Schlemmen, Singen, Staunen in Kosbach

19.2.2018, 18:30 Uhr
Schlemmen, Singen, Staunen in Kosbach

© Foto: Gisa Bodenstein

Von der Innenstadt bis zum Stadtteil Kosbach sind es Luftlinie etwa fünf Kilometer gen Westen. Beschauliche 1000 Einwohner zählt das Dorf. Ebenso leicht zu merken: Um das Jahr 1000 war es auch, als Kosbach besiedelt wurde. Ein Zeugnis noch früherer menschlicher Spuren findet man etwas abgelegen im Mönauer Forst an der Straße Richtung Dechsendorf: Der "Kosbacher Altar" ist ein etwa 3000 Jahre alter keltischer Grabhügel.

Er wurde 1913 entdeckt und zog die Gründung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte an der FAU nach sich. Das Besondere ist die rechteckige Steinsetzung am Rand des Hügels, die in dieser Form einzigartig ist. Sie brachte der rätselhaften Fundstätte ihren Namen ein. Die heute zu sehende Anlage ist eine Rekonstruktion. Man fand Grabbeigaben wie Schmuck aus Bronze und Glas sowie Reste von Keramikgefäßen. Bekanntestes Fundstück ist ein vierteiliger Bronze-Halsring. Die zum 100-jährigen Jubiläum von Studenten konzipierte Ausstellung "Rätsel Kosbacher Altar" war 2014 in Erlangen und vergangenes Jahr in Altdorf zu bewundern.

Obwohl Kosbachs zivilisatorische Geschichte bereits so früh begann, findet sich die erste urkundliche Erwähnung erst 1348. Hier kreuzten sich zwei wichtige Handels- und Militärstraßen: Die Hochstraße von Frankfurt nach Regensburg und der Rennweg von Cadolzburg nach Bamberg. Salopp könnte man sagen: Die Wiege des Autobahnkreuzes zwischen A 73 und A3 steht in Kosbach.

Schlemmen, Singen, Staunen in Kosbach

© Fotos: Bodenstein/Tsimplostefanaki

Auf einem Spaziergang durchs Dorf kommt man immer wieder an Martern vorbei, zehn sind es insgesamt. Sie sind steinerne Zeugen unnatürlicher Todesfälle. Aufgestellt wurden sie entweder als Sühnedenkmal von der Familie eines Täters, der jemanden getötet hatte – den Tatbestand "Mord" gab es erst ab dem 16. Jahrhundert – oder als Denkmal, das an einen Unglücksfall mit Todesfolge erinnern sollte.

Kurz hinter dem Ortseingang, aus Büchenbach kommend, an der Gabelung von Hegenigstraße und Am Deckersweiher, findet man beispielsweise eine solche Sühnemarter. Sie stammt aus dem Jahr 1803 und zählt zu den schönsten im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Im Rahmen des Straßenausbaus der Stadt Erlangen in den 1960er Jahren verschwand sie. Kosbacher Bürger fanden sie auf dem Bauhof wieder und stellten sie wieder auf.

Auf der Straßenseite gegenüber liegt eine Besonderheit ganz anderer Art: Hier liegt der Bauernhof von Barbara und Klaus Weller. Beim Bayerischen Zentral-Landwirtschaftsfest, das alle vier Jahre auf dem Oktoberfest stattfindet, haben die beiden letztes Jahr mit ihrer Kuh "Oxally" den Preis für die beste Jungkuh gewonnen. Beim Pressefoto zeigte die Rinderdame Temperament und hatte nur bedingt Interesse, ruhig stehen zu bleiben. Seit letztem Sommer hat der Hof eine "Milchtankstelle", an der man jederzeit Milch selber zapfen kann.

In der Straße "Am Deckersweiher" — an der Marter links — gibt es besonders viel zu entdecken. Zunächst wäre da das ehemalige dompropsteiliche Forsthaus, später königlich-bayerisches Forstamt. Das Gebäude wurde 1741 errichtet. Vor 208 Jahren erlegte der hiesige Revierförster den letzten Wolf Frankens.

