauen und überlegen, während die Erfahreneren zielstrebig mit ihren Tabletts an ihnen vorbei in Richtung Essen drängen.

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