Fastnacht in Franken: Horst in der Trotzphase

22.2.2014, 11:47 Uhr
Ministerpräsident Horst Seehofer und sein „Königskind“ Markus Söder als Filmfigur Shrek.

Ministerpräsident Horst Seehofer und sein „Königskind“ Markus Söder als Filmfigur Shrek.

Die über 400 Narren in ihrer bunten Maschkera, darunter schicke Cancan-Tänzerinnen, Familie Feuerstein und ein Waltraud-und-Mariechen-Double, strömen über eine provisorische Holztreppe nach oben. Im Foyer hängen Kabel aus Wänden und Decken, fehlen Verkleidungen, Leuchter und Spiegel. Immerhin: Dem bayerischen Kabinett wird in der kahlen Vorhalle der rote Teppich ausgerollt.

Der neue Justizminister Winfried Bausback als Freibeuter, Finanzminister Markus Söder als Shrek oder Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die als Karl Valentin erscheint, schreiten ehrfürchtig darüber und üben das unschuldige Lächeln. Es wird ihnen später schwerfallen.

Die Mainfrankensäle werden für 13 Millionen Euro runderneuert und sind bis zur Live-Übertragung der Kultsendung aus Franken nicht komplett fertig geworden. Der Fernsehzuschauer indes bekommt davon kaum etwas mit. Im großen Saal gaukeln bunt bemalte Kulissenbilder auf der Bühne und den Galerien Rokoko-Pracht wie seit 25 Jahren vor, selbst die Kameras des BR tragen goldene Girlanden.

Neuschwanstein macht dicht

Oti Schmelzer als fränkischer Schotte und Verteidiger des Steigerwalds.

Oti Schmelzer als fränkischer Schotte und Verteidiger des Steigerwalds.

Und trotzdem, wer genau hinsieht, bemerkt die feinen Veränderungen, nicht nur in der Optik. Sitzungspräsident Bernd Händel fackelt diesmal nicht lange und macht klar, wen die spitzen Pfeile der Politsatire treffen werden. Von „Eurer Durchlaucht“ Horst Seehofer will er wissen, ob der bei seiner Vereidigung den Satz „So wahr ICH Gott helfe“ gesagt habe. Aus der Entourage des Ministerpräsidenten habe man erfahren, dass Seehofer Schloss Neuschwanstein schließen wird — „wegen Eigenbedarfs“.

Für Oliver Tissot, Meister der Wortklauberei aus Nürnberg, ein eindeutiger Fall von „Tote Hose“: Der „Totale-Erfolgs-Horst-Seehofer“ sorge dafür, dass alles, was „viel Wirbel macht, weit weg muss“. Dazu zählt er neben den Windrädern, die jetzt Abstand zu den Bürgern halten sollen, auch Markus Söder. Der Finanzminister hat bekanntlich ein eigenes Heimatministerium in Nürnberg erhalten. Hier solle er sich um die Breitbandverkabelung kümmern und werde dem Volk als „der mit der langen Leitung“ in Erinnerung bleiben.

Peter Kuhn, der Büttenredner mit dem scharfen Verstand und der spitzen Zunge von der Schwarzen Elf in Schweinfurt, seziert die Bundespolitik um Mama Merkel und ruft „Anmeldewochen im Kindergarten“ aus. „Horst ist noch in der Trotzphase. Da hält die Mutti sehr viel aus!“

Der gelernte Gärtner und Winzer Otmar „Oti“ Schmelzer aus dem Steigerwald im fränkischen Schottenrock sorgt mit seinen Gstanzln für Gequietsche im Publikum, wie es sonst nur die Fürther Komiker Volker Heißmann und Martin Rassau hervorbringen.

Deren Nummer mit dem nicht klappen wollenden Werbespot(t) ist genial, wenn auch der frivole Trick mit der Wurst nicht zu den taufrischen zählt. Das Publikum grölt, nur die Politiker glucksen, denn sie werden dabei gehörig rasiert. Selbst ihr Fürther Landsmann und neuer Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt muss herhalten. Er könne eine Kuh nicht von einem Pferd unterscheiden, unkt Werbeberater Rassau.

Eine Glanzleistung: Bauchredner Sebastian Reich alias Pierre Ruby bezaubert mit seiner Nilpferddame Amanda, die als Königin von Bayern Seehofer (in roter Fliege) die Regentschaft streitig machen will.

Während drinnen die Lachsalven donnern, laufen sich draußen die Tänzerinnen der Garden warm. Die Nürnberger Buchnesia ist amtierender Deutscher Meister im Gardetanz. Mächtig nervös sei man jetzt, sagt Kerstin Heller (30), die ihr fünfjähriges Töchterchen zur Oma gebracht hat, ehe sie nach Veitshöchheim gefahren ist. Doch die Show klappt dann perfekt, das Publikum honoriert die gekonnte Akrobatik als Abwechslung zur geistigen Hochleistung.

Michl Müller macht als „Dreggsagg aus der Rhön“ seinem Namen alle Ehre und bringt mit seinem rasanten Beitrag als listiger Fitnessstudio-Besucher-Beobachter die Halle in Wallung. Der BR und der Fastnachtsverband Franken haben die Darbietungen wohltuend gestrafft, dazu Neues, wie die Supernarren „Die scho widdä“, ins Programm genommen. Sie segeln damit weiter auf (Quoten-)Erfolgskurs.

Einer der unbestrittenen Höhepunkte des Abends sind die Lästermäuler der Altneihauser Feierwehrkapell’n um Kommandant Norbert Neugirg, die furios loslegen und sich hier im „Uganda von Bayern“ gruseln. Selbst für den Frankenwein-Bocksbeutel haben sie nur Ätzendes parat: „In Ursprung und Geschmack ist’s vom Ziegenbock der Sack...“ Sie empfehlen stattdessen Oberpfälzer Zoigl-Bier, auch geeignet, um den Geburtenrückgang zu stoppen. Kaum eine Verhütungsmethode hält offenbar dem scharfem Gebräu stand.

Am Ende rupfen auch sie das Kabinett: „Die CSU regiert in manchem Nest in Bayern ja schon seit der Pest. Und in der Oberpfalz ist nicht ganz klar, ob die Pest nicht besser war.“

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