Finnland im Kleinformat: Das Oberpfälzer Seenland

18.7.2016, 19:21 Uhr
Finnland im Kleinformat: Das Oberpfälzer Seenland

© Zweckverband Oberpfälzer Seenland

Andreas Schuster wollte im Jahr 1800 eigentlich nur einen Brunnen vor seinem Haus graben. Statt auf Wasser stieß der Wackersdorfer Schneidermeister jedoch auf einen Kohleflöz und sorgte damit quasi für die Geburtsstunde des Braunkohleabbaus in seiner Region. In den 1930er Jahren kam die Förderung richtig in Schwung, zeitweise standen über 20.000 Menschen bei der Bayerischen Braunkohl-Industrie AG in Lohn und Brot.

Heute sind nur noch einige kleine oberirdische Flöze bei Wackersdorf sichtbar, denn im September 1982 wurde die Förderung eingestellt. Die Bestände waren weitgehend erschöpft, außerdem rechnete sich der Abbau aufgrund der billigeren Importkohle nicht mehr.

Was tun mit den an eine Mondlandschaft erinnernden Wunden, welche die Bagger in die Landschaft gerissen hatten? Im Zuge eines Renaturierungskonzepts wurden die stillgelegten Gruben fast 15 Jahre lang geflutet. Zum großen Teil sorgten das Grundwasser und die Niederschläge dafür, dass in diesem Gebiet neun künstliche Seen mit einer Wasserfläche von insgesamt über 800 Hektar entstanden.

Und ähnlich wie im Fränkischen Seenland ruhen auf dem Grund dieser von Menschenhand geschaffenen Gewässer einige Relikte der Vergangenheit. Im Steinberger See, mit einer Fläche von 1,84 Quadratkilometern der größte See der Oberpfalz, liegen in 60 Metern Tiefe Teile von gesprengtem Fördergerät.

Die Besucher des Oberpfälzer Seenlands bekommen jedoch von der wirtschaftlichen Vergangenheit der Region höchstens etwas mit, wenn sie dem Wackersdorfer Heimat- und Industriemuseum einen Besuch abstatten. Die Metamorphose in eine Urlaubsregion ist mittlerweile sehr weit gediehen, vor allem für Familien, Aktivurlauber sowie Naturliebhaber ist dieser aus der Vogelperspektive fast schon ein wenig an Finnland erinnernde Landstrich eine Alternative zu klassischen touristischen Zielen.

"Was uns von den anderen Seenlandschaften in Deutschland unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir dank der Naab und des Regens auch von einer einzigartigen Flusslandschaft umgeben sind", erklärt Verena Danner vom Zweckverband Oberpfälzer Seenland. Die neun Braunkohle-Tagebauseen seien geografisch gesehen zwar das Herzstück des Seenlandes, doch es gebe auch eine Vielzahl von Kiesweihern und mit dem Eixendorfer See in Neunburg vorm Wald oder dem Hammersee in Bodenwöhr zudem einige Stauseen.

"Durch die unterschiedliche Entstehung und Nutzung unserer Gewässer weist jedes von ihnen einen ganz individuellen Charakter auf", betont die Projektleiterin des Zweckverbandes. Diese Kombination biete ein besonders abwechslungsreiches Angebot an Freizeitaktivitäten. Neben Baden, Bootswandern, Segeln, Surfen und Tauchen können die Touristen und Tagesausflügler auch Radfahren, Wandern, Reiten und Golfen.

Finnland im Kleinformat: Das Oberpfälzer Seenland

© Stefan Gruber

Vor allem am Steinberger See ist für jeden Geschmack etwas geboten. Für Actionfans stehen Wasserski- und Wakeboardanlagen bereit, während sich der Abenteuerpark "Movin’Ground" zu einem beliebten Ausflugsziel für Familien entwickelt hat. Die Palette reicht von einer Tour im Drachenboot über Wasser- und Rollenrutschen bis zu Spielgeräten für den Nachwuchs. Und ganz Mutige können sich mittels eines Katapults, dem sogenannten „Blob Jump“, in hohem Bogen ins kühle Nass befördern lassen.

Auch die weiteren Gewässer, wie der Murner See und der Brückelsee, haben einiges zu bieten. Etwa den Erlebnispark Wasser-Fisch-Natur, in dem großen und kleinen Naturforschern auf interaktivem Weg Informationen zu Pflanzen und Vögeln sowie Wissenswertes rund um den Karpfen und die Teichwirtschaft in der Oberpfalz vermittelt werden. Im Frühjahr 2018 soll eine zusätzliche Attraktion Besucher ins Oberpfälzer Seenland locken. Private Investoren planen am Ufer des Steinberger Sees einen rund fünf Millionen Euro teuren Erlebnispark, dessen Zentrum ein kugelförmiger Aussichtssturm mit einem Durchmesser von rund 40 Metern werden soll.

Die Wasserqualität der künstlichen Seen ist übrigens sehr gut. Naturgemäß weisen Gewässer nach Flutung ehemaliger Kohlegruben zwar saure Bereiche auf, diese pH-Werte sind laut Verena Danner jedoch unbedenklich. "Untersuchungen haben ergeben, dass sich der Säuregehalt – je nach See – im Laufe der Jahre weitgehend normalisiert hat." Ebenso hätten sich eine entsprechende Vegetation sowie teilweise Fischbestände gebildet.

Und auch bei schlechtem Wetter haben Urlauber einige Alternativen: zum Beispiel ein Abstecher ins Schwandorfer Felsenkeller-Labyrinth, in dem einst untergäriges Bier reifte. Über 130 in den Sandstein gehauene Räume erstrecken sich über fast einen Kilometer, liegen nebeneinander oder auch in mehreren Etagen übereinander. Für Adrenalinjunkies wiederum steht nahe Wackersdorf eine der größten Kartanlagen Europas bereit. Auf einer 600 Meter langen Indoorbahn oder einer über 1200 Meter langen Freiluftstrecke können sie ordentlich Gummi geben.

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