Tollhaus und Dialekt aus Erlangen

6.10.2017, 10:00 Uhr
Tollhaus und Dialekt aus Erlangen

Das "literarische Panoptikum", wie Gasseleder seine Edition betitelt, versammelt bekannte (wie Oskar Panizza, Ludwig Börne oder den unverwüstlichen Friedrich Rückert) und weniger bekannte Autoren in nicht weniger als 107 Beiträgen – darunter sind auch einige Zeichnungen von Linde Unrein oder Collagen von Richard Wall.

Was den Almanach so bekömmlich macht ist die gelungene Mischung aus ziemlich ernsthaften und ziemlich unernsthaften Gedanken und Beiträgen und die daraus entstehende Fallhöhe. Dies gilt auch für die vielen literarischen Vignetten, die Gasseleder einstreut — beispielsweise bei der Überleitung zu "gastropoetischen Gedanken", darunter auch von Jean Paul über den ursprünglichen Zusammenhang von Essen und Dichten.

So lässt er einen unbekannten Verfasser zu Wort kommen, wenn er zitiert: "Ein echter Gastropoet reiße sich den Lorbeerkranz vom Haupt, zupfe ein paar Blätter davon ab und gebe sie der Suppe bei." Man sieht: Über das Essen in der Küche kann auch mit der Feder entschieden werden. Eine anschließende Betrachtung zum Wurstsalat in seinen verschiedenen Varianten ist ebenso köstlich wie der Wurstsalat selbst, und wenn sich der Herausgeber abschließend von bajuwarisch-chauvinistischen Tendenzen des Textes distanziert, dann nur, um auch regionalen Rezepten die Reverenz zu erweisen.

Gasseleder lässt wissen, dass dieser Tage das garantiert letzte (reine) Mundartbuch mit dem Titel "dandaradei" von ihm erscheint, wobei diesmal der Autor auch auf einer CD zu hören sei. Darin versammelt er "das Beste aus 30 Jahren Poetisierens im unterfränkischen Dialekt", wie er ankündigt, sein Rezept: "Man nehme je ein Drittel Humor, Scharf- und Hintersinn, rühre kräftig um, würze mit einer Prise Wortwitz, garniere mit reichlich Buchstabensalat — und fertig ist das Dandaradei."

Seinem Rundbrief — bestellbar über klaus.gasselder@t-online.de — will Gasseleder künftig eine "Dummheit des Monats" dokumentarisch beifügen. Diesmal geht es um ein Stück aus dem (Berliner) Tollhaus, wo unter der Fahne der Geschlechtergerechtigkeit und political correctness ein auf einer Wand verewigtes Gedicht von Eugen Gomringer von Studierenden als "frauenfeindlich" diffamiert wird und "im Kontext einer patriarchalen Kunsttradition" gesehen wird.

Das (in Spanisch) verfasste Gedicht, das in der Tat eine Verbeugung vor der Schönheit von Frauen darstellt, ist schlicht ein Stück (konkrete) Literatur, und Klaus Gasseleder ist zuzustimmen, dass der Vorwurf ein rechter Unsinn ist.

ZKlaus Gasseleder: Wildleser Almanach 2, erhältich im Buchhandel, ISBN 978-3-923611-73-7, 10 Euro; ders.: dandaradei. Hardcover, 160 Seiten, 19,90 Euro, ISBN: 978-3-947335-00-8, Die CD gibt’s bei www.baff-records.com

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