Auf dem Bio-Hof darf die Henne jederzeit spazieren gehen

22.1.2011, 12:00 Uhr
Auf dem Bio-Hof darf die Henne jederzeit spazieren gehen

© Ralf Rödel

Völlig unscheinbar am Ortsrand von Tiefenpölz in Richtung Teuchatz liegt der kleine Familienbetrieb von Maria und Peter Richter. Der Stall für die vielen „braunen Leghorne“, wie die Hühner heißen, fällt gar nicht auf. Heute ist das Federvieh noch nicht im Freigelände, denn es ist zu feucht und das vertragen die Tierchen nicht so. Also scharren und gackern die Hühner munter im „Wintergarten“, einem luftigen, überdachten Schlechtwetterauslauf, den sie jederzeit aus ihrem angrenzenden Stall aufsuchen können.

Viel Auslauf

Auf dem Bio-Hof darf die Henne jederzeit spazieren gehen

© Ralf Rödel

„Wenn es trocken ist, lassen wir die Hühner aber immer ins Freie“, erläutert Peter Richter. Auf dem Hang hinter dem Stall haben die Hühner viel Platz: stolze 20000 Quadratmeter. Der 65-Jährige hat einst Schriftsetzer, Industriekaufmann und Betriebswirt gelernt und kam erst über seine Frau zur Geflügelzucht. „Heute bin ich Bauernknecht“, schmunzelt er, „und meine Frau ist der Chef.“

Maria Richter hat eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht, „aber ich bin ein Naturmensch“, sagt sie. Daher ist sie schon bald in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten. Die hatten in dem Anwesen in Tiefenpölz schon seit 1952 Hühner. „Noch nicht biologisch gehalten, weil es das damals noch gar nicht gab, aber schon immer in Freilandhaltung.“ Ab 1985 haben Maria und Peter Richter, der sich selbst einen „alten 68er und Querdenker“ nennt, begonnen, die Hühner nach ökologischen Standard zu halten.

„Damals hat die Bio-Bewegung gerade so begonnen und wir haben dann fast alle Bioläden in der Region mit Eiern beliefert“, erinnert sich Peter Richter. Aus familiären Gründen sind die beiden dann Richtung Rothenburg ob der Tauber gezogen und haben dort 15 Jahre lang Hühner gezüchtet. 2005 kehrten sie wieder nach Tiefenpölz zurück, als ihnen der Hof überschrieben worden ist.

An 50 Läden liefern

Inzwischen beliefern sie rund 50 Läden in der Region – die braunen Eier gibt es zum Beispiel bei Edeka, in Forchheimer Läden wie Karnbaum oder Mirsberger, aber auch im Globus. Bioläden sind nicht mehr darunter, weil die inzwischen meist an große Ketten wie Dennree „gekettet“ sind und auch deren Produkte abnehmen müssen, bedauern die Richters.

Die ökologische Haltung der Hühner und die Eierproduktion für Bioland ist streng geregelt und das wird auch scharf einmal pro Jahr kontrolliert. „Die Art der Sitzstange, die Länge der Futtertröge, die Größe der Stallöffnungen – alles ist genau vorgeschrieben“, zählt Maria Richter auf. Die Hühner selbst kommen aus ökologisch geführten Nachzuchtbetrieben. Sie sind besonders Freiland geeignet und robust. Festgelegt ist ferner, dass bei Bio-Haltung nur sechs Tiere pro Quadratmeter gackern dürfen.

Den Mist, den die Hühner reichlich produzieren, liefern die Richters an einen Biobauern. Im Gegenzug für den wertvollen natürlichen Dünger baut der Landwirt Getreide ökologisch an, das in einer Bio-Mühle wiederum zu Fertigfutter für die Hühner verarbeitet wird. Dem Futter wird dabei auch Öl zugesetzt, weil es das Mehl besser bindet und es außerdem für die Ernährung der Tiere wichtig ist, erläutert Peter Richter und kommt schließlich auf den aktuellen Dioxin-Skandal zu sprechen.

„Im Biobereich darf dazu nur frisches Pflanzenöl verwendet werden und das wird streng kontrolliert“, stellt Richter klar. Für herkömmliches Tierfutter aber werde oft altes Speisefett verwendet. Dioxin entstehe durch Verbrennung, zum Beispiel wenn das Speisefett zuvor in der Friteuse mal zu heiß wird, erklärt er. Und so sei wahrscheinlich das Dioxin ins Tierfutter geraten.

Allerdings verstehen Richters nicht, dass der gefährliche Stoff nicht schon früher entdeckt worden ist. Denn nahezu alle Tierhaltungsbetriebe, ihrer auch, seien Mitglied beim KAT, dem Kuratorium alternative Tierhaltung – eine Art Selbstkontrolle-Verein. Die meisten Kunden verlangten das, um ein möglichst sicheres Lebensmittel zu erhalten. Jedes KAT-Mitglied müsse automatisch seine Eier immer wieder auf Dioxin untersuchen lassen. Werde etwas festgestellt, werde normalerweise sofort reagiert, sagen die Tiefenpölzer Geflügelzüchter.

Es trifft die Falschen

Der Dioxin-Skandal betrifft ihren Betrieb in Tiefenpölz zwar überhaupt nicht, im Gegenteil die Nachfrage nach Bio-Eier ist sprunghaft gestiegen. Dennoch finden beide, dass zu viel Wirbel um das Dioxin gemacht werde. „Denn das macht auch viele unschuldige Betriebe kaputt, obwohl die dafür gar nichts können“, wissen Maria und Peter Richter.

Außerdem: „Wer raucht, der hat mehr Dioxin zu sich genommen, als wenn er zwei Dioxin-belastete Eier gegessen hätte“, zeigt Maria Richter die Dimension auf. Und dass aufgrund des Dioxin-Skandals die Verbraucher künftig mehr Bio-Produkte einkaufen, das glauben beide nicht. Peter Richter winkt ab: „Vielleicht kurzzeitig, aber die meisten werden bald wieder wie immer einkaufen.“