Wird aus Ostern das kleine Weihnachten?

19.4.2014, 06:00 Uhr
Wird aus Ostern das kleine Weihnachten?

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Herr Huschke, eine Elektrokette wirbt gerade mit einem 0-Piepen-Osterpaket, ein hiesiges Wäschehaus gewährt Osterrabatte. Was sagt der Theologe zu dieser zunehmenden Kommerzialisierung von Ostern?

Peter Huschke:
Mir wird als Theologe bei diesem Gebrauch — ich sage bewusst nicht Missbrauch – von österlichen Symbolen deutlich, wie nahe Gott dem Alltag von uns Menschen durch die Geburt, durch das Leben und den Tod und die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus gekommen ist. Gott hat sich ganz in unsere Welt hineinbegeben. Er hat sich damit auch möglichen Missverständnissen und möglichem Missbrauch seiner Person und der mit ihm und seinem Sohn verbundenen Symbole ausgesetzt.

Die Alternative wäre aber nur, dass Gott sich nicht auf unseren Alltag einlässt und in großer Distanz zu uns bleibt. Ich bin aber froh, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist und die Nähe zu unserm Alltag durch seinen Sohn Jesus als Mensch gefunden hat – auch wenn das zu den von Ihnen gestellten Anfragen immer geführt hat und führen wird.

Wie groß ist die Gefahr, dass Ostern so entleert wird, dass nur noch Schokoladenhasen übrig bleiben?

Peter Huschke:
Diese Gefahr besteht dann, wenn der Schokoladenosterhase nicht mehr mit dem Osterfest und der Erzählung von Jesu Auferstehung verbunden wird. Solange der Osterhase als Symbol für neu werdendes Leben verstanden werden kann, Menschen Osterlieder singen und von Jesu Auferstehung erzählen, kann der Osterhase für mich Ausdruck österlicher Freude sein und bleiben. Manchmal muss der Osterhase das freilich auch wieder neu werden. Oft – und derzeit immer mehr - ist nämlich dieser Zusammenhang zwischen neu werdendem Leben und der Auferstehung Jesu Christi an Ostern und dem Osterhasen eben nicht mehr deutlich.

Was bedeutet diese Sinnentleerung aus theologischer Sicht?

Peter Huschke:
Sie bedeutet für mich den Auftrag an uns als Christinnen und Christen und als Kirchengemeinden, dass wir den Zusammenhang zwischen dem Osterhasen und der Auferstehung Jesu durch Gottesdienste, durch Kirchenmusik, durch Ausstellungen und das Weitererzählen der Ostergeschichte wieder für Menschen erkennbar werden lassen müssen. Dann können die Menschen selber entscheiden, was Ostern für sie bedeutet.

Fürchten Sie, dass mit der Kommerzialisierung christlicher Feste wie Weihnachten und Ostern auch eine Banalisierung christlicher Werte einhergeht?

Peter Huschke:
Die Gefahr besteht natürlich. Auch hier geht es darum, möglichst viele Menschen miterleben zu lassen: Die Weihnachtsfreude – auch die Freude über die Geschenke – wird nur intensiver, wenn ich mich an Weihnachten über das Kommen und die Nähe Gottes zu uns Menschen freuen kann, und mich daran erinnere, dass Gott zu uns Menschen kommt, damit wir uns alle zusammen als seine geliebten Kinder erleben und miteinander aus dieser Liebe in weihnachtlichem Frieden leben dürfen und deswegen mit allen Geschenken und gutem Essen nach dem gemeinsamen Gottesdienst dieser Freude bei uns Ausdruck verleihen. Auch die Osterhasen bekommen erst ihren eigentlichen Geschmack, wenn ich mich da auch freuen kann, dass Gott die Toten, um die ich trauere, weiter begleitet und ich für mich und für diese Toten hoffen kann, dass es für uns nach unserem Tod noch weiter geht, wie wir es an Ostern von Jesus Christus erzählen und in unsern Gottesdiensten feiern.

Ein Soziologe meinte einmal spöttisch: Der Handel dankt dem Karfreitag und der Auferstehung. Wie sehen Sie das als Theologe?

Peter Huschke:
Damit unterstellt der Soziologe dem Handel, dass er entweder zu dumm oder zu unwillig ist, nicht bei aller nachvollziehbarer Freude über gesteigerten Umsatz auch die Bedeutung von Karfreitag und Ostern für viele Menschen, die bei ihnen kaufen, und vielleicht ja auch für die Handel Betreibenden selber, zu erkennen. Da kenne ich – Gott sei Dank – einige Gegenbeispiele; auch solche, die sich nicht unbedingt als Christen bezeichnen würden. Es danken da durchaus einige nicht nur für den Umsatz vor Ostern. An Karfreitag genießen zum Beispiel nicht wenige Menschen die stille Zeit, die da nicht nur für Christen angeboten wird.

Muss man dem Handel nicht noch dankbar sein, dass er überhaupt noch an christliche Feste wie Weihnachten und Ostern erinnert?

Peter Huschke:
Wenn es dazu führt, dass die Flut an Einkaufsangeboten Menschen dazu bringt, über Ostern und Weihnachten nachzudenken und sich den riesigen Reichtum bewusst zu machen, mit dem wir verantwortlich umzugehen haben, dann könnte das in der Tat zu einem vertieften Verständnis von Weihnachten und Ostern führen: Menschen würden dann wieder mehr Gott in den Blick nehmen und anhand von Ereignissen in Jesu Leben, die wir an Ostern und Weihnachten feiern, über ihr eigenes Leben nachdenken.

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