Allersdorf: Vom Bauernhof auf die Konzertbühne

14.10.2018, 11:00 Uhr
Allersdorf: Vom Bauernhof auf die Konzertbühne

© Udo Güldner

Frau Lang, Sie leben hier am Waldrand. Nur über eine Schotterpiste kommt man zu Ihrem Haus. Verstecken Sie sich?

Adelheid Lang: Gleich nebenan steht mein Elternhaus, ein großer, ehemaliger Bauernhof. Dort bin ich mit meinen drei Schwestern Christine, Maria und Ingrid zwischen Stall und Acker aufgewachsen. Meine jüngste Schwester Ingrid hat den Bauernhof als Campingplatz umstrukturiert. Ich war schon immer hier und liebe das Eingebunden sein in die Natur.

Wie kommt man von der Kartoffelernte zur klassischen Musik?

Adelheid Lang: Das ist eine lange Geschichte, die erst einmal zu anderen Musikstilen führt. Alles begann in den 60er Jahren mit Urlaubern aus Berlin. Die brachten ihre Kinder mit, die Geige spielten oder Ballett tanzten. Diese Einflüsse von außen fanden in meinem Vater Josef ein Pendant und in meiner Mutter Anna eine großartige Förderin. Er spielte Akkordeon, und ich als vierjähriges Mädchen sang dazu. Hinzu kam mein Onkel, der über die Straße hinweg ein Gasthaus betrieb, in dem das gemacht wurde, was heute als "Wirtshaus-Singen" bezeichnet wird. Ich habe da schon als neunjähriges Kind bedient und im Vorbeigehen vieles eingesogen, hauptsächlich Volkslieder und Schlager.

Sie beherrschen ja eine ganze Reihe an Instrumenten. Wie kam es dazu?

Adelheid Lang: Es begann, als ich neun Jahre alt war, und Hans Horst aus Hartenstein in Gößweinstein den Musikverein gründete. Da bei uns immer sehr gespart wurde, lernte ich nicht Klavier oder Orgel, die gab es im Dorf nicht, sondern Akkordeon. In diesen drei Jahren Unterricht hat Herr Horst mein musikalisches Talent entdeckt. Ich wechselte auf seinen Rat hin zur Querflöte, brachte mir dieses Instrument selber bei, und spielte dann ab Mitte der 70er Jahre zehn Jahre im Blasorchester des Musikvereins. Immer noch keine klassische Musik, sondern Märsche, Polken und Kerwa-Lieder, außerdem Kirchenmusik für Gottesdienste und Wallfahrten.

Sie haben in Ihren Jugendjahren am Gymnasium Ebermannstadt jede Chance ergriffen, die sich bot...

Adelheid Lang: Als es in der 6. Klasse hieß, man könne bei Alexander Asteriades Geige lernen, war ich dabei. Auch weil der Unterricht kostenfrei war. In der 9. Klasse kam die Gitarre bei Winfried Welzbacher hinzu. Ich war lange Zeit Teil der Schulband und des Schulorchesters. Meine Idee war entweder Musik oder Sport zu studieren. Meine Eltern haben meine musikalische Neugier stets unterstützt, obwohl es sehr schwierig war, da die Arbeit am Hof erst erledigt sein musste.

Jetzt wissen wir, dass Sie im Grunde ganz alleine ein ganzes Orchester bilden können. Aber wann kam denn das mit dem Gesang?

Adelheid Lang: Die Wurzeln liegen wohl in der Familie. Meine Oma und meine Mutter hatten sehr schöne Stimmen, natürlich ohne Ausbildung. Solche Talente wurden früher auf dem Lande ja nicht gefördert. Wozu auch? Im Gymnasium nahm mich Friedrich Mühlhölzl in seinen gemischten Chor auf. Richtig entdeckt habe ich die klassische Musik aber erst im Basilikachor Gößweinstein unter Georg Schäffner. Da war ich 18 und er nicht viel älter. Ich fand mit Wiltrud Weltzer aus Bammersdorf eine Gesangslehrerin, die mich zum Monteverdi-Chor Schwabach mit seinem wahnsinnig hohen Niveau brachte.

