"An und Pfirsich ist alles gut": Sebastian Zawrel im JTF

13.3.2019, 11:00 Uhr

© Foto: Udo Güldner

Herr Zawrel, Sie haben ja einmal als "Troll" angefangen. Haben Sie deshalb ein Pseudonym?

Sebastian Zawrel: Vor fünf Jahren begann es in meiner oberpfälzischen Heimat, indem ich mir einen Fake-Account namens "Willy Bär" zulegte. Ich habe mir dann in den sozialen Netzwerken einen Spaß daraus gemacht, mit falscher Rechtschreibung herumzutrollen. Besonders die Diskussionen mit CSU-Politikern aus meiner Umgebung, die stets bierernst argumentierten, egal wie hanebüchen das Thema war, haben mir viel Freude bereitet. Da hatte ich aber noch bei weitem nicht so viele Fans.

 

Irgendwann haben Sie damit begonnen, sich auf all die Dinge zu stürzen, die Nutzer teilen, ohne groß darüber nachzudenken . . .

Sebastian Zawrel: Das war vor vier Jahren, als ich krank war und mich langweilte. Da sind mir all die pseudo-tiefsinnigen Posts aufgefallen, die von Leuten geteilt werden, die sich für ungeheuer geistreich halten. Dabei wimmeln die Sätze vor grammatikalischen und orthographischen Fehlern. Ich habe mich dann doof gestellt und das ganze noch weiter übertrieben. Etwa "An und Pfirsich ist das Lebem trotz, auch wenns mahl Probleme vong Rückschlege her giebt 1 gute Sache". Dann wollten mich Leute maßregeln, die keineswegs viel intelligenter waren als meine künstlich dumme Kunstfigur. Andere dachten tatsächlich, ich hätte eine schlimme Rechtschreibschwäche und boten mir ihre Hilfe an. Wieder andere aus der rechten Ecke vermuteten hinter meinem Profil einen Ausländer. Das wurde dann schon heftig.

 

So richtig hat es dann begonnen, als Jan Böhmermann auf einen Ihrer grotesken Posts aufmerksam wurde . . .

Sebastian Zawrel: Bis dahin hatte ich etwa 2000 Follower. Als er dann ein Post geteilt hat, das sich mit Lebkuchen in den Supermarkt-Regalen im September befasst hat, gingen die Zugriffe auf meiner Seite "Nachdenkliche Sprüche mit Bilder" durch die Decke. Seither versuche ich, meine Anhänger mit immer neuen Fotos, in die ich Sprechblasen einfüge, möglichst bei Laune zu halten. Was gar nicht so einfach ist, wenn man sich Mühe gibt und sich nicht wiederholen möchte. Dabei geht es stets um völlige Nebensächlichkeiten des Lebens. Die schmücke ich dann großartig aus.

 

Haben Ausbildung und Beruf Sie dazu prädestiniert, sich mit Sprache und ihrer Entstellung zu befassen?

Sebastian Zawrel: Nein, denn eigentlich habe ich Groß- und Außenhandels-Kaufmann gelernt und in diesem Beruf auch 17 Jahre lang gearbeitet. Ich habe aber auch in dieser Zeit immer schon gern Geschichten geschrieben. Inzwischen lebe ich von der Kunst. Ich erstelle für den Bayerischen Rundfunk, genauer für den Jugendkanal PULS, ein Podcast, steuere als Teil eines Autorenpools Texte bei und schreibe Bücher: "1 gutes Buch vong Humor her" und "Shakespeare oder Willy, das ist hier 1 Frage".

 

Das klingt ja, als ob Sie seriös geworden wären . . .

Sebastian Zawrel: Nun ja, es ist eine neue Version des Hamlet. Das Parodistische liegt vielleicht auch an meiner Vorliebe für den ganz großen Helge Schneider. Der war in Duisburg in einer meiner Auftritte und war begeistert. Außerdem scheint der Hype der Vong-Sprache nach drei bis vier Jahren vorbei zu sein. Das beste Zeichen ist, dass es im Mainstream angekommen ist und sich Banken und Telekommunikations-Anbieter in ihrer Werbung damit anbiedern. Ich möchte mich als Künstler etwas davon emanzipieren. Ich bin ja nicht nur "Willy Nachdenklich".

 

Wie muss man sich denn einen Auftritt eines Internet-Stars vorstellen, der auf einer Kleinkunstbühne aus einem echten Buch vorliest?

Sebastian Zawrel: Es wird nicht nur gelesen. Es gibt auch andere lustige Sachen und viele Bilder. Im Publikum sitzen meist Studenten, denen mein Unsinn gefällt. Für sie habe ich dann alltägliche Erlebnisse, die ich erzähle und heftig eskalieren lasse. Dabei verdrehe ich dann die Worte, vertausche Buchstaben und lege mich mit Satzbau und Grammatik an. Regeln gibt es so gut wie keine. Erlaubt ist, was lustig ist. Übrigens sind meine Bücher zweisprachig: Vong und Hochdeutsch, damit jeder versteht, worum es genau geht.

 

Wir unterhalten uns hier ja in bestem Hochdeutsch. Von ihrer Vong-Sprache ist nichts zu hören . . .

Sebastian Zawrel: Mir liegt nichts ferner, als selbst so zu reden, wie ,Willy Nachdenklich’ schreibt. Diese Art der Sprachverhunzung, zu der mich der Rapper Money Boy inspiriert hat, funktioniert beim Reden weniger gut. Freilich wurde ,I bims’ als Jugendwort des Jahres 2017 gewählt. Ich verwende das und das ,vong . . .her’ jedoch nicht mehr. Das macht mich einfach nicht mehr so an.

 

Noch ein letztes Wort zur Nasenbrille . . .

Sebastian Zawrel: Anfangs wollte ich mich tatsächlich dahinter verstecken. Schließlich war bei meinem ersten Auftritt gerade Faschingszeit. Ich habe dieses Utensil gewählt, weil es nichts Unlustigeres gibt, mit dem man noch blöder ausschaut wie diese Nasenbrille. Jetzt ist es ein Markenzeichen.

Sebastian Zawrel tritt am Freitag, 15. März,  ab 20 Uhr im Jungen Theater Forchheim auf. Tickets gibt es in der Geschäftsstelle der Nordbayerischen Nachrichten, Hornschuchallee 7.

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