Junges Theater Forchheim im Dornröschenschlaf

12.11.2020, 16:19 Uhr
Junges Theater Forchheim im Dornröschenschlaf

© Foto: Edgar Pfrogner

Vor dem Theater in der Kasernstraße ist jetzt eine Dornenhecke gewachsen. Mit der Kunstaktion macht der Kulturverein auf den Stillstand auf der Bühne aufmerksam. "Wir wollten unser Theater nicht sang- und klanglos schließen", sagt auch Vorsitzender Ulrich Raab. Da kam die Idee von Deutsch wie gerufen. Da der von Hubert Hunstein geschmiedete Plakatständer seine übliche Funktion gerade nicht erfüllen kann, dient er jetzt als Gerüst für die Dornenhecke. "Die gewundenen Metallstangen fügen sich optisch hervorragend als Teil der Rosenhecke ein und die runden Dächlein über den Ranken wirken märchenhaft", findet Deutsch.

Zu lesen ist zwischen den Dornenranken – und auch auf der Internetseite des Theaters – ein persönlicher Text des Künstlerischen Leiters zur Gesamtsituation. "Gerade wegen der Zerrissenheit in der Gesellschaft, war es mir ein Anliegen, mich einmal zu äußern", sagt er. "Liebes Publikum, die letzten Monate waren für die Kultur stürmische Zeiten. Wo immer sich nach dem ersten Lockdown eine Möglichkeit geboten hat, verantwortungsvoll Kulturveranstaltungen durchzuführen, hat das Junge Theater versucht diese auch zu ermöglichen", schreibt Deutsch. Man habe Erfahrungen mit Hygienemaßnahmen gesammelt und das Konzept stets erweitert. Zuletzt habe man auch im Jungen Theater wieder Publikum und Künstler begrüßen können, wenn auch nur weit weniger als normal. "Doch auch das ist jetzt vorbei."

Gemeinsamkeiten entdecken

Kultur sei aber, so Deutsch, nicht nur das Geschehen auf der Bühne. Wichtig sei auch "das gemeinschaftliche Erleben, das Verschmelzen von wildfremden Leuten zu einem Publikum". Dort kämen Menschen zusammen, die sich im Alltag nie begegnen würden. "Wir entdecken Gemeinsamkeiten mit Menschen, mit denen uns scheinbar nichts verbindet. Das kann eine integrative Erfahrung sein", sagt er. Er fragt sich, ob es sich die Gesellschaft leisten könne, lange auf diese Erfahrung zu verzichten.

Dennoch meint Deutsch: "Die Gesellschaft wird nicht daran zugrunde gehen, dass ein Klein(kunst)theater seinen Spielbetrieb vorübergehend einstellen muss." Man dürfe die Kultur aber auch nicht als "verzichtbaren Luxus" darstellen, auf den man im Zweifel eben ohne Weiteres verzichten kann. "Denn dieser Verzicht bedeutet nicht nur den Entzug der Lebensgrundlage für die hauptberuflich in der Veranstaltungswirtschaft Beschäftigten, dieser Verzicht hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft", so Lorenz Deutsch.

"Das Theater umgibt jetzt eine Dornenhecke, und obwohl sich die Gesellschaft an der Spindel gestochen hat, müssen wir versuchen wach zu bleiben. Halten Sie Ihren Geist offen, lassen Sie sich nicht vor irgendjemandes Karren spannen und betonen Sie Gemeinsamkeiten da, wo andere die Spaltung suchen. Unsere Gesellschaft ist stark und hält auch die Beschränkungen, zu denen uns die Pandemie zwingt, aus. Und eines Tages wird ein Prinz kommen, die Dornenhecke niederreißen und unser Junges Theater Forchheim wach küssen. Aber falls nicht, haben wir uns sicherheitshalber einen Wecker gestellt." Spätestens im Januar lohne es sich nachzusehen, ob sich die Dornenhecke schon lichtet.

Mit Künstlern in Kontakt

Lorenz Deutsch sitzt trotz Corona mit zwei Mitarbeitern im Büro: "Auch ohne Veranstaltungen haben wir nicht weniger Arbeit wie sonst", erzählt er. Man müsse Veranstaltungen und Termine absagen, Fördermöglichkeiten ausloten und schauen, was vielleicht funktionieren könnte. Aber das sei schwierig, weil sich die Situation ja täglich ändern könne. Er sei mit vielen Künstlern in Kontakt, alle planen nur sehr kurzfristig. "Alles andere macht ja keinen Sinn", sagt der JTF-Manager. "Jetzt hoffen wir einfach aufs neue Jahr."

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