Sozialkaufhaus mit Charme in Eckental

29.1.2017, 08:00 Uhr
Sozialkaufhaus mit Charme in Eckental

© Dieter Köchel

Die Idee dazu, erinnert sich Renate Kern, Leiterin des Sozialkaufhauses, hatte der damalige Landrat Eberhard Irlinger, der die Ansicht vertrat, dass in diesem Bereich auch im Landkreis-Osten etwas passieren müsse. Gesagt getan. Man wurde in Forth fündig, mietet das Haus der alten Bäckerei an. „Mit niedrigem Budget, einfachen Mittel und Langzeitarbeitslosen haben wir das Haus renoviert“, erzählt Kern. Immerhin einer war vom Baufach, kennt sich in Renovierungsfragen aus.

Herausgekommen ist ein Kaufhaus mit Charme, nicht zuletzt weil es über ein kleines Café verfügt, in dem mit rotem Samt bezogene Stühle zum Hinsetzen einladen. Hier gibt es nicht nur Tee, Kaffee und selbst gebackene Kuchen, hier wird jeden Werktag ein Mittagessen zu erschwinglichen Preisen angeboten, zum Beispiel Fleischküchle mit Kartoffelsalat für 4,50 Euro.

Reizvoll ist das Sozialkaufhaus auch, weil es nicht den Hallencharakter hat wie manch ähnliche Einrichtung, sondern kleinteilig gestaltet ist. Wie ein eigener kleiner Laden wirkt die Kinderabteilung, in der Baby- und Kinderbekleidung, aber auch Spielsachen feilgeboten werden.

Besonders stolz sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Renate Kern inklusive, auf die kleine Buchhandlung, in der man Bücher zwischen 50 Cents und zwei Euro erstehen kann, klassische Literatur und Krimis ebenso wie Kinderbücher und Schulbücher, aber auch Schallplatten kann man hier erstehen. Auch eine kleine Schmökerecke gibt es.

Auch Schnäppchenjäger

Und natürlich findet man im Sozialkaufhaus auch alles, was man benötigt, um einen Hausstand zu gründen oder zu ergänzen: angefangen vom Bett über Schränke, Stühle, Tische, Sofas bis hin zu diversen Elektrogeräten und natürlich Töpfe und Geschirr.

Vor allem Menschen mit kleinem Geldbeutel kommen ins Sozialkaufhaus, „aber auch immer wieder Sammler und Schnäppchenjäger“ lacht Kern. Sie ist von Anfang an dabei gewesen und hat in den vergangenen zehn Jahren viel erlebt, mit Kunden und mit Mitarbeitern.

Die meisten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht via ersten Arbeitsmarkt hier. Vielmehr sind es Langzeitarbeitslose, die hier den Weg zurück in die Arbeitswelt suchen; auch Menschen mit Suchthintergrund, die hier lernen, ihren Lebens- alltag neu zu strukturieren.

Es gab auch Jugendintegrationsmaßnahmen (Jim) sowie Leute, die zum Clearing da waren, im Sozialkaufhaus. „Menschen mit momentanen Krisen finden in der Gemeinschaft neue Kraft.“ Das hat Renate Kern mehr als einmal erlebt. Und sie lernen, zum Beispiel Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen, selbstständig Behördengänge zu erledigen.

Dabei gab es immer wieder auch Erfolge, mit den im Durchschnitt 15 bis 25 Beschäftigten in geschützter Arbeit. „Bis vor einigen Jahren haben wir rund 30 Prozent der Mitarbeiter wieder in feste Beschäftigungsverhältnisse gebracht“, schildert sie, derzeit sei die Arbeitsmarktlage anders.

Besonders freut sich Renate Kern, dass „wir ein Kaufhaus-Kind haben“. Ein junges Paar, das sich bei der Arbeit im Sozialkaufhaus kennen gelernt hat, inzwischen längst auf eigenen Füßen steht, hat sich eine Wohnung im Obergeschoss des Kaufhauses gemietet — und inzwischen ein fünfjähriges Kind.

Überhaupt ist es vor allem das „Menscheln“, das soziale Miteinander, das ihr die Arbeit so wichtig macht, sagt Kern. Das wird ihr vielfach bestätigt, wenn Ehemalige vorbeischauen, — „und wenn’s bloß auf eine Tasse Kaffee ist“.

Natürlich muss sich das Sozialkaufhaus auch rechnen, das heißt selbst tragen. Anfangs war das etwas schwierig, aber inzwischen klappt das, bekräftigt Renate Kern.

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