Über allen Ideen kreist der Pleitegeier

11.3.2011, 13:00 Uhr
Über allen Ideen kreist der Pleitegeier

© Böhner

Zu gerne hätte Moderator Walter Fellermeier (BLSV) von den Diskutanten – den Fraktionsvorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Parteien – gehört, dass sie die zehnprozentige Kürzung der Übungsleiterzuschüsse zurücknehmen. „Die Belastungsgrenze für die Vereine ist erreicht“, sagte er. Nur 100.000 Euro seien für diese Zuschüsse noch übrig, so Fellermeier. Das mache in Erlangen gerade einmal zehn Euro pro Übungsleiter. Den Gefallen taten ihm seine Gäste auf dem Podium aber nicht: Bürgermeister Gerd Lohwasser verwies auf den Teil der Sportförderung der nicht gekürzt wurde, etwa Ehrungen, Sportbegegnungen oder den Unterhalt der Jahnhalle. „Niemand will dem Sport schaden, aber Offenheit ist jetzt wichtiger als falsche Versprechungen.“

Finanzen bleiben kritisch

„Wenn man dem Sport etwas Gutes tun will, dann braucht man einen genehmigungsfähigen Haushalt“, meinte Frank Höppel (ÖDP/FWG). Denn wenn die Regierung diesen beanstande, dann kürze sie zuallererst bei den freiwilligen Leistungen. Und das würde den Sport deutlich mehr treffen. Die Finanzlage bleibe kritisch, sagte auch der stellvertretende CSU-Fraktionschef Peter Ruthe. So werde die 400 Mio. Euro Kartellstrafe gegen Siemens den Unternehmensgewinn und damit die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt reduzieren. „Wo nichts ist kann man nichts verteilen“, warf Linken-Chef Eckart Wangerin ein und verwies auf die Bundespolitik, die die Finanzmisere verursacht habe. Nur Florian Janik (SPD) hält die Sportkürzungen für falsch und kritisierte das teure Medizinmuseum, das die Stadt für Siemens hinstelle und den sehr schnellen Ausbau des Adenauerrings („Straße durchs Nirgendwo“). „Die Frage ist, ob man sich solche Projekte leisten muss.“

Über allen Ideen kreist der Pleitegeier

© Draminski



Susanne Lender-Cassens (Grüne Liste) forderte die Vereine auf, ihre Angebote zu überdenken, um die schwach vertretene Generation der 26- bis 41-Jährigen an sich zu binden („Mehr Gesundheitssport“). Damit brachte sie viele Sportfunktionäre – eigentlich waren fast nur Funktionäre bei der erschreckend schwach besuchten Veranstaltung zugegen – in Rage, die ihre jahrzehntelange Arbeit in Verruf gebracht sahen.

Alarmierende Situation

Auch die Diskussion um die Erlanger Bäder drehte sich um die Finanzen. Die Situation sei alarmierend, so der zweite Moderator Werner Hummert (Sportverband). Abgesehen vom sanierten Röthelheimbad gebe es keine guten Nachrichten: Es sei weder eine Sanierung des Freibades West noch ein Bau eines Hallenbades dort zu erwarten, und dem Frankenhof drohe die Schließung, falls eine größere Reparatur anstehe.

Gerd Lohwasser und auch SPD-Mann Janik verwiesen hier aber auf die bevorstehende Übernahme der Bäder durch die Stadtwerke, die auch schon entsprechende Pläne bereit liegen hätten, wenn Reparatur- oder Sanierungsmaßnahmen anstünden. Sie sind zuversichtlich, was den Erhalt der Bäder und ein zusätzliches Hallenbad angeht. Sogar in Sachen Sprungturm könne man sich etwas einfallen lassen.

Bei den Bädern oder der Frage nach einem Ausbau der Hiersemannhalle für den Zweitliga-Handball wurde deutlich, dass die Fraktionschefs wenig mit den Sportthemen befasst sind. So mussten vor allem Lender-Cassens und Wangerin ein ums andere Mal passen und auf ihre sportpolitischen Sprecher verweisen, die mehr Ahnung hätten. Die habe man aber bewusst nicht eingeladen, stellte Sportverbandschef Robert Thaler am Ende der Diskussion klar, um auch einmal den anderen Parteiebenen die Augen für die sportlichen Belange zu öffnen. Der Diskussion tat das allerdings weniger gut.

Wunsch oder Wirklichkeit?

Insgesamt litt die Veranstaltung darunter, dass alle Themen angesichts der Haushaltslage eigentlich schwer diskutierbar waren. Wunsch und Wirklichkeit klaffen derzeit zu weit auseinander. Etwa auch, was die Versorgung des Stadtwestens und des Röthelheimparks mit weiteren Sportstätten angeht. Weder Stadt noch Vereine können sich Baumaßnahmen leisten.

So wäre es sinnvoller gewesen, nach machbaren Lösungen zu forschen, statt derzeit nicht umsetzbaren Forderungen nachzutrauern. Das gelang bei den Themen Ehrenamt, Jugend- und Seniorenarbeit, wo doch die eine oder andere Idee formuliert wurde – etwa Kooperationen von Vereinen mit Ganztagsschulen, was auch der BLSV unterstützt. Es ging zudem um Gesprächsrunden, die das Bewusstsein der Unternehmen für das Ehrenamtsengagement ihrer Mitarbeiter wecken sollen. Die Forderungen der Vereine sind in Sachen Ehrenamt gar nicht finanzieller Natur: „Den Nutznießern muss bewusst sein, welche Arbeit hinter dem moderaten Preis steckt, zu dem im Verein Sport angeboten wird“, hieß es aus dem Publikum.