Ärztin kritisiert Schafshaltung in der Fränkischen Schweiz

31.10.2018, 10:00 Uhr
Ein Provisorium, das bei Wind und Wetter nicht lange hält: Unter einem Bau aus Folien hausen die Schafe des 78-jährigen Besitzers. Immer wieder hole ein Tierbeseitiger Kadaver von verendeten Tieren ab.

© Petra Malbrich Ein Provisorium, das bei Wind und Wetter nicht lange hält: Unter einem Bau aus Folien hausen die Schafe des 78-jährigen Besitzers. Immer wieder hole ein Tierbeseitiger Kadaver von verendeten Tieren ab.

„Ich bekomme den Blick der Tiere einfach nicht mehr aus dem Kopf“, sagt eine Ärztin aus Bayreuth, die sich wegen der unhaltbaren Zustände mehrerer Dutzend Schafe und einiger Hunde auf einer Weide am Waldrand bei Graisch in der Nähe von Bärnfels hilfesuchend an die NN gewandt hat.

Bei Graisch war die Ärztin vor einigen Wochen spazieren gegangen und kam wie viele andere Touristen an dem Platz vorbei, der von weitem wie eine Tomatenplantage aussieht. Allerdings hing die grüne Folie in Fetzen. Die Ärztin ging näher heran und blickte in die Augen von mehreren Schafen, die keinen Ton mehr von sich gaben. Auch der Schäferhund nicht. Nur weiter hinten hatten Hunde gebellt.

Die Tiere hatten nichts zu Essen und standen im Mist: So beschreibt eine Ärztin den vorgefundenen Zustand. Schon seit Jahren soll das der Fall sein.

Die Tiere hatten nichts zu Essen und standen im Mist: So beschreibt eine Ärztin den vorgefundenen Zustand. Schon seit Jahren soll das der Fall sein. © Petra Malbrich 

Die Tiere hatten nichts zu fressen und standen in dem Mist, erzählt sie. Die Ärztin engagiert sich bei Blutspenden und bei mehreren dieser Spendenterminen erfuhr sie von Leuten aus der Bärnfelser Gegend, dass dieser Zustand wohl schon seit mehreren Jahren besteht. Immer wieder käme dort auch ein Tierbeseitiger vorbei und hole die Kadaver der verendeten Tiere ab. Die Ärztin wurde gebeten, etwas zu unternehmen. Sie schrieb das Veterinärsamt an.

Ähnliche Bitten und Beschwerden seitens Touristen kennt auch Obertrubachs Bürgermeister Markus Grüner. Er gibt zu, dass es notwendig ist, zu handeln. Grüner weiß von den Auflagen, die das Veterinäramt immer wieder erteilte. Die Umsetzung hielt nur kurze Zeit an.
„Schäfer“ wird der 78 Jahre alte Mann und Besitzer genannt.

Er habe nicht aus Böswilligkeit gehandelt, sagt der Bürgermeister. Wenn man mit ihm redete, schuf er Abhilfe bei den Tieren. Das sind drei Pferde, über 100 Schafe, drei Hunde, die ganzjährig im Zwinger leben und einige Kaninchen, die der Besitzer selbst weggebracht hat, weiß Bernhard Hauser, Leiter des Veterinäramts im Landratsamt Forchheim. Die Pferde werden über den Winter in einen Stall gebracht. Die Hunde sind ganzjährig in einem Zwinger bei den Schafen untergebracht. Ihre Aufgabe ist es, die Schafe von einer Weide zur anderen zu treiben und diese zu hüten.

Die Mindestgröße von neun Quadratmetern für einen Zwinger, werde mit dem 15 Quadratmeter großen Zwinger eingehalten. Die Schafe sind das Jahr über zu drei Dutzend auf verschiedenen Weiden aufgeteilt. Das Gelände, das die Touristen auf dem Wanderweg einsehen können, sei das Winterquartier der Schafe, erklärt Hauser. Der Amtsarzt sagt, dass die Leute ihre eigenen Vorstellungen haben, die nicht immer mit der Realität zusammengehen.

