Bestialischer Gestank: Prozess gegen Forchheimer Kellerwirt

29.3.2017, 09:30 Uhr
Die Küche des Forchheimer Gastwirtes strotzte vor Fett, Dreck und Schimmel. (Symbolbild)

©  Jens Büttner (dpa) Die Küche des Forchheimer Gastwirtes strotzte vor Fett, Dreck und Schimmel. (Symbolbild)

"In fast 43 Dienstjahren habe ich schon viel gesehen und gerochen, aber einen solch bestialischen Verwesungsgestank habe ich noch nicht erlebt." Was Dieter Wirsching (Forchheim) beschrieb, war kein Tatort, sondern der Inhalt eines Kombidämpfers. Bei einer Kontrolle der Gaststätte war der inzwischen pensionierte Polizeibeamte "dem Brechreiz nahe". Grund war eine undefinierbare Masse, angeblich ein vergessener Braten, der "dort seit Wochen vor sich hinschimmelte".

Es gab kaum eine Ecke in dem Lokal, in der sich nicht unhaltbare Zustände gefunden hätten: "Es sieht auf den Bildern aus wie Sau", so Amtsrichterin Silke Schneider. Ein Staatsanwalt war nicht in der Verhandlung. Rohes Fleisch und Gemüse/Salat wurden im Kühlraum nicht ordnungsgemäß getrennt. Abgestandene Soßen fanden sich in Eimern, die offen herumstanden. Fettreste verkrusteten in der seit Wochen nicht gereinigten Fritteuse. Abgelaufenes Rindfleisch und nicht mit Einfrierdatum versehener Fisch kamen zutage. Die Steckdosen waren verölt, Fliesen kaputt, überall lagen Gegenstände herum, die nichts in der Küche verloren hatten.

Die Zapfanlage war nicht richtig gespült. Auf der Arbeitsfläche lagen Asche und Staub herum. Selbst das Reinigungsmaterial starrte vor Dreck: "Das kann ich Ihnen nicht durchgehen lassen."

25 eklige Vorwürfe

Vier Verteidigungslinien hatte der Beschuldigte (29) aufgebaut, die aber nach und nach in sich zusammenfielen. Erstens: Die Mängel hätten schon beim Vorgängerpächter bestanden. Darauf könne er sich nicht berufen, so das Gericht. "Sie müssen für den ordnungsgemäßen Zustand sorgen," schrieb Schneider dem Gastronomen ins Stammbuch, der in einem Nachbarlandkreis eine weitere Gaststätte gepachtet hat und seit fast sieben Jahren im Geschäft ist. Zweitens: Die meisten Beanstandungen seien eine Folge des "laufenden Betriebes". Dem widersprach Paul Zier, Lebensmittelkontrolleur am Landratsamt. Mit bloßem Auge sei zu erkennen, dass über einen längeren Zeitraum nicht ordentlich gereinigt worden sei. Es seien nicht nur ein paar Brotkrümel oder ein paar Zwiebelscheiben, die unter dem Tisch lägen. Insgesamt standen 25 eklige Vorwürfe im Raum.

Drittens: Er selbst sei eine Woche krank gewesen und habe sich auf seine Mitarbeiter verlassen müssen: "Die waren aber offensichtlich überfordert." Viertens: Im Grunde sei er nur so streng kontrolliert und seine Gaststätte geschlossen worden, weil er türkischer Staatsbürger sei. "Dieser Meinung sind Sie ja offensichtlich", so Richterin Silke Schneider, der nach knapp zwei Stunden geduldigen Zuhörens der Kragen platzte: "Wollen Sie mich für dumm verkaufen?" Die Missstände seien nicht erst gestern aufgetreten: "Bei Ihnen hätte ich nichts essen wollen."

Verteidigerin Christina Lepper konnte die Tatsachen nicht alle leugnen und plädierte auf maximal 500 Euro Geldbuße. Als sie erklärte, die Ameisen in der Küche hätten sich verlaufen, musste selbst die Richterin schmunzeln.

"Es kommt nicht oft vor, dass wir eine Gaststätte schließen müssen", so der Lebensmittelüberwacher. Hier sei es aber unvermeidbar gewesen: "Wir haben selten solche Zustände im Landkreis, und das ist auch gut so." Nach dem dritten Kontrollbesuch, diesmal mit vier Polizeibeamten im Schlepptau, weil der Gastwirt den Kontrolleur nicht einlassen habe wollen, sei der Betrieb nun aber wieder geöffnet.

Die Richterin verurteilte den Gastwirt zu einem Bußgeld von 1500 Euro und blieb damit beim Bescheid des Landratsamtes. Er muss außerdem die Kosten des Verfahrens berappen und sieht sich auch einem Strafverfahren gegenüber. Ein solches droht nun auch seiner Mutter, die ihrem Sohn mit einer mutmaßlichen Falschaussage im Zeugenstand helfen wollte.