Woher kommt die Begeisterung für die geistliche Musik?

Adelheid Lang: Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Ein solches Konzert ist für mich ein intensives Erlebnis, ein Geschenk, so etwas singen zu dürfen. Bach flasht mich einfach. Dazu Vivaldi und Monteverdi, das begeistert mich bis heute. Ich war von der geistlichen Musik so ergriffen und beschloss: Das willst du machen.

Darum haben Sie ihren Beruf als Erzieherin nach zwei Jahren gekündigt und sich ganz auf die Musik konzentriert?

Adelheid Lang: Die Doppelbelastung mit Kindergarten und Musikbühne war einfach zu groß. Ich wurde krank und merkte, dass sich etwas ändern muss. Also habe ich ins Blaue hinein angefangen, privaten Musikunterricht zu geben. Hauptsächlich für Kinder und Jugendliche. Mit denen konnte ich immer gut. Ich habe einfach in der Zeitung inseriert. Im ländlichen Raum war ein solcher Bedarf, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Es gab ja nichts, nada.

Irgendwann stand doch ein Musikstudium im Raum?

Adelheid Lang: Da war ich schon 25 und begann an der Berufsfachschule Sulzbach-Rosenberg eine zweijährige Ausbildung zur Musiklehrerin. Quasi nebenher, hatte ich doch zu Hause noch Geld zu verdienen. Endlich packte mich der Ehrgeiz völlig, und ich wagte mich ans Meistersinger-Konservatorium nach Nürnberg, um Querflöte und Gesang zu studieren. Ich wollte als Solistin auftreten, da braucht es eine solide Grundlage. Dort nahm man mich, obwohl ich die Altersgrenze schon überschritten hatte und mir beim Vorsingen der "Carmen"-Text entfallen war.

Sie haben als Diplom-Musikerin in ihrer Heimatregion einige Aktivitäten entwickelt...

Adelheid Lang: Der Kirchenchor Kirchenbirkig geht auf meine Initiative zurück. Den Klangkörper habe ich ebenso geleitet wie den Gospelchor Betzenstein. Dann war ich ein Jahrzehnt Stimmbildnerin im Philharmonischen Chor Nürnberg und hatte 80 bis 100 Stimmen auf die Konzerte in der Meistersingerhalle mit Gerhard Rilling vorzubereiten. Derzeit arbeite ich am Musikinstitut Erlangen und im Extra-Chor der Nürnberger Staatsoper und gebe Chor-Workshops. Das Pädagogische ist meine Leidenschaft.

2017 habe ich Sie als Zuhörerin beim Auftakt der Balthasar-Neumann-Musiktage gesehen. Diesmal stehen Sie selbst im Rampenlicht...

Adelheid Lang: Mit einigen Kollegen vom Erlanger Musikinstitut gehen wir "Auf Amors Spuren". Der Barock mit unserem Liebling Henry Purcell oder dem "Italiener" Georg Friedrich Händel, bietet so viele Arien und Liebesduette, die wunderbar zu diesem intimen Rahmen passen. Nur müssen Susanne Winter aus München und ich da etwas mogeln. Es geht ja nicht um lesbische Liebe. Ich singe die Rolle, die für einen Kastraten-Tenor vorgesehen war. Die gibt es ja glücklicherweise nicht mehr.

Sieht man Sie auch an den anderen Konzerttagen in der Basilika?

Adelheid Lang: Ganz sicher. Nicht nur weil ich als Einheimische kurze Wege habe, um großartige Musik in einem architektonischen Schmuckkästchen hören zu können. Ich halte es auch für eine geniale Idee, das nicht nur kulturell verschlafene Gößweinstein damit etwas aufzuwecken. Man darf sich doch nicht nur auf die Wallfahrten verlassen. Diese Wahnsinns-Basilika muss mehr genutzt werden.

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