"Beschimpfungen gibt es immer wieder"

6.9.2014, 07:00 Uhr

© Foto: Mark Johnston

Wann genau die Arbeiter anrücken, weiß Roland Dauer noch nicht. In Auftrag gegeben hat der Geschäftsführer des Jobcenters Forchheim die 12 000-Euro-Baumaßnahme aber bereits: In den Büros, die bislang nur eine Tür haben, soll ein zweiter Ausgang geschaffen werden. Ein Ausgang, durch den ein Mitarbeiter im Notfall flüchten kann.

Das Thema Mitarbeitersicherheit spielt im Jobcenter Forchheim eine zentrale Rolle, besonders seit der Bluttat von Neuss. Muss ein Sachbearbeiter eine Leistung verweigern, „kann das Aggressionen auslösen“, erklärt Dauer. Zwischenfälle gab es auch in Forchheim. „In drei Fällen habe ich ein Hausverbot ausgesprochen“, sagt der Geschäftsführer. Einmal sei eine Mitarbeiterin geschubst worden, ein anderes Mal ein Mann mit einem Benzinkanister im Eingangsbereich aufgetaucht. Er verließ das Jobcenter jedoch gleich wieder – und wurde dann von der Polizei aufgegriffen.

Nicht bei allen, aber bei einigen Kollegen hinterlässt das Spuren. „Das belastet die Mitarbeiter schon“, so Dauer. Das habe auch eine Umfrage gezeigt, in der die Mitarbeiter angeben sollten, wie sicher sie sich fühlen.

Um auch die objektive Sicherheit zu erhöhen, beschränkt sich das Jobcenter nicht allein auf bauliche Maßnahmen. Auch organisatorisch wurde einiges geändert. Wenn spätnachmittags oder abends nur noch eine Handvoll Mitarbeiter im Haus seien, mache man ihnen das Angebot, statt in den angestammten Büros in der Nähe des Eingangsbereichs zu arbeiten, so dass niemand allein in einem Flur sitzt. Gespräche mit schwierigen Kunden werden oftmals zu zweit geführt.

Notfalltaste am PC

In Deeskalationstrainings und Seminaren lernten die Mitarbeiter, wie sie eskalierende Situationen erkennen und entschärfen können. An ihrem PC haben sie zudem eine Notfalltaste. Wird sie ausgelöst, erfährt jeder Jobcenter-Mitarbeiter, der selbst gerade am PC arbeitet, von dem Hilferuf – und kann eingreifen.

Zurückhaltend mit Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen ist das Finanzamt Forchheim. „Wir dürfen dazu keine Auskunft geben“, heißt es. Das Landesamt für Steuern habe das im Nachgang an den Fall von Rendsburg so verfügt.

Konsequenzen aus dem Fall Dachau, als ein junger Staatsanwalt im Gerichtssaal erschossen wurde, hat die bayerische Justiz gezogen. An jedem Amtsgericht sind seitdem Sicherheitsschleusen Pflicht, ähnlich denen am Flughafen. Das Fazit nach zwei Jahren Betrieb sei positiv, sagt der Forchheimer Amtsgerichtsdirektor Pankraz Reheußer.

„Die Maßnahme dient der Sicherheit der Angehörigen der Justiz. Von der Mehrheit der Bevölkerung wird das auch akzeptiert“, so Reheußer. „Natürlich gibt es aber auch den einen oder anderen, der sich darüber aufregt.“ Zu Wartezeiten durch die Schleuse komme es allenfalls dann, wenn mal eine Schulklasse zu Besuch ist. „Aber das ist höchstens einmal im Jahr der Fall. Der normale Geschäftsbetrieb geht ruck-zuck.“

Kommt es zu Handgreiflichkeiten innerhalb des Gerichtssaals oder in einem der Büros des Amtsgerichts, können die Mitarbeiter eine Notruftaste an ihrem Telefon drücken. Durch sie werden die Wachtmeister verständigt. Von tätlichen Übergriffen sei das Gericht bislang aber verschont geblieben, sagt Reheußer. „Beschimpfungen und mündliche Unmutsäußerungen gibt es aber immer wieder.“

Der Amtsgerichtsdirektor ist überzeugt: „Bei uns sind alle Maßnahmen, die man vorbeugend ergreifen kann, durchgeführt worden.“ Ob er damit 100 Prozent ausschließen könne, dass etwas passiert? „Das weiß niemand.“

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