Die wichtigste Auflage ist es, die Tiere vor der Witterung zu schützen. „Die Folie wollte der Besitzer dieses Wochenende reparieren“, erklärt Hauser. Einen Stall haben die Schafe nicht. „Es ist ein Folienstall, ähnlich einem Gewächshaus“, erklärt Christian Müller, der Sohn des Schafbesitzers. Gekauft haben sie das, weil es dafür keine Baugenehmigung brauchte. Diese hatten sie zunächst nicht erhalten, weil die Fläche im Naturschutzgebiet Veldensteiner Forst liegt, so Müller.

Für den Stall fehlt das Geld

Als wetterbeständig wurden die beiden Folienställe beworben. Einer ist neun Meter auf 24 Meter groß, ein anderer neun Meter auf 15 Meter. Der Folienstall besteht aus 1,50 Meter großen Abteilen. Dieser könne problemlos vergrößert werden. 20.000 Euro haben sie für diese Folienhäuser bezahlt und deshalb auch nach der Baugenehmigung im Jahr 2005 keinen Stall gebaut. Leider sei das Gewächshaus doch nicht so stabil. Immer wieder zerstöre in der luftigen Gegend starker Wind die Folie.

„Zehn Mal reicht nicht, dass wir die Folie ausgewechselt haben“, sagt der 78-jährige Hobbyschäfer Rudolf Müller. „Schafe halten viel aus“, meint Hauser. Die Hitze mache ihnen mehr zu schaffen, aber der Besitzer schere sie. Wenn auch immer erst nach Aufforderung des Amtes.

Das Wollfett verhindere, dass ein Regenschauer auf die Haut durchdringe. Mit diesem „Wollpullover“ ausgestattet, könne den Tieren nur richtig übles Wetter etwas anhaben. „Über den Winter müssen die Tiere rein“, betont Hauser. Dann brauchen sie einen Schutz. Wenn es auch nicht Hausers Vorstellung entspreche, so sei ein Witterungsschutz wie der Folientunnel gesetzlich ausreichend. Allerdings muss dieser dicht sein, damit keine Nässe eindringen kann. Ebenso müssen trockene Liegeflächen gewährleistet werden. Denn selbst bei Schafen dringe die Kälte ein, wenn sie länger auf nassem Boden liegen. Zudem müssen sie Wasser haben und regelmäßig gefüttert werden. Zwei Mal täglich.

Dass die Tiere gefüttert werden, ist sich der Amtstierarzt sicher. Er überzeuge sich auch vor Ort immer wieder davon. „Bei der Tierkörperbeseitigung würden abgemagerte Tiere heraus gezogen werden und wir würden informiert werden“, erklärt Hauser. Das Amt würde also gewarnt werden. Verhungernde Tiere habe es dort noch keine gegeben.
„Dass es nicht schön aussieht, ist klar. Zum Wegnehmen der Tiere reicht es nicht“, sagt Hauser. „Sie tun und machen, was sie können“, sagt der Amtsarzt über die Tierbesitzer.

Gegenüber Mitarbeitern des Landratsamts, die kürzlich vor Ort waren, gab die Besitzerfamilie zu, dass es zum einen an Leuten fehle, die das Provisorium für den Winter richten. Alleine sei das kaum machbar. Sie erklärten aber auch, warum der solide Stall nach 13 Jahren noch immer nicht gebaut wurde: „Er würde 80 000 Euro kosten“, sagt Christian Müller und dessen Vater sagt, es fehle am Geld. Selbst eine günstigere Lösung sei noch zu teuer. Aber sie wollen weiter machen.

Die Ärztin aus Bayreuth hatte vermutet, dass es am Geld liegen könnte. Spenden könnte der Schäfer gebrauchen, sagt sie, denn den Tieren möchte der Besitzer eigentlich schon eine gute Unterkunft geben. Die Mitarbeiter des Landratsamtes haben Müller verdeutlicht, dass er seinen Stall weiterbauen muss. Das wisse er, sagt er. Zwei gemauerte Reihen für einen soliden Stall stehen. Über Spenden würde er sich freuen, sagt er.

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