Tötung auf Verlangen in Franken: "Habe es aus Liebe getan"

14.2.2019, 18:00 Uhr
Tötung auf Verlangen in Franken:

© Ulrich Schuster

"Ich habe es so gewollt" - in einem Abschiedsbrief vom 21. September 2018 betont Bernd S. seinen Wunsch nach Freitod, später wird eine Obduktion bestätigen, dass er unheilbar krank war.

Fünf Monate später sitzt Renate S. (Namen der Betroffenen geändert) mit ihrem Rechtsanwalt Felix von Pierer im Amtsgericht Erlangen und muss sich wegen Tötung auf Verlangen verantworten.

"Ich habe es aus Liebe getan", wird sie vor der Urteilsverkündung erklären. Tränen stehen in ihren Augen, sie ringt um Fassung, doch wahrt die Haltung. An jenem Abend hielt sie ihrem Ex- Mann eine Pistole an die Stirn und drückte ab.

"Ich hatte ihm versprochen, ihm zu helfen. Ich habe mich betrunken – dann habe ich es getan", sagt die Angeklagte. Bernd S. war unheilbar krank, er litt unter einer Leberzirrhose, auch ohne die Tat von Renate S. hätte er wohl Weihnachten nicht mehr erlebt. Ein Entlassungsbericht der Universitätsklinik Erlangen hielt am 22. August 2018 fest, dass ein ausführliches Gespräch über seine Leber geführt worden sei, der Patient eine Transplantation ablehne.

Mann wog nur noch 40 Kilo

Im Jahr 2016 hatten Bernd und Renate S. geheiratet, sie kannten sich gerade sechs Monate. Die Ehe scheiterte 2017. "Ich liebe den Mann bis heute", sagt Renate S., als Staatanwalt Peter Adelhardt den Straftatbestand Tötung auf Verlangen anführt. Sie nickt. Es stimme schon alles, was ihr der Ankläger vorwirft. Doch aus ihrer Sicht hat sie ihren geliebten Ex-Mann aus allerhöchster Not gerettet.

Er selbst, der nur noch 40 Kilo wog und dessen Körper von etwa zehn Liter Wassereinlagerungen malträtiert wurde, hätte nicht mehr selbst Hand an sich legen können. "Ich habe seine Schmerzen nicht mehr ertragen und wollte ihm helfen", sagt sie, die einen Berufsabschluss als Pflegehelferin hat.

Frau bekommt Freiheitsstrafe auf Bewährung

Wie soll man jemanden wie Renate S. bestrafen? Im Gegensatz zur Rechtsprechung in Holland ist aktive Sterbehilfe in Deutschland unter Strafe gestellt, strafbar ist schon der Versuch. Der Strafrahmen für Tötung auf Verlangen liegt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Was aber macht man mit einer Frau, die sich selbst das größte Leid zufügte, indem sie den innigsten Wunsch ihres geliebten Mannes erfüllt und ihn umbringt?

Es ist eine Tragödie, sind sich Ankläger und Verteidiger einig, doch um einen Schuldspruch kommt das Schöffengericht des Amtsgerichts Erlangen nicht herum: Sie habe schließlich einen Menschen getötet, dies könne nicht mit zwei bis drei Monaten abgetan werden, sagt Richter Wolfgang Gallasch. Das Gericht verhängt eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe und setzt diese zur Bewährung aus. Als Bewährungsauflage muss Renate S. 800 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.