Beate Rosner: Ein Spiel mit Gegensätzen

21.11.2014, 17:39 Uhr
Beate Rosner: Ein Spiel mit Gegensätzen

© Foto: Udo Güldner

Gegensätze durchziehen fast jede Seite Ihres neuen Buches „Kassandras Erlösung“.

Beate Rosner: Die große Liebe und der alltägliche Kompromiss, die Schwangerschaft und der Tod, Vertrauen und Misstrauen, Hochzeitsfeiern und Kindesentführungen . . . Mich reizt es, diese Situationen durchzuspielen. Deshalb auch eine lesbische Episode, weil die sich am besten in die Handlung fügt.

Gleich drei Mal spielt der Suizid eine Rolle. Haben Sie Verständnis, wenn Menschen in einer ausweglos erscheinenden Situation daran denken?

Beate Rosner: Es gab eine Zeit vor rund 20 Jahren, als ich schwer erkrankte und dadurch meinen Arbeitsplatz aufgeben musste. Ich fiel in ein großes Loch. Ich hatte glücklicherweise Peter, so war ich nicht allein. Das und das Schreiben haben mich davor gerettet, vor die Hunde zu gehen. Wie bei einer meiner Figuren im Buch.

Mehrmals musste ich an Christa Wolf und ihre Romane denken. Etwa in „Mauerfall“ dessen Motiv an den „Geteilten Himmel“ erinnert, und nicht zuletzt in „Kassandras Erlösung“. Dieser mythischen wie mythologischen Figur hat Christa Wolf ja ein ganzes Buch gewidmet.

Beate Rosner: Das ist keine Absicht. Ganz im Gegenteil zu den Texten, die biblischer Inspiration gefolgt sind. Etwa „Sieh dich nicht um“, in dem ich die Legende von Lot und seiner Frau und eine Stelle beim Propheten Hosea modernisiere und eine Hure auf einen christlichen Frömmler treffen lasse. Da ist vom ersten Satz an klar, dass diese Beziehung wirklich nicht gutgehen kann.

Warum lesen Sie denn vor allem im Alten Testament?

Beate Rosner: Darin finden sich viele märchenhafte Geschichten, aber auch poetische Psalmen und eindringliche Propheten-Worte, besonders bei Jesaja. Es gibt also gleichermaßen inhaltliche wie literarische Gründe. Auch wenn ich selbst keine eingefleischte Christin und dauernd in der Kirche bin.

Sie schreiben bereits viele Jahre. Hat sich Ihr Stil in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Beate Rosner: Meine Prosa wird immer lyrischer, meine Lyrik immer prosaischer.

In den Texten tauchen immer wieder berühmte Gemälde von Gustav Klimt, Vincent van Gogh oder Claude Monet auf. Was wollen Sie mit diesen Bezügen zur Kunst in ihrem Buch erreichen?

Beate Rosner: Farben, Geräusche und Gerüche sollen das Kopfkino des Lesers zum Laufen bringen, „Erinnerungsfilme“, wie ich es in „Das Portrait“ schreibe. Die Bilder dienen dazu, die Fantasie des Lesers anzuregen. Deshalb schildere ich detailliert die Atmosphäre und die Umgebung. Damit man sich beim Lesen etwas vorstellen kann.

Hat die klassische Musik eine ähnliche Funktion in Ihrem Buch eingenommen?

Beate Rosner: In „Die Elefantin“ zeigt der unterschiedliche Musikgeschmack, sie liebt György Ligeti und Toru Takemitsu, zwei moderne Komponisten, er verehrt Johann Sebastian Bach, einen barocken Altmeister, dass die beiden eigentlich nicht zueinander passen. Obwohl eine erotische Anziehung vorhanden ist.

Immer wieder finden sich eingestreut kurze Gedichte. Sind das Ihre eigenen?

Beate Rosner: Ja, aber die Zeilen waren zuerst da, danach die Geschichte – nicht umgekehrt. Veröffentlicht waren die Gedichte aber noch nicht. Ich erwähne ab und an Rainer Maria Rilke, W. H. Auden oder Doris Runge, die mich sehr beeindruckt haben. Vor allem ihr assoziativer, sehr reduzierter, bisweilen geheimnisvoller Sprachstil. Sie haben das in anderen Worten formuliert, was mir durch den Kopf gegangen ist.

Wieviel autobiographisches Material haben Sie in das Buch eingearbeitet?

Beate Rosner: Nur wenig des Be- und Geschriebene habe ich selbst erlebt. Wie etwa eine reine Frauen-Wohngruppe während meiner Studienzeit in Gießen. Die spiegelt sich „Am Brückengeländer“ wider. Das meiste denke ich mir einfach aus. Manchmal verarbeite ich auch Erfahrungen und Erlebnisse, die ich dann aber verfremde.

Sehr oft bilden tragische Ereignisse den Kern Ihrer Prosa. Gibt es in Ihrem Buch auch mal Platz für eine Prise Humor?

Beate Rosner: Durchaus. Etwa in „Die Hochzeitsfeier“, in der ich alle möglichen altertümlichen Vornamen gepackt habe. Da tauchen so viele Tanten und Onkel auf, mit Namen, die keiner mehr verwendet, das macht die Szene regelrecht absurd.

Hat sich die Trennung von ihrem langjährigen Ehemann und Verleger Peter Rosner auch in dem neuen Buch niedergeschlagen?

Beate Rosner: Nein, denn das Buch war schon vorher fertig. In meinen Geschichten sieht es aber vielleicht so aus, als hätte ich es beim Schreiben geahnt, dass es auseinandergehen könnte. Wie meine Heldin, die Seherin Kassandra, die schlimme Dinge voraussieht, der aber niemand glauben will.

Zuletzt noch Mikado, Ihre Katze, die Sie da auf dem Arm halten . . .

Beate Rosner: Katzen haben in meinem Leben eine große Rolle gespielt – und spielen sie noch. In meinen Texten tauchen sie als schmückendes Beiwerk auf. Meinem Kater ist das Buch gewidmet.

Beate Rosner, Kassandras Erlösung und andere Geschichten, Verlag Peter Rosner, Forchheim 2014, Broschiert, 223 Seiten, Preis 16,80 Euro ist im Buchhandel oder direkt bei der Autorin unter Telefon (0 91 91) 25 08 erhältlich. Am 18. März 2015 um 19.30 Uhr liest Beate Rosner in der Stadtbücherei Forchheim aus ihrem neuen Buch.

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