Zehn Stunden Zerstörung: Brücke an A3 abgerissen

25.2.2018, 15:30 Uhr
Zehn Stunden lang wurde in der Nacht auf Sonntag an der A3 eine Brücke in ihre Einzelteile zerlegt.

© Torsten Hanspach Zehn Stunden lang wurde in der Nacht auf Sonntag an der A3 eine Brücke in ihre Einzelteile zerlegt.

Der große Lärm beginnt mit absoluter Stille. Dort, wo eben noch zahllose Lastwagen und Autos mit ihrem vorbeifliegenden Motorenlärm durch die kalte, pechschwarze Nacht schossen, herrscht jetzt gähnende Leere. Als hätte irgendjemand den Verkehrsfluss einfach abgedreht wie einen Wasserhahn.

Ein paar tausend Meter die Straße hinauf und hinab stehen Baustellenfahrzeuge, wild zucken ihre orangenen Blinklichter die Böschungen hinauf. Die Autobahndirektion Nordbayern hat die Autobahn drei in dieser Nacht auf Sonntag für zehn Stunden komplett gesperrt. Von 22 bis 8 Uhr am nächsten Morgen gehört das Teilstück einer Armada von furchteinflößenden Baggern.

Daher keine Lichtkegel mehr, die immerwährend auftauchen am Horizont, größer werden, vorbeischießen und als kleine, rote Rücklichter in der Unendlichkeit Abschied nehmen. Alles, was man in diesem stillen Moment hören kann ein paar Meter über der A 3 ist der eisige Wind, der die Winterkälte durch jede Öffnung der Jacke drücken möchte.

Dann kriechen als erstes Lastwagen heran, schwer beladen bis obenhin mit dunklem Sand. Die Fahrbahn, über die eben noch Pendler nach Hause jagten, Geschäftsleute dem nächsten Termin, Spediteure ihren Empfängern entgegen und sicher auch Verliebte auf dem Weg zu einer aufregenden Nacht, wird jetzt zugedeckt. Eine meterdicke Schutzschicht aus Sand, ein Mantel für den Asphalt, damit ihn die scharfen Kanten und Ketten der Raupen, die mit laufenden Motoren und gleißend hellen Scheinwerfern bereit stehen, nicht genauso zerstückeln, wie die Fußgängerbrücke, die zum Abriss auserkoren wurde. Tonnenweise nackter, kalter Stahlbeton, der mit zunehmendem Treiben auf seltsame Weise lebendig zu werden scheint, ein Herz, eine Seele entwickelt, der es gnadenlos und bis zum finalen Einsturz gleich an den Kragen gehen wird.

Nichts mehr wird, wenn die Sonne wieder aufgeht über Erlangen, noch an die einigen Meter Brücke erinnern, die jahrzehntelang still bei Wind und Wetter dazu diente, gefahrlos Menschen über die vier Spuren Schnellstraße zu transportieren.

Wie ein Endzeit-Horrorfilm

Seit Jahren wird die A 3 von vier auf sechs Spuren erweitert, der Verkehr soll es erforderlich machen. Doch durch manche Nadelöhre passt er einfach nicht durch. Drei Brücken gibt es in Erlangen deshalb zu erneuern. Erst im Januar ging es an einer anderen Stelle genauso wild her: Zerstörung bis zum bitteren Ende.

Wie in einem dieser verstörenden Endzeit-Horrorfilme kriechen dann endlich quälend langsam die Hydraulik-Bagger heran. Man meint sie fast grinsen zu sehen, hätten sie Münder. Brummende Ungetüme, bewaffnet am beweglichen Arm mit Schlagbohraufsätzen und mächtigem Beißwerkzeug.

Das schiebt sich wie ein aus der Zeit gefallenes Urtier zu erst hinauf ans Stahl-Geländer, schnappt die Streben beinahe lächerlich leicht aus der Verankerung und wirft sie – gemäß der Mülltrennung – krachend in Recyclingcontainer.

Nichts bleibt zurück

Seine Freunde haben unterdessen begonnen, die spitzen Bohrhammer in den Stahlbeton zu jagen. Mit blechernem Hämmern nagen die Maschinen von beiden Seiten an der Brücke wie Raubtiere mit unbändigem Appetit an einem gerissenen Wild. Immer wieder stürzen gelöste Betonbrocken in die Tiefe, bald ragen freigelegte Stahldrähte wie ungekämmte Haare kreuz und quer in die Dunkelheit.

Irgendwann in dieser Nacht wird sie gar verspeist sein, die kleine Brücke, ihre Brocken zusammengeräumt, die Bagger sattgefressen in ihre Garagen fahren und der Sand zurück in die Laster geschaufelt sein.

Wenn zuletzt auch die Baumaschinen die Straße wieder freigegeben haben, kehrt er zurück, der Verkehr und mit ihm die Laster, die Autos, die Pendler, die Geschäftsleute und die Verliebten. An das archaische Geschehen der Nacht wird nichts erinnern, außer volle Recyclingcontainer und ein paar Zeilen in der Lokalzeitung.

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