Posaunenchöre: Töne aus Gold in Erlangen

23.12.2017, 06:30 Uhr
Posaunenchöre: Töne aus Gold in Erlangen

© Harald Sippel

Auch in der Gemeinde Sankt Matthäus häufen sich zum Jahresende die Auftritte der teils in die Jahre gekommenen Gruppierung. Es geht um alte Männer, den Blick in den nahen Norden und nasse Notenblätter.

"Und wenn man das Halljahrshorn bläst und es lange tönt, dass ihr die Posaune hört, so soll das ganze Volk ein großes Feldgeschrei machen, so werden der Stadt Mauern umfallen" heißt es im sechsten Kapitel Josua im Alten Testament. Sobald die Töne aus dem Blech erklingen, fällt die Stadt.

Jericho wird eingenommen und zerstört. Weltuntergang vorprogrammiert. Soviel zur Geschichte. Heutzutage, rund 3000 Jahre später, sind die Instrumente doch eher selten Teil oder Beginn kriegerischer Handlungen.

Destruktion rufen die Posaunen nur bedingt hervor, der Schaden hielt sich beim Auftritt des Matthäus-Posaunenchors auf der Erlanger Waldweihnacht doch eher in Grenzen: Der Wettergott meinte es am Nikolaustag nicht gut mit den Musikanten, zum Konzert auf dem Schlossplatz schickte Petrus einen Schneesturm, der sich und auch die Notenblätter der Bläser gewaschen hat.

Ein unangenehmer Zwischenfall, mit allerdings überschaubarer Beschädigung. Um die Endzeitstimmung ist es ähnlich bestellt. Höchstens im Bezug auf den Haupteinsatzzeitpunkt der Musikgruppe lässt sich davon reden, wenn auch nur in kalendarischer Hinsicht: Wenn zum Weihnachtsfest am Jahresende die Glocken täglich zum Festgottesdienst läuten und sich selbst Gemeindeangehörige in der Kirche blicken lassen, die man das ganze Jahr über nicht sieht, dann ist der angemessene Rahmen für eine bestechende Performance der Posaunisten gegeben.

Und wenn gerade nicht die Geburt Christi gefeiert wird? Hat das Blech dann Sendepause? Ganz und gar nicht. Die Proben im Gemeindezentrum Sankt Matthäus finden wöchentlich statt. Immer mittwochs treffen sich die Bläser für anderthalb Stunden im Pfarrsaal, bereiten über das ganze Jahr verteilte Auftritte vor. Etwa einmal im Monat spielen sie im Gottesdienst.

Das große Highlight außerhalb Weihnachtens findet dabei im Sommer statt. Dann lädt die Gruppe zu einer Serenade, die als Open-Air-Konzert im Garten der Matthäuskirche angelegt ist. Professioneller Musiker muss man nicht sein, um dem Chor beizutreten.

Nicht einmal eine eigene Posaune ist von Nöten: "Wer bei uns anfängt, muss sich nicht unbedingt ein Instrument kaufen, es gibt Leihinstrumente, auch wenn man sich bei längerer Zugehörigkeit irgendwann eines kauft", erklärt Pfarrer Christian Düfel, der die Gruppe mit seiner Frau, Kantorin Susanne Hartwich-Düfel, betreut. Seit 1959, so berichtet die Chorleiterin, besteht die Formation der Matthäusgemeinde. Gründungsmitglieder sind keine mehr dabei, am längsten hat sich Gunter Diez gehalten. 50 Jahre lang bläst er am Ohmplatz schon in die Posaune, wurde in Sankt Matthäus konfirmiert.

Mit Sorge, aber auch Verständnis beobachtet er die Altersentwicklung des Ensembles: "Von den Bläsern hier sind nur zwei unter 30, der Rest ist in meinem Alter. Junge Leute fragen sich eben: ,Was soll ich mit den ganzen alten Männern?‘"

Die Ortschaften in der Umgebung machen es laut Diez besser: "In Möhrendorf und Weisendorf gehen professionelle Ausbilder mit Instrumenten in die Schulen." Also aktive Anfragen zur musikalischen Früherziehung. Bei Interesse dürfen sich die Schüler aussuchen, was sie spielen wollen. Ein fruchtender Ansatz, der vielleicht auch in Erlangen eine Überlegung wert wäre. "Denn ein Nachwuchsproblem", so Diez, "gibt es auf den Dörfern nicht."

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