Von Kanada bis Mexiko und wieder zurück

4.4.2018, 18:00 Uhr
Von Kanada bis Mexiko und wieder zurück

© Grünthaler

Für das Ehepaar ist diese Gewalttour freilich vergleichsweise harmlos. Früher hatten sie nämlich die USA und Kanada noch um Australien und Neuseeland ergänzt, waren insgesamt drei Jahre und 93 000 Kilometer "on the road" gewesen. Ihr 2003 erstmals bei demselben Verlag erschienener "Fernweh-Schmöker" mit dem Titel "Tausend Tage Wohnmobil" hat sich in der Zwischenzeit zu einem Longseller entwickelt und verkauft sich in der mittlerweile dritten Auflage nach wie vor prima.

Die Sehnsucht nach der großen weiten Welt wurde bei Peter Grünthaler vermutlich in die DNA mit eingebaut. Sein Vater war als 18-Jähriger nach Nordamerika ausgewandert, bevor er später wieder nach Deutschland zurückkehrte.

Als sich Peter und Hildegard Grünthaler vor 52 Jahren kennenlernten, erzählte er ihr gleich bei der ersten Begegnung von seinem Traum: An seinem 50. Geburtstag über die 2737 Meter lange Golden Gate Bridge bei San Francisco laufen. Inzwischen geht Peter auf seinen 77. Geburtstag zu und hat sich seinen Wunsch natürlich längst erfüllt — exakt an dem vorgenommenen Datum.

Nachdem die beiden für ihre dreijährige Reise das Wohnmobil von Bremerhaven nach Amerika verschifft hatten, studierten sie diesmal zunächst nächtelang Angebote aus den USA und Kanada. Danach stand fest: "Wir probieren erneut, auf eigenen Rädern dahinzurollen." Der Transport über den Atlantik kostet nämlich lediglich so viel wie das vierwöchige Mieten eines Wohnmobils — das Geld für die restlichen 48,5 Wochen des Jahres bleibt für die Bordkasse. Hinzu kommt, dass die amerikanischen Modelle wesentlich mehr Sprit schlucken als die europäischen.

Von Kanada bis Mexiko und wieder zurück

© Grünthaler

Mit dem deutschen Kennzeichen erregten die Eckentaler entsprechendes Aufsehen. Nicht selten wurden sie gefragt, ob sie den ganzen Weg von "good old germany" bis zur "neuen Welt" gefahren seien. Hildegard Grünthaler: "Wir erklärten dann freundlich, dass da schon noch ein Meer dazwischenliegt."

Das Paar begleitete die Groenendael-Hündin Eyleen, die von den schneebedeckten Gipfeln und den zerklüfteten Tälern nicht minder beeindruckt war. "Sie setzte sich an den Rastplätzen oft wie wir neben das Gefährt und ließ einfach die Landschaft auf sich wirken", erzählt Peter Grünthaler. Geduldig ertrug Eyleen die zahlreichen Schlaglöcher in Baja California und überstand auch die Auseinandersetzung mit einem Stachelschwein, wartete vertrauensvoll, bis ihr Frauchen mit der Pinzette auch den letzten Stachel aus der blutenden Schnauze gezogen hatte.

Ausgangspunkt des Rundkurses war die kanadische Hafenstadt Halifax, von wo es am Sankt-Lorenz-Strom und den Großen Seen entlang über Winnipeg zu den Rocky Mountains, der Goldgräberstadt Dawson und an den Golf von Alaska ging.

Den weiten Weg von dort Richtung Süden bis nach La Paz am Golf von Californien in Mexiko legte das Trio nicht an der Pazifikküste, sondern weiter im Landesinnern zurück. "Wir wollten Stationen anfahren, die wir noch nicht kannten. Außerdem bevorzugen wir Strecken, auf denen wenig los ist," so Peter Grünthaler.

Wildnis pur

Das gilt auch für die Übernachtungsplätze. "Es gibt nichts Schöneres, als einen einsamen See, wo nur gelegentlich ein Fisch gluckst." Vor Überfällen ist man dort gleichfalls ziemlich sicher — na ja, wenn nicht gerade ein Grizzly nach der Fischmahlzeit noch auf einen Happen Honig scharf ist.

Auch auf der Asphalt- oder Schotterpiste muss man aufpassen, keinem Koloss in die Quere zu kommen. Neben Bären kreuzen in den nördlicheren Gefilden Elche, Karibus oder Dallschafe nicht selten die Fahrbahn.

Bedenklich stimmte die Eckentaler sowohl der Rückgang der Gletscher, der an Markierungen genau abzulesen ist, als auch des Wasserspiegels am Lake Powell. An dessen Ufer stellte ein Sandsturm eine zusätzliche Herausforderung dar.

Dass in Tombstone an der Grenze von Arizona und Mexiko die Hauptstraße generell gesperrt ist, hat einen besonderen Grund: Alle paar Minuten findet auf ihr für die Touristen ein Gunfight statt. In der Stadt, die laut Eigenwerbung "zu hartnäckig ist, um zu sterben", lieferten sich einst Wyatt Earp, Doc Holiday und die Clanton-Bande eine legendäre Schießerei.

Gut bewacht

Über El Paso, San Antonio, Houston und durch die Appalachen führte der Weg schließlich zurück nach Halifax. Wenn sie nicht in der Natur übernachteten, bevorzugten die Eckentaler Parkplätze einer amerikanischen Supermarktkette, die von Security-Männern überwacht werden. Hildegard Grünthaler: "Insgesamt fühlten wir uns sicherer als in Europa. Die verrufenen Viertel sollte man allerdings besser umkurven."

So weit man in Amerika freilich auch reist, ein Brot von fränkischer Qualität ist partout nicht zu finden. Deshalb war ein Backofen neben Solarzellen und großen Wassertanks wichtiger Bestandteil der Ausstattung des Wohnmobils. Als Hilfe zur Selbsthilfe hat die 68-Jährige ein Rezept für einen knusprigen Laib auf der Homepage www.wohnmobil-weltreise.de veröffentlicht. Ihr 194-seitiges, mit zahlreichen Fotos illustriertes Buch "On the road" verfügt über einen umfangreichen Informationsteil mit wertvollen Tipps für Gleichgesinnte. Es kostet 10,90 Euro und hat die ISBN-Nummer 978-3-86686-580-8.

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