Biegt man die nächste rechts ab, gelangt man zum Reitclub Erlangen. Ehemals in Alterlangen beheimatet, entstand die heutige Anlage 1967 auf ungenutztem Grund der Fischerei Oberle. Vor 23 Jahren brannte der Hauptstall nieder. Die Pferde konnten damals alle gerettet werden und kamen dann erst einmal für eineinhalb Jahre in einem Stallzelt unter, bis ein neuer gebaut war. Aktuell ist der Reitclub das Zuhause von 29 Privat- und zehn Schulpferden. Kinder und Erwachsene können hier Reitunterricht im Springen und in Dressur bei drei Reitlehrerinnen nehmen.

Geht man wieder zurück und ein Stück weiter die Straße Am Deckersweiher entlang, landet man bei der "Fischerei". Sie ist von Hälterteichen umgeben, in denen Fische sortiert nach Art, Größe und Fettgehalt schwimmen. Am Nützel-Oberle-Hof wird seit 367 Jahren Teichwirtschaft betrieben. Aktuell bewirtschaftet der Familienbetrieb etwa 40 Teiche in der näheren Umgebung und um Schloss Seehof bei Bamberg. Im Jahr 2000 eröffnete der Fischereibetrieb sein eigenes Restaurant, in dem die Fische aus eigener Aufzucht frisch zubereitet werden. Beispielsweise gibt es jede Woche eine andere Karpfenfilet-Variation. Seit 2011 hat der Hof auch einen Fischladen. Donnerstags, freitags und samstags kann man dort frisch geschlachtete Fische und Räucherfische kaufen.

Direkt angrenzend an "Die Fischerei" liegt gleich noch eine Gastwirtschaft: Das Landhotel und Gasthaus Polster gibt es seit 178 Jahren. Heute ist der Gastronomiebetrieb aufgeteilt in die "Polster-Stube", wo bodenständig-fränkisch gekocht wird, und ein Gourmet-Restaurant, das nach eigener Aussage eines der ersten in Mittelfranken war. Hier werden zur Jahreszeit passende Menüs serviert, in denen heimische Köstlichkeiten exotisch ergänzt werden. Das Haus wird mittlerweile in der achten Generation geführt: Johann Polster ist der Inhaber, Sohn Dominic der Küchenchef.

Wo die Straße Am Deckersweiher auf die Reitersbergstraße trifft, steht die ökumenische St.-Josefs-Kapelle. Kosbacher Bürger errichteten sie zum Gedenken an ihre 21 Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Eingeweiht wurde sie 1964. Der Kapellenbauverein kümmert sich um Pflege und Erhaltung. Wer sie besuchen möchte, muss vorher beim Verein nach dem Schlüssel fragen. Zum Dorfweiher hin ist die Kapelle verglast, bei gutem Wetter strahlt die untergehende Sonne durch die Fenster in den Innenraum.

Biegt man links ab, gelangt man nach knapp 200 Metern zum "Kosbacher Stad’l". Der aktive Bürgertreff entstand mit viel Eigeninitiative der Einwohner in den 1980er Jahren aus einer alten Scheune, die eigentlich hätte abgerissen werden sollen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, örtliches Brauchtum zu pflegen, überliefertes Kulturgut zu bewahren und das Engagement der Jugend zu wecken. Im Hof gibt es eine eigene Kegelbahn und einen Biergarten, in dem im August die Kosbacher Kerwa stattfindet.

Einen Backofen, der nach dem Vorbild der alten fränkischen Dorfbacköfen gebaut ist, findet man dort ebenfalls. Die Stad’l-Backgruppe bäckt zwischen April und Oktober einmal im Monat nach alter Art. Eine Woche vorher werden Zettel ausgehängt und jeder, der will, kann sich anmelden. Morgens wird der Teig vorbereitet, mittags schüren die Hobby-Bäcker den Ofen an und nachmittags kommen Brot oder Zwiebelkuchen bei 300 Grad in die Röhre. Ob das Brot fertig ist, wird per Klopftest ermittelt. Das bestellte Backwerk kann gegen einen Unkostenbeitrag abgeholt werden.

Und dann wäre da noch der Kosbacher Stad’l-Chor. Er hat sich seit seiner Gründung 1984 in Erlangen und darüber hinaus einen Namen gemacht: Er unterhält eine Chorpartnerschaft mit Jena und pflegt Erlangens Städtepartnerschaften auf musikalischer Ebene. Gesungen wird alles Mögliche – von Kirchenmusik über romantische Kunstlieder bis hin zu Popsongs.

Erinnerung an Mord

oder an ein Unglück

Zwei gute Restaurants

in direkter Nachbarschaft

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