Ritter des verlorenen Fadens

13.5.2015, 21:06 Uhr
Ritter des verlorenen Fadens

© Foto: Harald Hofmann

Eigentlich unerklärlich irgendwie. Aber beim Parzival-Abend mit Schauspieler Stefan Drücke und Musikerin Annegret Enderle formieren sich im Publikum zwei Gruppen – die Ü30 und die U30. Die über 30-Jährigen sitzen während der Aufführung eher still da, die unter 30-Jährigen kringeln sich gleich am Anfang vor Lachen. Das liegt vielleicht an Parzival, also Stefan Drücke, der, sich auf dem Boden durch Putzwasser wälzend, sagt: „Mama, so gut wie bei dir werd’ ich’s nie mehr haben.“

Und der dann fortfährt: „Ich bin Parzival, 48 Jahre alt, und ich hab’ mich nass gemacht.“ Eine Uraufführung war das, was da im Experimentiertheater zu sehen war. „Parzival – Ich habe den Faden verloren“, eine Neuinterpretation des Mythos Parzival, erdacht und konzeptionell ausgearbeitet von Christiane Ahlhelm und Stefan Drücke, der früher einmal dem Ensemble des Theater Erlangen angehörte.

Schöne Momente mit Liedern, die Annegret Enderle singt und mit ihrer Violine und einem alten Harmonium begleitet, stehen im Kontrast zur absichtlich grob-plakativen schauspielerischen Umsetzung der Geschichte. Ein Stock, ein Eimer und noch ein paar einfache Dinge bekommen, neben dem Ritter von der komischen Gestalt, ebenfalls ihren Auftritt – und werden kraft der Vorstellungskraft der Zuschauer zu Figuren.

Stefan Drücke wechselt mühelos von Absurdem zu Improvisation, hilft dem Publikum auf die Sprünge — „ich bin der rote Ritter, ich brauche eine Frau — das war jetzt ein Höhepunkt“ —, schlüpft in die verschiedenen Daseins-Rollen des Parzival und verliert den Faden dabei nie. Der Ü30-Teil des Publikums dagegen schon.

Diejenigen, die im „Ex“ der Universität Parzival bei seiner Erwachsenwerdung willig folgen, erfreuen sich an den Bildern, den Überraschungsmomenten, wenn etwa der Stock, der an dieser Stelle ein Stock ist, plötzlich weg ist, in einen Schacht gefallen, und Parzival, ach nein, an dieser Stelle wohl doch eher Stefan Drücke ruft: „Der Stock ist nach unten, der ist ja noch nie nach unten, das ist jetzt richtig ein Problem, da muss ich ja jetzt improvisieren“.

Die U30 also freut es, unmittelbar mit einbezogen zu sein, und Stefan Drücke, der vorgibt, den Faden verloren zu haben, auf seiner Suche nach dem Heiligen Gral zu folgen. Und ein bisschen mussten dann sogar einige Ü30 lachen.

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